Von Posada zu Gadhafi

Der Gute, der Böse und der Verrückte [The Good, the Bad and the Crazy]

CounterPunch, 5. - 7. August 2011

Von Saul Landau

Die politische Elite und ihre mitstenographierenden Medien pflegen nicht zwischen den verschiedenen Typen von Terroristen zu unterscheiden. Wenn sie es täten, servierten sie uns die guten, die bösen und die verrückten.
Niemand ist vollkommen, daher müssen die rechtschaffenen Überbringer des Todes und der Zerstörung natürlich flexibel sein. Gelegentlich unterlaufen ihnen Fehler. Wenn z.B. US-Drohnen - die Waffengrundausstattung der rechtschaffenen Terroristen - routinemäßig Zivilisten in Pakistan, Jemen und anderen abgelegenen Orten umbringen, gibt das Pentagon seinen wahren Fehler gelegentlich zu. Die Lenker der Drohnen hatten natürlich allen Grund anzunehmen, dass die dort lebenden Ansammlungen Terroristen waren und keine Schulkinder und Hausfrauen.
Wie auch der Sprecher für die ehemalige Organisation zur Verteidigung gegen die Sowjetunion wieder einmal einen gutgemeinten Fehler eingestand, als die NATO im vergangenen Juli ein Krankenhaus in Libyen zerbombte. Hätte aber die Bombe das Böse getroffen (jedermann kennt es!) Oberst Gadhafi's Truppen oder deren Unterstützer, so folgerten sie, wäre einer humanitären Sache gedient gewesen. Und überhaupt, man beachte, was der heimtückische Gadhafi den Vereinigten Staaten und West-Europa angetan hat! (Warum nur hat er mit dem Handel der Western Oil Companies gebrochen, sein Nuklear-Waffen-Programm aufgegeben und die Lektion aus dem Irak nicht gelernt. So machte er sich verwundbar.)
Während die Welt die Kriege gegen Libyen und Afghanistan verfolgte, in dem die Bomben der "guten Terroristen" die große Anzahl der bösen Leute und die Bomben des bösen Terroristen wiederum die Reihen der Guten zerschlugen, beachteten im Juni nur Wenige (und ganz gewiss nicht die Medien) die Feier in Hialeah, Florida. Bürgermeister Carlos Hernández hatte die Medien eingeladen: "Kommt zu unserer nächsten Stadtratsversammlung, wenn dem kubanischen Aktivisten und Künstler Luis Posada Carriles bei der feierlichen Ausrufung des Luis-Posada-Carriles-Tages von Hialeah der Schlüssel der Stadt Hialeah übergeben wird."
In der Einladung wurde erklärt, dass Posada "für seinen unerschütterlichen Einsatz zur Förderung der Demokratie und für die Forderung nach Freiheit in Kuba und der westlichen Hemisphäre geehrt wird."
Wie im Einzelnen Posada - ein Freiheitskämpfer, daher guter Terrorist - "Demokratie förderte", indem er nämlich in Gemeinschaft mit einem anderen kubanischen Exilanten Orlando Bosch (der mehrfach geehrt kürzlich in Miami verstarb) vor fast 35 Jahren die Sprengung eines kubanischen Linienflugzeuges über Barbados zu verantworten hatte, ging daraus nicht hervor. Keiner kann jedoch den Fakten widersprechen: 73 Passagiere und die Crew kamen um. Die Polizei von Trinidad verhaftete Posadas und Boschs Handlanger, die die beiden als ihre Auftraggeber nannten. Die venezolanischen Behörden verhafteten daraufhin das dynamische Duo. (Diesen Preis müssen gute Terroristen manchmal zahlen!)
Mit Schmiergeldern von reichen Exilanten und auf Druck von US-Regierungsbeamten wurden die beiden Helden freigelassen. Um der Sache der Freiheit willen, kommen die Behörden gelegentlich vom rechten Wege ab.
Aber was soll das Nörgeln über die Art der Gewalt von kubanischen Exilanten. Während sich die Exilanten 1976 um Freiheit für Kuba bemühten, verübten sie Bombenattentate auf Hauptquartiere des FBIs und auf das Postamt in Miami; eine große Sache war das, im selben Jahr arbeiteten fünf Mitglieder der Kubanisch-Nationalen Bewegung auch mit der Geheimpolizei des chilenischen Diktators Augusto Pinochet zusammen, um Orlando Letelier, Chiles früheren Botschafter in Washington und seine Kollegin Ronni Moffitt nicht einmal eine Meile vom Weißen Haus entfernt mit einer Autobombe umzubringen. Letelier war Sozialist und Ronni - ja, gut, ein Kollateralschaden, wie sie das nennen.
