Austausch der "Cuban Five" gegen US-Unterhändler

USA-Today, 6. September 2011

DeWayne Wickham

Als das FBI im vergangenen Jahr 10 russische Spione verhaftet hatte, trat dieses Land sehr schnell in Aktion. Es ging um vier von Russland wegen Spionage für die Vereinigten Staaten und Großbritannien angeklagte schon geschwächte Männer.
Es kostete die US-Regierung nur wenig mehr als eine Woche, um den Handel perfekt zu machen, mit dem die russischen Agenten nach Moskau geschickt wurden, die sich über ein Jahrzehnt in unserem Land aufgehalten hatten. Nach deren kurzem Erscheinen vor einem Bundesgericht, bei dem sie einer einzigen Sache für schuldig befunden worden waren, nämlich der Verschwörung "als Agenten einer ausländischen Macht agiert" zu haben, wurde der russische Spuk aus dem Land gewischt.

Von den vier Männern - alle Russen - die in die USA als Gegenleistung für diese großartige Geste entlassen wurden, waren zwei nach Britannien verbracht worden, die anderen landeten in Washington und verschwanden dann in einer Karawane von schwarzen Limousinen.

Die US-Regierung sollte das gleiche für Alan Gross tun. Sieben Monate vor dem US-Russland-Austausch wurde Gross in Kuba verhaftet und wegen "Aktionen gegen die Unabhängigkeit und territoriale Integrität" dieser kommunistischen Nation angeklagt. Gross arbeitete für "Development Alternatives, Inc." als Unterhändler des US-Außenministeriums. Die Anklage gegen ihn beruht auf seinen Bemühungen, der Bevölkerung in Kuba Satelliten-Telefone zur Verfügung zu stellen und unbeschränkten Internetzugang zu ermöglichen, deren Regierung die Vereinigten Staaten seit über einem halben Jahrhundert zu stürzen versucht.
Angesichts seiner Verurteilung zu 15 Jahren Gefängnis sagte Gross laut dem von seinem amerikanischen Anwalt kürzlich veröffentlichten Transkript vor dem Appellationsgericht aus, er sei ein "gutgläubiger Narr" gewesen und habe nicht gewusst, dass er gegen kubanisches Gesetz verstoße.

Mag sein, dass er es nicht wusste, doch das State Department muss es gewusst haben. Über die Beschäftigung der Firma, die Gross anheuerte, damit er dabei helfe, deren "Cuba democracy program" durchzusetzen, kannten die Diplomaten im "Foggy Bottom" [nebeligen Untergrund] die Risiken, die sie mit der Privatisierung von Teilaufgaben ihrer Bemühungen, einen Regimewechsel auf der Insel herbeizuführen, eingingen, bestimmt. Sie mussten gewusst haben, dass Gross, wenn er geschnappt würde, als Spion behandelt werden würde.

Jetzt, nach fast zwei Jahren nach seiner Verhaftung, schmachtet Gross, wie berichtet wird, bei schlechter Gesundheit, in einem kubanischen Gefängnis. Aber er könnte in ein paar Tagen wieder zu Hause sein, wenn die USA die fünf kubanischen Spione, die sie seit 13 Jahren gefangen halten, gegen den 62-jährigen Gross austauschten.

Die so genannten Cuban Five, Spionageagenten, die Kuba hier her geschickt hatte, um kubanische Exilanten auszuspionieren, die das Castro-Regime stürzen wollen, erhielten Strafurteile von 15 Jahren bis zu lebenslänglich. Einer von ihnen wurde der Verschwörung zum Abschuss von zwei zivilen US-Flugzeugen durch kubanische MIG-Kampfflugzeuge 1996 angeklagt. Kuba sagt, diese Flugzeuge hätten seinen Luftraum verletzt - eine Behauptung, die von den Brothers to the Rescue, der exilkubanischen Gruppe, die diese Flüge betrieben hatte, geleugnet wird.
Spionage ist ein schmutziges Geschäft, unglücklicherweise verursacht es Kollateralschäden. Die Cuban Five im Gefängnis zu halten, bringt die bei dem Abschuss verlorenen Leben nicht mehr zurück. Aber ihr Austausch für den leidenden Gross könnte einem Mann das Leben retten, der sagt, er sei ausgetrickst worden, um bei einem Spionagespiel mitzumachen.
So eine humanitäre Geste wird vielleicht nur den weitverbreiteten Widerstand unter den Exilkubanern verstärken, die die USA mit Zetergeschrei dazu auffordern, für sie das Gleiche zu tun, mit dem sie in Syrien und Libyen die Dissidenten auf die Straße getrieben hätten.
Gross sollte ihretwegen nicht weiter im Gefängnis leiden müssen. Er sollte gegen die Cuban Five ausgetauscht werden und zwar unter Anwendung des gleichen Eilverfahrens, mit dem sie die geschwächten Spione aus Russland geholt haben.

Dewayne Wickham schreibt dienstags für die USA Today.

