Luis Posada Carriles Verhandlung: Verteidigung erhält einen Schlag

Eine Bundesrichterin begann mit der Befragung von 130 Leuten bei der Auswahl der Geschworenen für die Verhandlung des angeklagten Terroristen Luis Posada Carriles.

Von Juan O. Tamayo
11. Januar 2011
Miami Herald,

El Paso, Texas: Die Richterin in der Verhandlung für Luis Posada Carriles erteilte am Dienstag, dem ersten Tag der Gerichtsargumentation seinem Verteidiger einen vorzeitigen Schlag, indem sie sagte, es werde ihm nicht erlaubt, damit zu argumentieren, die kubanische Regierung fälsche häufig die Beweise.
Arturo V. Hernandez, der Anwalt des Mannes, den Kuba einen Terroristen nennt und den seine Unterstützer einen Freiheitskämpfer nennen, hatte geplant, neun solcher Betrugsfälle zu nennen, wenn von Kuba gelieferte Beweise zur Verhandlung zugelassen würden.
Zu seinen Beispielen gehörte das Verfahren in Miami gegen die fünf kubanischen Spione und eine Untersuchung in der Sache, dass Kuba 1996 vier Mitglieder der Brothers to the Rescue getötet habe.
Staatsanwalt Tim J. Riordan III widersprach in seiner Gegenargumentation vor der US-Bezirksrichterin Kathleen Cardone energisch und gelegentlich sarkastisch.
"Dies ist kein Fernsehprogramm für Geschichte ... Der Angeklagte ist in diesem Fall nicht das Regime Kubas," sagte er. "Dies ist nicht für The Miami Herald [gedacht]."
Cardone sagte, sie neige zur Akzeptanz von Riordan's Argumenten, gab aber Hernandez bis Mittwochmorgen Zeit, ein Schriftstück einzureichen.
Das erste Gerichtsargument in dem Verfahren, das am Montag eröffnet wurde, schlug nur Minuten später, nachdem die Geschworenen Platz genommen hatten, wie eine Bombe ein - sieben Frauen und fünf Männer, plus vier Ersatzfrauen. Außer zweien schienen alle lateinamerikanischer Herkunft zu sein.
Hernandez sagte, er müsse Kubas mutmaßliche Lügen vortragen dürfen, weil der Staatsanwalt geplant habe, drei kubanische Beamte über einen Ablauf von Sprengstoffattentaten in Havanna im Jahr 1997 aussagen zu lassen und 6.500 Dokumente zuzulassen, die von der kubanischen Regierung erstellt worden seien.
Cardone sagte, Hernandez werde die Gelegenheit bekommen, die Authentizität der kubanischen Beweise anzufechten, aber diese neun Beispiele für Lügen seien "irrelevant".
Posada wird des Betrugs angeklagt, da er unter Eid leugnete, irgend eine Rolle bei den Bombenattentaten in Havanna gespielt zu haben, der Lüge darüber, wie er 2005 in die Vereinigten Staaten eingereist sei und wegen eines falschen guatemaltekischen Passes.
Cardone schien auch Hernandez' Möglichkeit begrenzen zu wollen, die Motivation der Beamten der US-Einwanderungsbehörde anzufechten, die Posada 2005 und 2006 über seine US-Einreise befragt hatten.
Neun der Anklagen wegen Lügen sind auf die Interviews zurückzuführen, über die Cardone 2007 verfügte, dass sie nicht verfasst worden seien, um sein Ersuchen um Asyl und Einbürgerung in Erwägung zu ziehen, sondern als eine Strafsache gegen ihn. Ihr Urteil wurde später aufgehoben.
Hernandez stellte klar, dass er plane, Kuba als zentrales Element der Verhandlung darzustellen. "Zu Kuba: die Sache ist in diesem Fall endemisch," sagte er.
"Es gibt ein seit langem bestehendes Vorurteil der kubanischen Regierung gegenüber meinem Klienten," fügte er hinzu, indem er sich auf die Geschichte eines halben Jahrhunderts von Anti-Castro-Aktivitäten des 82-jährigen Posadas bezog, die ihn an die Spitze der Liste von Kubas Feinden befördert hätten.
Hernandez schien darauf zu hoffen, seine Angriffe auf Kuba nutzen zu können, um Zweifel an den Beweisen gegen Posada zu streuen und vielleicht die Aufmerksamkeit der Jury von dem Angeklagten auf Havannas Fehlverhalten zu lenken.
Riordan stellte seinerseits klar, dass er versuchen werde, die Erwähnung Kubas so oft wie möglich auszuschließen und den Fokus auf die starken Beweise hinsichtlich Posadas Rolle bei den Bombenattentaten in Havanna und seiner Einwanderungsinterviews in El Paso von 2005 zu richten.
Cardone sagte, die Verhandlung werde am Mittwoch mit der Eröffnung der Argumentation durch die Staatsanwaltschaft und die der Verteidigung wieder aufgenommen.
Cardone hob die Bedeutung des Posada-Falls mit der Bemerkung hervor, dass sie 130 mögliche Geschworene aufgerufen habe - dreimal mehr als die sonst für das Auswahlverfahren üblichen 42 - um sicherzustellen, dass sie genügend gute Geschworene zur Besetzung der 16 Plätze in ihrem Gerichtssaal hätte.
Hernandez versuchte es vergeblich, irgend einen der Geschworenen auszuschließen, die zugegeben hatten, Zeitungsberichte darüber gelesen zu haben, dass Posada wegen des Bombenattentats auf ein kubanisches Zivilflugzeug im Jahr 1976 angeklagt gewesen war, bei dem 73 Menschen getötet wurden, indem er sagte, dass so etwas wie eine "abscheuliche Tat" jedes Geschworenendenken beeinflussen würde.
Inzwischen wurde über Auseinandersetzungen am Hotel Camino Real in der Nähe des Gerichtsgebäudes berichtet, wo Posada und einige seiner Anwälte mehrfach ausgemacht wurden. Es ist nicht klar, ob sie sich dort aufhalten.
José Pertierra, ein US-Anwalt, der Venezuela bei dem Versuch vertritt, Carriles wegen eines erneuten Verfahrens zu dem Bombenattentat auf Cubana de Aviacion nach dort auszuliefern, sagte, er sei mit dem Tode bedroht worden, als er am Montag in ein Hotel kam und dort auf Unterstützer Posadas stieß.
Pertierra sagte, er wolle wegen dieser Drohung, von der er sagte, dass sie von einem Journalisten von Telesur, einem in Venezuela ansässigen Netzwerk, zu dem auch Kuba gehört, bezeugt werden könne, beim FBI Anzeige erstatten.

