Realcuba's Blog, 27. August 2010

ACN interviewt Journalistin Bernie Dwyer zu "The Day Diplomacy Died" [Der Tag, an dem die Diplomatie starb]

Havanna, Kuba, 27. August (acn): Die irische Journalistin und Filmemacherin Bernie Dwyer gab der der kubanischen Nachrichtenagentur ein Interview zu ihrer letzten Dokumentation, "The Day Diplomacy Died" und ihrer Tournee durch Europa. Dwyer sprach über ihre Gründe für die Dokumentation und über die Reaktion des Publikums darauf.

ACN: Bernie, können Sie uns bitte sagen, was Sie dazu geführt hat, diese Dokumentation zu produzieren und deren Regie zu übernehmen?

Bernie Dwyer: Ich entschloss mich, bereits 2003 diese Dokumentation, "The Day Diplomacy Died", zu machen, kurz nachdem hier in Havanna ein Buch mit dem Titel "Die Dissidenten" herausgekommen war. Dieses Buch stellte die Interviews mit früheren kubanischen Geheimdienstagenten dar, die verschiedene Gruppen unterwandert hatten, die unter dem direkten Einfluss des diplomatischen Personals der US-Interessenvertretung in Havanna arbeiteten. Kurz, bevor das Buch erschien, hatte es in der internationalen Presse einen öffentlichen Aufschrei wegen der Verhaftung und Inhaftierung von 75 so genannten unabhängigen Journalisten, Bibliothekaren und Gewerkschaftsangehörigen gegeben. Diese Aktion der kubanischen Regierung wurde dazu genutzt, die alten Lieblingskamellen der rechten Presse wieder hervorzuholen, dass es in Kuba kein Recht auf Meinungs- und Versammlungsfreiheit gäbe. Doch die selben Auslandskorrespondenten, die Kuba verurteilten, beeilten sich nicht, die Agenten des Staates zu interviewen, um deren Seite der Geschichte kennenzulernen. Daher beschloss ich, dass ihre Geschichte erzählt werden müsse. Es hat so lange gedauert, die Dokumentation zu machen, weil ich schwer erkrankt war und das Projekt für ein paar Jahre aufschieben musste. Aber jetzt ist es endlich fertig.

ACN: Warum haben Sie sich für die Tournee durch Europa entschieden und die Dokumentation dort einzuführen?

B.D.: Ich habe einige Zeit auf den richtigen Moment und Ort gewartet, um den Film einzuführen. Weil es kubanische und US-Interviewer gibt, musste ich sowohl spanische als englische Untertitel arrangieren, und das habe ich in Irland gemacht. Dann wurde ich dazu eingeladen, die Dokumentation in einem Kino im Zentrum von Dublin einem dazu eingeladenen Publikum vorzuführen. Daher hatten wir am 29. März diesen Jahres eine Sonderaufführung im Filmtheater in Dublin, gefolgt von einer Frage- und Antwortzeit. Es waren etwa 150 Besucher gekommen. Zu diesem Publikum gehörten Vertreter aus der Politik, der Gemeinde, der Gewerkschaft, der Künste und der kulturellen Welt von Dublin. Es war ein sehr erfolgreicher Abend, der zu interessanten Fragen und Diskussionen führte. Oft ist dies das Beste bei einer Vorführung, wenn der Regisseur anwesend ist, da die Fragen gewöhnlich Themen umfassen, die vom medizinischen System in Kuba über die Gesundheit Fidel Castros bis zu den kommunalen Agraranbaupraktiken reichen, die in Kuba entwickelt wurden. Danach gab es etliche Vorführungen in ganz Irland, einschließlich in Galway im Westen und Co. im Norden von Irland.

ACN: Welche Länder haben Sie besucht?

B.D.: Danach fuhr ich zum Europäischen Kuba-Solidaritätstreffen in Sofia, Bulgarien. Das war eine besonders erfolgreiche Vorführung, weil dort über 20 europäische Länder vertreten waren. Tatsächlich übergab der Präsident der bulgarischen Kuba-Freundschaftsgesellschaft den Leitern jeder Delegation eine Kopie von "The Day Diplomacy Died". Darauf folgte eine Tournee nach Dänemark, Schweden und Norwegen mit sieben Vorführungen: In Kopenhagen, Oslo, Stockholm und anderen schwedischen Städten. Im Mai fuhr ich nach Detroit, um an dem US-Sozialforum teilzunehmen. Diese Veranstaltung wurde von 15.000 Leuten besucht. Sie war jedoch sehr aufgespalten und obwohl wir einen Workshop für die Vorführung der Dokumentation hatten, kamen nur 50 Leute.

ACN: Welche Reaktion zeigten die Leute auf die Dokumentation?

B.D.: Die Reaktion war jedes Mal interessant. Häufig verstehen die Leute die Situation nicht richtig wegen der Art, in der Kuba in den ausländischen Medien dargestellt wird, aber nach einigen Erklärungen beginnen sie die Rolle der US-Diplomatie zu verstehen, die sich in Kubas innere Angelegenheiten einmischt. Nach meiner Meinung ist diese Diskussion mit Fragen und Antworten einer der Vorteile dieser Art von Dokumentation. Sie gibt den Leuten eine Möglichkeit, die Realität des kubanischen Lebens zu hinterfragen, und es hilft auch die Geschichte der Beteiligung der USA an den Versuchen, die kubanische Revolution zu beenden, zu erklären. Darum verwende ich sowohl eine Menge Archivmaterial als auch persönliche Erfahrungen, um die Situation klarzustellen.