Kommentar der Übersetzerin: Wir haben uns entschlossen, diese Kolumne, auf die wir von Freunden, dem Vizevorsitzenden des Netzwerks Edgar Göll und Paul Evrard aus Kuba, am 7. September per E-Mails aufmerksam gemacht wurden, doch ganz zu übersetzen und, obwohl wir natürlich mit deren Wiedergabe des Falls der Cuban Five nicht einverstanden sind, hier zu veröffentlichen, weil sie die internationale Solidarität zu Gegendarstellungen provozierte, die in den Kommentaren des Blogs unterhalb der Kolumne einsehbar sind.

Einige davon fanden wir ebenfalls sehr veröffentlichenswert, wie die von dem kanadischen Politologen und Autor Arnold August, s. unten. Es gab bis heute (9.11.) insgesamt 27 Kommentare. Die ersten bestanden aus reiner Pöbelei gegen den Autor, ein anderer enthielt einen Beitrag über das US-Spionagegeschäft, den wir unsern Lesern auch nicht vorenthalten möchten:

"Wiley-X, 20:54 h, Ortszeit, 6. September 2011
Regierungsunterhändler kennen das Risiko der Operation im Ausland... insbesondere in Ländern, die Amerika nicht freundlich gesonnen sind.
Ich spreche aus eigener Erfahrung (ich bin zurzeit als Unterhändler in Afghanistan), ich weiß, dass es, wenn ich von den Streitkräften geschnappt werde, sehr wahrscheinlich ist, dass ich hingerichtet werde.
Die USA werden wegen meiner Freilassung nicht verhandeln.
Darum kriegen wir die "Big Bucks" [das große Geld]. Das Risiko, die Gefahr, das sind eben die Gründe dafür."

"aaugust, 13:28 h, 7. September

Der Artikel ist sehr mutig und im Hinblick auf einen Ausweg aus der gegenwärtigen Sackgasse wohl durchdacht, und, wer weiß, auch im Hinblick auf eine bessere Beziehung zwischen den USA und Kuba? Es wäre gut zu wissen, was Präsident Obama über diesen Austausch-Vorschlag denkt. Übrigens wurden die Cuban Five nach Miami geschickt, um zu versuchen, die von dort ausgehenden terroristischen Aktivitäten aufzuhalten, die von den selben Personen ausgeführt wurden, die gegen bessere Beziehungen zwischen den beiden Ländern und sogar gegen diesen Austausch-Vorschlag sind. Ist es nicht am Vorabend des Jahrestages zum 11. September Zeit, sich gegen Terroristen aller Arten zu erheben, einschließlich derer in Miami?
Arnold August"

"aaugust, 16:01 h
Um zu verfolgen, was petercswanson schreibt, klicken sie bitte hier: http://alainet.org/active/45064
Arnold August"
[Anm. d.Ü.: siehe auch Artikel in Dissident Voice von Arnold August mit dem Titel, "Gross: Was geschah zwischen März und August?", Übersetzung.

"aaugust, 17:20 h

Warum fahren einige Kommentare solche persönlichen Angriffe und versuchen, den Journalisten, der diese interessante Meinungsäußerung niederschrieb, zu diskreditieren? Warum wird diese Angelegenheit nicht ernsthaft diskutiert, statt Attacken gegen seine Person zu reiten? Was ist nur mit der Freiheit der Presse und der Meinungsäußerung in den USA passiert? Sollte es dem Journalisten nicht erlaubt sein, seine Sicht darzustellen, ohne sogar "rassistischen" Bemerkungen ausgesetzt zu werden? Oder sind diese Art von Bemerkungen ein Zeichen für die Freiheit der Meinungsäußerung und der Presse?
Als die Cuban Five in Miami vor Gericht gestellt wurden, bezahlte die US-Regierung "Journalisten", um die Cuban Five zu diskreditieren und eine ganze Stadt, die Jury und das Land gegen sie zu beeinflussen. Sind diejenigen, die heute den USA Today - Journalisten heruntermachen, bereit, gegen die dafür bezahlten Journalisten, fünf unschuldige Männer einzukerkern, Stellung zu beziehen?
Arnold August"

"nancykohn, 21:15 h
Da das Land diesen 10. Jahrestag der 9/11-Angriffe dazu nutzt, über Terrorismus zu diskutieren, bin ich von der Klarheit der Kolumne von DeWayne Wickham beeindruckt, die den Dialog mit Kuba vorschlägt, um die Gefangenen auszutauschen. Jeder Tag, an dem diese fünf Männer weiter eingekerkert in den Vereinigten Staaten verbringen, ist eine Verhöhnung des Rechts. Es ist kein Verbrechen, auf friedlichem Wege öffentlich zugängige Information für die Sache der Verteidigung der Souveränität seines Heimatlandes zu sammeln. Die Mission der Fünf war eine ehrbare, in der Absicht, Terroranschläge auf Kuba zu verhindern. Sie stellte nie eine Gefahr für die nationale Sicherheit der Vereinigten Staaten dar. Lasst Alan Gross nach Hause zu seiner Ehefrau und René González, Antonio Guerrero, Ramón Labañino, Fernando González und Gerardo Hernández zu ihren liebevollen Familien heimkehren, die seit 13 Jahren auf sie warten."