Von den 1960ern an bis in die 1980er zündeten Anti-Castro-Freiheitskämpfer - die Medien erinnern uns kaum daran - Hunderte von Bomben und töteten eine große Anzahl ihrer Feinde auf US-Territorium, nicht in Kuba. Auf Max Lesnik, einem Publizisten einer Zeitschrift und Schriftsteller, der mit den gewalttätigen Exilanten nicht einverstanden war, wurden wiederholt Bombenanschläge verübt, aber er überlebte wie durch ein Wunder. Er hat nie die Logik jener verstanden, deren Ziel es war, die kubanische Regierung zu stürzen, indem sie Bomben in US-Städten zünden. Häufig scheinen die Methoden der guten Terroristen dem gesunden Menschenverstand zu widersprechen und nichts weiter zu sein als geisteskranke Aktionen oder Mittel, Geld zu erpressen. Aber die Medien und die wichtigsten Politiker in Florida erklären immer, dass diese gutmeinenden Bombenleger nur leidenschaftlich sind und alles für die Freiheit tun.
Manchmal zünden sie ihre Bomben auch nur, um auf sich aufmerksam zu machen. 1970 kündigte das Kino in New Yorks Fünfter Avenue an, dass es meine Fidel-Dokumentation zeigen würde. Das öffentliche Fernsehen hatte sie ein Jahr vorher gezeigt, eine Provokation für die kubanischen Exilanten. Warum sonst sollten sie im Kino Bomben legen, wenn nicht, um die moralische Niedertracht zu demonstrieren, Ideen darzustellen, die im Gegensatz zu ihren eigenen stehen.
Kurz bevor der Vorhang aufging, explodierten Bomben im Theater und beendeten damit die Premiere. Einige Wochen später fackelten sie das Filmhaus von Los Angeles ab, nachdem dort die nächste Aufführung des Films angekündigt worden war.
Keine der Hunderte von Bombendetonationen, Tote durch erschießen und andere Gewaltakte durch kubanische Exilanten sollten als Beispiele von schlechtem Terrorismus eingestuft werden, da sie keinerlei Verbindungen zu Moslimen haben.
Schlechte Terroristen, die das World Trade Center angriffen und sich regelmäßig in Afghanistan, Irak und Pakistan selbst in die Luft sprengen, und die Spinner, die Sprengstoff in Schuhen und Schlüpfern verstecken, haben unsere Regierung dazu veranlasst, unsere Freiheiten zu beschränken. Das macht sie so gefährlich.
Die Kategorie der Einfallspinsel dagegen tritt oft bei Ereignissen wie kürzlich in Norwegen auf. Die ersten Berichte von "Experten" über das Massaker von Anders Breivik beschuldigten moslemische Dschihadisten - wie sie es auch schon vor etwa 20 Jahren machten, als GIs im Bundesgebäude in Oklahoma City Bomben legten. Wenn außergewöhnliche Gewalt auftritt, wenden sich die Medien an das Volk wie der selbsternannte "Experte" Stephen Emerson, der sofort nach den Bomben von Oklahoma moslemische Extremisten beschuldigte - wie andere "Experten" auch.
Als der norwegische Mörder seine "Mission" ausführte, schenkten die Medien einem Mann, der acht Menschen während einer Autoshow in Seattle erschoss und einem anderen, der seine Exfrau und fünf ihrer Familienmitglieder auf einer Rollschuhbahn in Texas tötete, weniger Aufmerksamkeit. Noch mehr Verrückte! Ein anderer Bekloppter schoss in Tucson auf die Abgeordnete Gabby Gifford und ein Dutzend andere. Schockierend, denn es war ein Christ!
Christen mit Gewehren haben dabei geholfen, unter den Einheimischen Oakland, Kalifornien, den Beinamen "Klein-Irak" zu verleihen.
Der Unabomber (1), von dem der norwegische Schlächter einige Passagen für sein 1500 Seiten langes Manifest geborgt hatte, und MacVeigh (2), berühmt für den Anschlag von Oklahoma, von dem der Norweger die Formel für den Sprengstoff hatte, gehören ebenfalls zur Kategorie der Verrückten. Sie behaupteten, ihre Gewalttaten seien Teil einer größeren Mission, genau wie die, die Drohnen und B-52-Bomber anfordern, um zu töten.
Wenn die Kategorien Sie verwirren sollten, gehen Sie auf eine andere Sparte der Zeitung und finden Sie heraus, ob Angelina ein weiteres Waisenkind adoptiert hat.

(1) Theodore ("Ted") John Kaczynski (* 22. Mai 1942 in Chicago) ist ein US-amerikanischer Mathematiker und Bombenleger.
Im Zeitraum von 1978 bis 1995 soll er 16 Briefbomben an verschiedene Personen in den USA verschickt haben, wodurch drei Menschen getötet und weitere 23 verletzt wurden. Bevor seine Identität bekannt wurde, bezeichnete man ihn als Unabomber (university and airline bomber), da die Bomben vornehmlich an Universitätsprofessoren und Vorstandsmitglieder von Fluggesellschaften geschickt wurden. (Wikipedia)

(2) Timothy James McVeigh (* 23. April 1968 in Pendleton, New York; † 11. Juni 2001 in Terre Haute, Indiana) verübte im Jahr 1995 den Bombenanschlag auf das Murrah Federal Building in Oklahoma City. 1997 wurde er für diese Tat verurteilt und 2001 hingerichtet. (Wikipedia)

Deutsch: ¡Basta Ya! (jmb, db)

(Quelle: CounterPunch vom 24. Mai 2011)

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