ACN: Sie hatten mit ihrer früheren Tournee durch die USA mit Ihrer Dokumentation "Mission gegen den Terror" über die Cuban Five einen enormen Erfolg, planen Sie mit Ihrer neuen Dokumentation eine weitere Tournee durch die USA?

B.D.: Für Oktober ist eine Tournee mit "The Day Diplomacy Died" an der Westküste der USA geplant, in San Francisco und Los Angeles und anderen Städten. Die USA sind so gewaltig, dass ich dieses Mal in Etappen vorgehe. Letztes Mal, 2005, besuchte ich 28 Orte in 31 Tagen quer durch die gesamten USA. Ja, es war sehr erfolgreich, aber ich glaube nicht, dass ich das gesundheitlich noch einmal schaffe.

ACN: Gibt es irgendeinen Zusammenhang zwischen den Cuban Five und dieser Sache?

Ja, die Fälle sind zwei Seiten einer Medaille. Die Cuban Five wurden in den Vereinigten Staaten für das Gleiche inhaftiert, was die vier früheren Agenten des kubanischen Staats, die in "The Day Diplomacy Died" interviewt wurden, gemacht haben, als sie sich Jahre ihres Lebens als Konterrevolutionäre ausgaben und Gruppen unterwanderten, die von der US-Interessenvertretung in Havanna unterstützt wurden. In beiden Fällen geschah das, um ihr Volk vor den andauernden Versuchen, die Kubanische Revolution zu destabilisieren, zu schützen. Im Fall der Fünf wurden Terrororganisationen in Miami unterwandert, die bereits für den Tod von über dreitausend und die Verletzungen von über zweitausend Kubanern verantwortlich waren. Ihre Mission bestand darin, der kubanischen Regierung über gegenwärtige und zukünftige Pläne dieser Gruppen zu berichten, sodass Schritte unternommen werden konnten, diese illegalen und schrecklichen Aktionen zu beenden. Die kubanische Regierung hat immer wieder die aufeinanderfolgenden US-Administrationen aufgefordert, diesen von Florida ausgehenden Gewaltakten gegen Kuba Einhalt zu gebieten, und nachdem das Weiße Haus aber auch gar nichts gegen die Terroristen aus Miami unternahm, hatte die kubanische Regierung keine andere Wahl, als ihre eigenen Leute zu schicken. Unglücklicherweise wurden die Fünf in Miami verhaftet, nachdem die kubanische Regierung ihre Erkenntnisse dem FBI vorgelegt hatte, und die Terroristen spazieren immer noch frei herum. Die in "Der Tag, an dem die Diplomatie starb" erwähnten Agenten des kubanischen Staats arbeiteten innerhalb Kubas gegen die so genannte "innere Opposition", die von Anfang an, außer während einer Zeitspanne unter der Präsidentschaft von Jimmy Carter, von der US-Interessenvertretung in Havanna installiert und unterstützt wurde. Also, ja, es gibt eine gewaltige Ähnlichkeit zwischen der Arbeit der Cuban Five in Miami und der Arbeit der früheren Agenten des kubanischen Staats in Kuba, beide hatten das selbe Ziel, die Einmischung der USA in Kubas souveränes Recht, im Namen des kubanischen Volkes sein eigenes Gesellschaftssystem zu entwickeln, zu erklären.

ACN: Was kommt als nächstes?

B.D.: Zurzeit arbeite ich daran, "The Day Diplomacy Died" soweit wie möglich zu verbreiten. Ich habe Kopien an über fünfzig Mitglieder des Europäischen Parlaments in Brüssel geschickt. Es wird am 10. September eine äußerst wichtige Abstimmung in der Europäischen Union geben. Es wird die "Gemeinsame Position" der EU zu Kuba überprüft werden. Diese Position wurde 1996 vom ehemaligen spanischen Ministerpräsidenten José María Aznar mit Unterstützung des britischen Premierministers Tony Blair und George W. Bush eingeführt worden. Nach den Verhaftungen von 2003 wurde die "Gemeinsame Position" verschärft und wird jetzt überprüft. Ich hoffe, dass mindestens die, die darüber abstimmen, sich ein halbe Stunde Zeit nehmen, um die Dokumentation anzusehen, damit sie auch die andere Seite der Geschichte erfahren. Obwohl es so viele Dinge gibt, die ich gerne untersuchen würde, ist das Erstellen von Dokumentationen eine sehr harte Arbeit, wenn kein Geld zur Verfügung steht, und die Art von Filmen, die ich machen möchte, zieht keine Geldgeber an. Das ist ein weiterer Grund dafür, dass es so lange gedauert hat, nur eine einzige zu drehen. Trotzdem habe ich ein altes Lieblingsprojekt, nämlich eine Dokumentation über die Mutter des kubanischen Helden Julio Antonio Mella zu drehen, die eine irische Frau aus Cavan war. Es ist eine wunderschöne Geschichte und vielleicht ist sie meine nächste Arbeit.

Deutsch: ¡Basta Ya! (jmb, db)

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