"Alicia+Beatriz

12:06 h, 8. September

Lieber DeWayne Wickham,
danke für ihren Artikel. Ich könnte Ihnen nicht mehr zustimmen, es ist Zeit, die Cuban 5 zu ihren Angehörigen nach Hause zu schicken, nach 13 Jahren unrechtmäßiger Gefangenschaft in den USA. Zehn Nobelpreisträger, Parlamentarier aus aller Welt, Arbeiter, Intellektuelle und Künstler haben Präsident Obama gebeten, sie zu befreien. Jeder Tag, den die Cuban 5 weiter in US-Gefängnissen verbringen, ist ein weiterer Tag der Heuchelei des US-Krieges gegen den Terror, die Terroristen auf US-Boden frei herumlaufen lässt, während diejenigen inhaftiert sind, die dagegen gekämpft haben."

"Not+in+my+name!, 12:33, 8. September

Ich fand DeWayne's Artikel ganz gut durchdacht, dafür, dass er ein Thema behandelt, das in den Medien in den Vereinigten Staaten aus politischen Gründen und auch wegen Medien-Blackout nicht breit diskutiert wird. Ich denke, sein Vorschlag ist es Wert, bedacht zu werden und wobei die Obama-Administration über die Cuban Five in einer win-win Situation für die Familien dieser 6 Männer und für bessere Beziehungen zwischen beiden Ländern sorgte. Dieser Artikel und der vom Autor vorgeschlagene Deal verdient die Beachtung der USA und der kubanischen Bevölkerung.
Gott segne Sie!"

Es folgen noch 2 weitere Kommentare in dem Sinne der oben aufgeführten.

Außerdem sind sicher zahlreiche Leserbriefe per E-Mail bei der Zeitung eingegangen, einer natürlich auch von den Komiteemitgliedern Josie und Dirk.

Dear DeWayne Wickham,

yes, we would agree with the idea of swapping the "Cuban Five" for US contractor Alan Gross. But you should know, whom the Cuban Five observed for preventing further terrorist actions against their country carried out by exile Cubans causing until 1999 3,478 dead and 2, 099 invalid people, as they could prove in front of the United Nations in 2001. The Cuban Five came unarmed into the US and did not "spy" on US secrets, they observed people like Orlando Bosch, the infamous terrorist responsible among others for Cuban air flight bombing in 1973 and other groups responsible for Hotel bombings in Havana.
Espionage could not be proved. Therefore, they were convicted for "conspiracy to commit espionage". Neither could be proved that one of them was involved in the shoot down of the two planes of Brothers to the Rescue. Therefore, he was additionally convicted for "conspiracy to commit murder", all this by an intimidated jury in Miami-Dade.
Please, see www.freethefive.org . We think, if US citizens would know the truth about the case, the vast majority would want their immediate release, like all honest and informed people worldwide do.

Sincerely,

(Anmerkung: Leserbriefe, die eine Chance haben sollen, von der Zeitung registriert zu werden, dürfen nicht mehr als 200 Wörter enthalten.)

Übersetzung: Ja, wir stimmen der Idee, die "Cuban Five" gegen den US-Unterhändler Alan Gross auszutauschen zu.
Doch Sie sollten wissen, wen die Cuban Five beobachteten, um weitere Terroranschläge auf ihr Land zu verhüten, die von Exilkubanern ausgeführt wurden und bis 1999 3.478 Tote und 2.099 invalide Menschen verursachten, wie sie [Kuba] es 2001 vor den Vereinten Nationen belegen konnte. Die Cuban Five kamen unbewaffnet in die USA und "spionierten" keine US-Geheimnisse aus, sie beobachteten Leute wie Orlando Bosch, den berüchtigten Terroristen, unter anderem verantwortlich für den Bombenanschlag auf die kubanische Luftfahrt 1973 und andere Gruppen, die für Bombenattentate auf Hotels in Havanna waren.
Spionage konnte nicht bewiesen werden. Daher wurden sie wegen "Verschwörung zu Spionage" verurteilt. Es konnte auch nicht bewiesen werden, dass einer von ihnen an dem Abschuss der beiden Flugzeuge von "Brothers to the Rescue" beteiligt war. Daher wurde er zusätzlich wegen "Verschwörung zum Mord" verurteilt, all das von einer eingeschüchterten Jury in Miami-Dade.
Sehen Sie bitte www.freethefive.org . Wir denken, wenn die US-Bürger die Wahrheit über den Fall kennten, würde die überwiegende Mehrheit von ihnen für ihre unverzügliche Freilassung stimmen, wie es alle ehrlichen und informierten Menschen weltweit tun.

Deutsch: ¡Basta Ya! (jmb),

(Quelle: "USA Today" vom 8. Agust 2011)

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