Ehefrau: Ehemann sei vor Kubareise beunruhigt gewesen

Von Jessica Gresko
Associated Press, 28. November 2011

Washington: Ein im Dezember 2009 in Kuba nach Überbringung von Kommunikationsausrüstung auf die Insel inhaftierter Amerikaner habe sich zuvor rückversichern wollen, ob dies legal sei, sei jedoch von seiner Handelsgesellschaft dazu angehalten worden, kubanische Beamte dazu nicht zu befragen, sagte seine Ehefrau am Montag.
"Wenn irgend etwas passiert, werden Sie innerhalb von zwei Tagen draußen sein. Keine Angst," sei ihrem Ehemann von einem Mitarbeiter der Firma mitgeteilt worden, als der seine Besorgnis wegen dieser Reise geäußert habe, sagte Judy Gross.
Der kommende Samstag ist der zweite Jahrestag der Verhaftung von Alan Gross, 62, in Kuba. Inzwischen ist der frühere Einwohner aus Maryland dazu verurteilt worden, 15 Jahre in einem kubanischen Gefängnis zu verbringen. Und sein Fall ist in den Gesprächen zwischen beiden Ländern, die keine diplomatischen Beziehungen mit einander pflegen, zum Knackpunkt geworden. Judy Gross sagte, sie habe im vergangenen Jahr zwei Mal gedacht, dass ihr Ehemann in die Vereinigten Staaten zurückkehren könne. Beide Male sei sie enttäuscht worden.
"Die Kubaner sagen einmal dies und am anderen Tag jenes und ändern ihre Meinung danach wieder," sagte Gross, die das Wohnhaus des Paares verkaufen musste und jetzt in Washington wohnt.
Gross habe kaum über die Situation ihres Ehemannes gesprochen, nur selten Interviews gegeben und darauf gewartet, bis der Fall ihres Ehemannes seinen Gang durch die kubanischen Gerichtsinstanzen gegangen sei. Sie engagierte einen prominenten Verteidiger aus Washington, der ihr wegen der Sensitivität des Falles und solange er noch vor kubanischen Gerichten verhandelt werde, davon abgeraten habe, viel darüber zu sprechen. Aber am Montag räumte sie ein, dass das Stillhalten "nicht funktioniert" habe.
Gross sagte in einem Interview, dass ihr Ehemann das Unternehmen, für das er gearbeitet habe, gebeten habe, sich mit der kubanischen Regierung in Verbindung zu setzen, um ihr seine Arbeit für den Internetzugang der kleinen jüdischen Gemeinde zu erklären. Doch die Handelsgesellschaft, die in Maryland ansässige Development Alternatives Inc., habe sich geweigert, mit kubanischen Beamten Kontakt aufzunehmen und habe es auch ihm verwehrt, zu jemandem anderen Kontakt aufzunehmen, sagte sie. Abgesehen davon sei ihm von einem Mitarbeiter gesagt worden, er solle sich nicht beunruhigen.
Steven O'Connor, ein Sprecher der DAI, sagte in einer Erklärung, dass Gross für das Unternehmen, das einen Vertrag mit der [US-] Regierung für den Aufbau von Demokratie auf der kommunistischen Insel hat, "diese Arbeit entworfen, vorgeschlagen und eingeführt" habe. Gross war ein Subunternehmer der Handelsgesellschaft, die bei der U.S. Agency for International Development unter Vertrag stand. Die Handelsgesellschaft möchte einige Missverständnisse um seine Arbeit ausräumen, schrieb O'Connor, doch "jetzt ist nicht der richtige Zeitpunkt dafür."
Judy Gross sagte, ihr Ehemann glaube, er sei von der Firma hinters Licht geführt worden, was O'Connor aber bestritt. Gross nannte sich selbst in einer von seinem Anwalt vorgetragenen Zeugenaussage vor dem kubanischen Gericht einen "gutgläubigen Dummkopf" und sagte: "Ich wurde hintergangen. Ich wurde benutzt."
Im März wurde der zweifache Vater in Kuba wegen Verbrechens gegen den kubanischen Staat zu 15 Jahren Gefängnis verurteilt. Sein letzter Berufungsantrag vor dem Obersten Gericht Kubas wurde im August abgelehnt, und die Erwartungen in einigen Vierteln, dass er, wenn erst der Berufungsprozess vorbei sei, freigelassen würde, erfüllten sich nie.
