Einer gegen Fünf?

John McAuliff

Bei einem Treffen lateinamerikanischer Journalisten am 12. September sagte Präsident Obama hinsichtlich Bill Richardsons Reise nach Kuba:
"Wir werden alles unterstützen, was Herrn Gross befreit."
Israel hat den USA gezeigt, wie man es macht.
Wenn es den Stabsoffizier Gilad Shalit gegen 1.027 Palästinenser, einschließlich 315 lebenslänglich Verurteilte austauschen kann, warum ist es für die Obama-Administration dann so schwer, fünf Agenten des kubanischen Geheimdienstes, darunter ein zu lebenslänglicher Haft Verurteilter, gegen den USAID-Unterhändler Alan Gross auszutauschen?
Präsident Obama kann durch die erste humanitäre Geste vorangehen, den kubanischen Agenten René González seine Bewährungszeit in Kuba zu absolvieren zu lassen - unter der Supervision der US-Interessenvertretung, wenn das erforderlich sein sollte. Präsident Castro könnte daraufhin mit einer humanitären Geste antworten, indem er dem USAID-Unterhändler Alan Gross eine Bewährungszeit unter der Supervision der kubanischen Interessenvertretung in Washington gewährte.
Bestandteil dieses bilateral verhandelten Arrangements sollte die Freilassung der vier noch im Gefängnis verbliebenen kubanischen Geheimagenten sein.
Kuba kann darauf in einer Weise reagieren, indem es vier Gefangene in die USA schickt. Wenn dort noch politische Häftlinge sein sollten, hätten die Priorität. Andernfalls könnten die vier Personen wegen politisch-motivierter Gewalttaten verurteilt worden sein wie im neuen Fall der "Damen in Weiß". Das sollte nicht allzu schwierig sein, da Kuba alle Aktionen gegen sein Regime als von den USA motiviert, wenn nicht bezahlt betrachtet.
Kardinal Ortega könnte gebeten werden, als Vermittler zu dienen, um sicherzustellen, dass man in beiderseitigem Vertrauen handelt.
Jedes Land betrachtet die von dem anderen Land gefangen genommenen als Helden und Vertreter seiner unanfechtbaren Werte. So glaubt auch jedes Land, dass diejenigen, die es gefangen hält, nach seinen Gesetzen zur Verteidigung seiner nationalen Sicherheit und Souveränität rechtmäßig verurteilt und bestraft worden seien.
Premierminister Netanjahu hat ein Beispiel dafür geliefert, was es heißt, es ernst zu nehmen und sich nicht nur rhetorisch auszudrücken.
Sollte Obama ähnlich mutig sein, könnte er in Reaktion darauf unverhohlene Heuchelei erhalten.
Jennifer Rubin schrieb in ihrem Blog in der Washington Post:
"Wie auch immer die Kosten-Nutzen-Analyse der Wirksamkeit eines Austausches mit gewaltiger Schieflage ausfällt - mehr als Tausend Mörder, die Frauen und Kindern nachstellen, gegen einen einzigen jungenhaften entführten Soldaten - nur der Hartherzigste ist gegen die bei Gilad Shalits Rückkehr und der Umarmung von seinem Premierminister und seiner Familie hervorgerufenen Gefühle immun... Aber am Ende war nicht Aufstellung der Liste blutrünstiger Hamas-Killer ausschlaggebend, sondern die Erkenntnis, dass ein Land einmaligerweise große Risiken auf sich nimmt, um ein einzelnes Leben zu retten."
Sie zitierte dazu vorzugsweise die Worte des prominenten Neokonservativen Elliot Abrams:
"Es gab in der Tat eine unerlässliche Verpflichtung, Shalit nach Hause zu bringen... Dies ist das Produkt des Paktes zwischen der Bürgerarmee und der Gesellschaft: "Wir beschützen Euch und Ihr beschützt uns."
Doch wenige Tage später wetterte Rubin gegen die Beschwichtigungspolitik, Alan Gross gegen die Cuban Five auszutauschen:
Ob es sich nun um Kuba oder den Iran handelt, die Regierung fällt zurück in ihren "Gefechts-Modus", wobei sich ihr Gefecht mit Aggression und/oder innerstaatlicher Unterdrückung vereint. Versuche einen Diplomaten auf US-Boden zu ermorden? Wir lehnen uns zurück und schwätzen. Schnappe einen [US-]amerikanischen Unterhändler und stelle ihn vor ein Femegericht? Wir handeln mit Gefangenen und sprechen über die Lockerung von weiteren Sanktionen.
Wieder zitiert sie vorwiegend Abrams, die US-Bereitschaft, die Gründe für Gross' Inhaftierung anzusprechen, verunglimpft: "Es ist besonders beleidigend, das wir bereit waren, über die Unterstützung der Demokratie in Kuba zu verhandeln, was bedeutet, dass die ungerechtfertigte Verhaftung von Gross der Castro-Diktatur einen bedeutenden Sieg verschafft hat."
Außenminister Bruno Rodríguez erzählte der New York Times die kubanische Version der Angelegenheit: "Ich sehe keinen Weg, wie wir eine Lösung für den Fall von Herrn Gross finden können, außer aus einem humanitären Blickwinkel auf der Basis von Gegenseitigkeit" ... "Ich glaube, dass es ein Fehler ist, eine Verbindung zwischen schwebenden bilateralen Angelegenheiten und einer humanitären Lösung im Fall von Herrn Gross herzustellen," sagte er und fügte später hinzu, "es ist nicht richtig ihn [den Fall Gross] mit politischen Angelegenheiten zu vermischen oder ihn auf die bilaterale Agenda zu setzen, die so schon ziemlich voll ist.
Die Familie von Alan Gross könnte von der erfolgreichen Kampagne für die Befreiung von Gilad Shalit lernen. Wie die New York Times berichtete, hat Shalits Familie jahrelang gegen die mangelnde Bereitschaft ihrer eigenen Regierung protestiert, auf eine Weise zu handeln, die zu einer realistischen Möglichkeit für die Befreiung ihres Sohnes führen könnte. Während der Zeit lebte die Familie monatelang in einem Zelt nahe der Residenz des Premierministers. Gross' Familie hat die umgekehrte Strategie verfolgt und sich in eine Reihe mit der Kampagne der US-Regierung gestellt, Druck gegen Kuba aufzubauen.
Während ich dachte, bilaterale Angelegenheiten verursachten den Stillstand, scheint es jetzt klar zu sein, dass der Schlüssel, der Alans Zellentür aufschließen könnte, Aktionen von Präsident Obama im Fall der Fünf ist. Nur Alans Familie und Freunde könnten den Präsidenten davon überzeugen, ihn zu benutzen.

John McAuliff

Fundus für Versöhnung und Entwicklung

Deutsch: ¡Basta Ya! (jmb, db)

(Quelle: http://realcuba.wordpress.com vom 25. Oktober 2011)

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