Miami Herald, 12. Januar 2011

Prozess gegen Luis Posada Carriles: Staatsanwälte, Grenzfälle der Verteidigung

Von Juan O. Tamayo

El Paso, Texas: Für die Staatanwaltschaft ist der Prozess gegen Luis Posada Carriles einfach ein Fall von Lügen. Für die Verteidigung ist es eine von US-Beamten geschaffene "politisch heiße Kartoffel".

Zwischen diesen beiden Polen steht ein mutmaßlicher kubanischer Spion, der vom FBI mit über 150.000 $ bezahlt wurde, ein Exilant, der angeblich Fidel Castros Tochter traf und einige der legalen Passwörter im Stil von Bill Clinton nutzte wie z.B. "arrange" bei einem Bombenattentat.
Als die Staatsanwaltschaft und die Verteidigung der Jury am Mittwoch erstmals ihre Plädoyers vortrugen, wurde klar, dass der Prozess gegen den 82-jährigen Posada, einem langjährigen Fidel-Castro-Gegner und ehemaligen CIA-Agenten, ein Feuerwerk entfachen würde.
Vor einer spärlichen Zuhörerschaft von um die 40 Leuten brauchte Staatsanwalt Timothy J. Reardon III nur die Hälfte der ihm zustehenden 60 Minuten, um die Anklagen gegen Posada und die Beweise, die er vorlegen will, darzulegen.
Posada "kann gegen das kubanische Regime unternehmen, was er will ... aber dies ist im Grunde und in seinem Kern ein Fall, um Lügen," sagte Reardon, der für die Anti-Terrorismus-Abteilung im Justizministerium in Washington arbeitet.
Posada sieht sich 11 Anklagepunkten gegenüber, alle wegen Lügens unter Eid: als er behauptete, 2005 über die mexikanische Grenze in die Vereinigten Staaten eingereist zu sein, als er jede Rolle leugnete, die er in einem Ablauf von Sprengstoffattentaten in Havanna gespielt habe, bei denen ein italienischer Tourist getötet wurde, und als er leugnete, einen falschen guatemaltekischen Pass gehabt zu haben. Wenn er verurteilt wird, drohen ihm fünf bis acht Jahre Haft.
Reardon sagte, er werde die Anklagen durch Aufrufung etlicher Zeugen belegen, unter ihnen sei Gilberto Abascal, ein kubanischer Exilant, der aussagen werde, dass Posada sich von Mexikos Karibikküste aus an Bord eines umgebauten Krabbenkutters, der Santrina, in Miami eingeschmuggelt habe.
Die Staatsanwaltschaft hat auch Ann Louise Bardach vorgeladen, eine Journalistin, die für die New York Times berichtet hatte, dass Posada sich zu den Explosionen in Havanna 1998 in einem Interview bekannt habe.
Die Jury wird nicht nur die Zeugenaussage von Bardach hören, sondern auch ausgewählte Passagen der Tonbandaufnahme, die sie von dem Interview gemacht habe, merkte der Staatsanwalt an.
Nachdem er nur wenig auf die kubanischen Bezugspunkte des Falles eingegangen war, kam Reardon zu seinem Hauptargument zurück: "Oh, welch ein unentwirrbares Netz wir weben, wenn wir zuvor mit Täuschung arbeiten."
Verteidigungsanwalt Arturo V. Hernandez erwähnte in einer lebhafteren und längeren Eröffnung dagegen Kuba wiederholt und beschrieb Posada als "einen lebenslangen Verbündeten unseres Landes."
Er sei ein "verdeckter CIA-Agent während des Kalten Kriege" gewesen und habe zu Oberst Oliver Norths illegaler Versorgungslinie für die Anti-Sandenista Guerilla in Nicaragua gehört, merkte er an.
Posada "ist in jedem einzelnen Anklagepunkt unschuldig," teilte Hernandez den Geschworenen mit, und er sei 2005 bei seiner illegalen Ankunft in Miami nur deshalb verhaftet worden, weil er eine Pressekonferenz abgehalten habe, die die US-Beamten in Verlegenheit gebracht hätte. "Er ist für die Regierung eine heiße Kartoffel," sagte der Anwalt aus Miami.
Was seine Verteidigungsstrategie betrifft, so wies Hernandez darauf hin, dass sie von platten Leugnungen einiger Streitpunkte über rechtskräftige Widerlegungen anderer Punkte bis zum Angriff auf die Glaubwürdigkeit der Beweise der Staatsanwaltschaft reiche.
Posada habe gegenüber den Beamten der Einwanderungsbehörde, die ihn nach seiner Ankunft 2005 befragten, nicht unter Eid gelogen, sagte Hernandez, "denn er sagte die Wahrheit. Er sagte im wesentlichen die Wahrheit."
Die Beschuldigung, er habe die Sprengstoffattentate in Havanna "erbettelt" und "arrangiert" beinhalteten Worte, die er als "Kunstbegriffe" - Worte mit besonderer Bedeutung vor dem Gesetz bezeichne.
Posada habe auch in dem aufgenommenen Tonbandinterview mit Bardach keine Verantwortung für die Bombenattentate übernommen, fügte Hernandez hinzu, die seien das Werk nicht genannter "Insider" gewesen. Er habe ihr das Interview gewährt, "weil es seiner Rolle oblag, das" mit den Anschlägen "in die Öffentlichkeit zu bringen," um die ausländischen Touristen von Kuba abzuschrecken.
Er gab an, dass die Tonbandaufnahmen des Bardach-Interviews "nicht authentisch" seien - sie hätten 16 gelöschte Stellen, eine davon über vier Minuten lang - und dass sie wiederholt "die [kubanische] Exilgemeinschaft angegriffen" habe. Er beschrieb sie und die New York Times als "vorurteilsbelastet".