Nachfolgende Bemühungen seitens amerikanischer Beamter schlugen fehl.
Im September besuchte der frühere Gouverneur von Neu-Mexiko Bill Richardson Kuba und sagte gegenüber Reportern, er sei dazu eingeladen worden, um die Freilassung von Gross zu verhandeln. Doch Richardson's Bemühungen brachen zusammen, nachdem er Gross in einem Interview eine Geisel genannt hatte. Kubanische Beamte beschuldigten ihn daraufhin, sie erpressen zu wollen, und ließen ihn mit leeren Händen zurückkehren.
Gross sagte, viele ihrer "Hoffnungen wurden zerschmettert", als Richardson erfolglos war und dass er vor seiner Niederlage sehr zuversichtlich gewesen sei.
"Ich gebe nichts und niemandem die Schuld dafür, denn ich weiß eigentlich nicht, was passiert ist", sagte sie.
Wie verlautete, versuchten US-Beamte, auch um die Freilassung von Gross zu verhandeln, indem sie anboten, einen verurteilten Spion nach Kuba heimkehren zu lassen, doch Kuba schlug das Angebot aus. (1)
Gross sagte, sowohl sie als auch ihr Ehemann hätten nun weniger Hoffnung auf seine baldige Freilassung. Und sie sagte, sie sei beunruhigt, dass ein republikanischer Präsident, wenn Präsident Barack Obama nicht wieder gewählt würde, noch weniger bereit dazu sei, mit Kuba zusammenzuarbeiten, um seine Freilassung zu gewährleisten. Sie habe Obama dringend darum gebeten, eine Erklärung in dem Fall abzugeben, der gerade in dem Moment aufgetreten sei, als die Obama-Administration vorsichtige Schritte unternommen habe, um die jahrzehntelangen Spannungen zwischen den USA und Kuba zu mindern.
Zurzeit darf Alan Gross seine Ehefrau einmal in der Woche an jedem Freitag, anrufen. Judy Gross sagte, dass sie zuletzt vor einigen Tagen mit ihm gesprochen habe, und er habe "hoffnungsloser und deprimierter" geklungen als je zuvor. Er habe in Havannas Hochsicherheitsgefängnis Villa Marista über 100 Pfund abgenommen, nehme zwar jetzt wieder an Gewicht zu, wie sie sagte, nun bereite ihn aber die hinzugekommene Arthritis Schwierigkeiten beim Gehen.
Sie durfte ihn Anfang diesen Monats in Kuba besuchen - ihr dritter Besuch seit seiner Verhaftung. Sie sagte, sie habe ihm Schokolade und Chips, Fotos von seiner Familie und Ausgaben seines Lieblingsmagazins, The Economist, mitgebracht.
Am Montag schloss sich Judy Gross einer Demonstration von etwa einem Dutzend anderen an, die vor der Kubanischen Interessenvertretung im Nordwesten von Washington, die Kuba dort statt einer Botschaft unterhält, zur Freilassung ihres Ehemannes aufriefen. Die wöchentlichen Mahnwachen begannen im September. Die Demonstranten hätten versprochen, solange dort zu sein, bis Alan Gross zurückkehre.

(1) Es wurde angeboten, René González nach Verbüßung seiner Strafe nach Kuba ausreisen zu lassen. René war nie wegen Spionage, sondern nur als "nichtregistrierter ausländischer Agent" angeklagt und erhielt deswegen "nur" 15 Jahre. Fenando wurde als "nichtregistrierter ausländischer Agent" und wegen Passvergehens [er führte den Decknamen Rubén Campa] angeklagt und verurteilt. Die Anklage "Verschwörung, Spionage begehen zu wollen" wurde nur gegen Gerardo, Antonio und Ramón erhoben. Gerardo wurde zusätzlich noch wegen "Verschwörung, Mord begehen zu wollen" verurteilt. [Anm. d. Ü.]

Deutsch: ¡Basta Ya! (jmb)

(Quelle: Miami Herald vom 28. November 2011)

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