Liebe, Lügen - verheiratet mit einem der "Cuban Five"Kanadische Zeitung, "Globe and Mail", 29. September 2011
In dieser Woche sagte Kubas Außenminister Bruno Rodríguez, sein Land möchte die Beziehungen zu den Vereinigten Staaten wiederherstellen. Er bestand jedoch darauf, dass Präsident Barack Obama zuerst die 2001 wegen Spionage verurteilten fünf Kubaner, die zurzeit langwierige Strafen in einem Gefängnis in Miami* verbüßen, freizulassen und nannte ihre anhaltende Inhaftierung "inhuman".
In Kuba werden die "Cuban Five" als Nationalhelden angesehen, die ihr Land durch das Sammeln von Informationen über terroristische Gruppen in den Vereinigten Staaten beschützten. In Havanna sprach Sonia Verma mit einer ihrer Ehefrauen, Elizabeth Palmeiro, die gerade von einem Gefängnisbesuch ihres Ehemannes, Ramón Labañino, der eine 30-jährige Strafe verbüßt, zurück kam. F: Wann war es das letzte Mal, dass Sie mit ihrem Ehemann sprachen. A: Ich komme gerade von einem Besuch mit unseren Töchtern, Laura und Elizabeth, im Gefängnis von Miami* zurück. F: Wie ging es ihm? A: Seine psychische Verfassung ist optimistisch, dass er jederzeit freigelassen werden könnte. Physisch gesehen wird er alt im Gefängnis. Er hat einige Probleme, möchte aber nicht darüber sprechen. Er war froh, unsere Töchter so herangereift sehen zu können. F: Soweit ich es verstehe, gibt es einen neuen Einspruch in seinem Fall? A: Wir wissen jetzt, dass einige Journalisten auf der Gehaltsliste der Regierung der Vereinigten Staaten standen. Diese Journalisten schrieben während des Prozesses, davor und danach Artikel, um diese Jury zu beeinflussen. F: Wie sind Sie sich zu Anfang begegnet? A: Ich traf Ramón an der Bushaltestelle. In Kuba ist es schwer, jemanden zu finden, der einem anderen nicht auf diese Weise begegnet wäre, weil wir viel Zeit mit dem Warten auf einen Bus verbringen. Wir verbringen all' unsere Wochenenden damit, ins Theater zu gehen und hier am Malecon mit einander zu sprechen. Wir heirateten innerhalb von neun Monaten. Wir waren die ganze Zeit zusammen, bis er mir eines Tages 1992 sagte, er müsse nach Spanien gehen. Ich war schwanger. Dann begann der schwierigste Teil der Geschichte. F: Was haben Sie von der Art seiner Mission verstanden?
A: Ich wusste nicht, dass er in Miami war. Er sagte mir, er arbeite als Wirtschaftsexperte für ein gemischtes Unternehmen zwischen Kuba und Spanien. Es war nicht eindeutig. Ich dachte, vielleicht habe er eine andere Frau in Spanien. Als er zu einem seiner Urlaube nach Hause kam, gab es Spannungen. Er teilte mir mit, dass es kein Geschäft in Spanien gebe; es gebe ein anderes Geschäft, jedoch in den Vereinigten Staaten, bei dem er versuche, wegen der Blockade einige Medikamente nach Kuba zu bringen. Das sei eine sehr wichtige und riskante Aufgabe. Ich glaubte ihm. F: Als Sie von den Anklagen gegen ihn hörten - wegen Spionage und gegen die Vereinigten Staaten spioniert zu haben - wie haben Sie damals darauf reagiert?
A: Dass es nicht wahr sei. Sie können nicht wegen Spionage angeklagt werden, denn sie infiltrierten Gemeindegruppen, keine amerikanischen Einrichtungen. F: Während seines Verfahrens und des nachfolgenden Einspruchs, wurde er zu lebenslänglicher Gefängnisstrafe verurteilt, die dann auf dreißig Jahre reduziert wurde... A: Ich konnte bei der Anhörung zur Neubemessung der Strafe nicht dabei sein, weil mir das Visum dazu nicht rechtzeitig erteilt worden war. Ramón war der einzige von den Fünfen, der allein vor Gericht stand. Die amerikanische Regierung hatte mein Visum bis zum letzten Moment hinausgezögert. Ich erhielt das Visum erst zwei Stunden, bevor die Verhandlung in Miami zu Ende war. F: Sie haben Ihr Leben mit einem Ehemann im Gefängnis verbracht und dabei zwei Kinder alleine großgezogen. Wie war das für Sie? A: Das war der schwierigste Teil. Ich bin keine alleinstehende Mutter. Mein Ehemann ist im Gefängnis. Wir lieben uns. Wenn es mir jemand vor zwanzig Jahren erzählt hätte, dass mein Leben so verliefe, ich hätte es nicht glauben können. Doch ich kann mir ein Leben ohne Ramón nicht vorstellen, wenn er auch im Gefängnis ist. Mag sein, weil Liebe alles kann, mag sein, dass wir, weil ich Unterstützung von jedem hier in Kuba habe, die Stärke fanden weiterzumachen. Manchmal weine ich und bin deprimiert. F: Was hat die kanadische Regierung in diesem Fall unternommen? A: Als Regierung als solche? Nichts. Aber bestimmte parlamentarische Gruppen schon. 2007 unterschrieben der "Bloc Québécois" und einige NDP-Mitglieder einen Brief an die amerikanische Regierung, der für diese Menschen im Gefängnis Gerechtigkeit forderte. Ich traf Jack Layton in Ottawa, und er zeigte sich mir gegenüber zur Unterstützung bereit. In Montreal demonstrieren Leute alle zwei Monate und fordern die Freiheit für die fünf Kubaner. Wie kann Kanada im so genannten Krieg gegen den Terror einerseits Truppen nach Afghanistan schicken, während diese Fünf auf dem Boden Floridas* gefangen gehalten werden?
* Kommentar der Übersetzer: So sehr wir uns freuen, dass eine kanadische Zeitung den Fall der Fünf überhaupt erwähnt und ein Interview mit Elizabeth Palmeiro, der leidgeprüften Ehefrau von Ramón Labañino, bringt, so sehr beklagen wir einmal mehr die Nachlässigkeit der Journalisten, die ihre Gesprächspartner inkorrekt wiedergeben. Deutsch: ¡Basta Ya! (jmb), (Quelle: Globe and Mail vom 29. September 2011) |