Abascal, ein Mann aus der Santrina-Crew, hatte ursprünglich geleugnet, dass Posada an Bord des Schiffes gewesen sei, als es in Miami andockte, änderte seine Geschichte jedoch, kurz nachdem das FBI ihn als bezahlten Informanten anmeldete. Er habe bisher über 150.000 $ erhalten, bemerkte Hernandez.
Er sei auch ein kubanischer Spion, der mindestens sechs Kontakte mit kubanischen Geheimagenten gehabt habe, an psychischen Störungen leide und, laut dem Verteidigungsanwalt, bei seinem eigenen Antrag auf US-Einbürgerung einen Meineid geleistet habe.
Ein weiterer kubanischer Exilant, Antonio Alvarez, von dessen Zeugenaussage erwartet wird, dass er aussage, Sprengstoff in einem Büro in Guatemala City, das er mit Posada geteilt habe, gesehen zu haben, hatte angeblich auch eine Tochter Fidel Castros getroffen - die Hernandez nicht näher identifizierte - und habe Kontakte zu der kubanischen Regierung gehabt, fügte er hinzu.
Hernandez gelang es auch, der Jury gegenüber ausführlich darzulegen, dass sie jeden von der Staatsanwaltschaft eingebrachten kubanischen Beweis gegen Posada argwöhnisch betrachten sollten, denn die Castro-Regierung lüge in der Regel und betrachte Posada als ihren schlimmsten Feind im Exil.
"Er wurde von ihnen gejagt," sagte der Verteidigungsanwalt. Das scheinbar in Verbindung mit den Bombenattentaten in Havanna und einigen Aktivitäten in Guatemala stehende kubanische Beweismaterial sei daher "einfach schlecht, nicht vertrauenswürdig."
Die US-Bezirksrichterin Kathleen Cardone sagte, sie würde ihm später erlauben, mehr Details darzulegen - er wollte 9 spezielle Gelegenheiten anführen, bei denen Kuba gelogen habe - aber erst, wenn er harte Beweise dafür vorgelegt habe, dass die kubanische Regierung wirklich gelogen habe.
Mitten in den Eröffnungsplädoyers saß fast unbemerkt Posada selbst. Er trug einen braunen Anzug und lauschte von der Anklagebank aus über einen drahtlosen Kopfhörer der simultanen Übersetzung des Verhandlungsverlaufs ins Spanische.

Deutsch: ¡Basta Ya! (jmb)

(Quelle: National Committee to Free the Cuban Five)

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