Von Stephen Kimber, 7. Januar 2012
(in "Sting of the Wasp")
Am 31. Dezember 2011 veröffentlichte die
Washington Post einen Leitartikel, der die Rückkehr von Alan Gross fordert, die eines zu 15 Jahren im kubanischen Gefängnis verurteilten Subunternehmers der amerikanischen Regierung, weil dieser auf illegalem Wege Telekommunikationsausrüstung nach Kuba gebracht hatte.
In dem Artikel behauptete die Post, Kuba sähe in Gross ein "potentielles Verhandlungsobjekt" zur Erreichung der Freilassung der Cuban Five, einer Gruppe kubanischer Geheimagenten, die wegen "Verschwörung zur Begehung" von Spionage zu harten Gefängnisstrafen verurteilt wurden.
"Es gibt keine Vergleichbarkeit zwischen der illegalen Spionage der Kubaner und dem Vertrag von Herrn Gross, weder moralisch noch sonst wie. Die fünf Kubaner wurden 2001 unter anderem wegen des Agierens als nicht registrierte ausländische Agenten und der Unterwanderung von US-Militäreinrichtungen in Südflorida zu langen Gefängnisstrafen verurteilt. Alle sind anerkannte Geheimdienstbeamte im Gegensatz zu Herrn Gross, ein verhinderter Humanist, der sich in der Falle der US-kubanischen Auseinandersetzung um die US-Bemühungen, eine bürgerliche Gesellschaft auf der Insel zu fördern, verfangen hatte."
René González, der einzige, der von den Fünfen aus dem Gefängnis entlassen wurde, - der aber zurzeit gezwungen wird, seine Bewährungszeit in den USA zu verbringen - hat eine schlagkräftige und sorgfältig durchdachte Antwort auf den Leitartikel geschrieben (siehe unten).
Er regt andere dazu an, den Leitartikel der Post zu lesen und ihre eigenen Leserbriefe (letters to the editor) zu schreiben, um auf die Ungenauigkeit dieses Werks hinzuweisen und die amerikanischen Medien dazu zu bringen, schließlich doch vollständig und fair über den Fall der Fünf zu berichten.
Von: René González
E-Mail-Adresse: aus Gründen persönlicher Sicherheit nicht genannt
Bezug: Ich bin einer der in dem Leitartikel erwähnten Cuban Five
Telefon-Nr.: aus persönlichen Sicherheitsgründen nicht genannt
Sehr geehrter Herausgeber,
Ihr Leitartikel zum Fall von Alan Gross - und nebenbei auch zu einem der Cuban Five - strotzt so von sachlichen Ungenauigkeiten, dass er nur - zumindest teilweise - durch den erstaunlichen Beschluss der amerikanischen Medien erklärt werden kann, nichts über den längsten "Spionage"-Prozess der Geschichte des Landes zu veröffentlichen, der in so harten Strafurteilen endete, die den Verdacht einer Gefahr für die USA nahe legen, von der jeder auf dem Planeten hätte wissen sollen. Ich werde sie nicht mit allen Ungenauigkeiten belasten und mich nur auf einige von ihnen beziehen.
Es ist wahr, dass es für Kuba illegal ist, sich mit dem Internet zu verbinden. Schließlich wird das ganze Land von der US-Regierung daran gehindert, das Unterwasserkabel anzuschließen, das gerade nördlich der Insel parallel zur kubanischen Küste verläuft. Es trübt die Glaubwürdigkeit, dass Washington Post in so einer simplen Angelegenheit nicht in der Lage sein sollte, die Wahrheit herauszufinden. Wenn die selbe Regierung, die der ganzen Insel den Internetzugang verbietet, dann eine geheime Operation anordnet, wonach entschieden wird, welche Kubaner das Privileg haben sollen, dieses Verbot zu umgehen, das er über die Bürgerschaft des Landes verhängt, kann kaum als von humanitärem Charakter betrachtet werden.
Dass die jüdische Gemeinde in Kuba irgend etwas mit der Operation zu tun gehabt hätte, ist die meist wiederholte Lüge der letzten zwei Jahre. Der Zynismus, die jüdische Karte in diesem Fall auszuspielen, liegt nicht an irgend einem kubanischen Offiziellen und ist die Grundlage der hauptsächlichen Desinformation in dieser Angelegenheit. Es wäre sicherlich auch für die Washington Post leicht gewesen, die Wahrheit herauszufinden, indem sie einfach die Leute kontaktiert, die Alan Gross im Gefängnis besucht haben und in dem Leitartikel zitiert werden. Die jüdischen Leiter und deren Gemeinden genießen jede Vergünstigung, wenn es um Kommunikation geht, die ein Land unter so vielen Beschränkungen auf diesem Gebiet ihnen geben kann.
Lange vor der Verhaftung von Herrn Gross haben die Arbeitsgruppe für Willkürliche Inhaftierungen der Menschenrechtskommission der Vereinten Nationen, Amnesty International, mehr als Hundert britische MPs, zehn Nobelpreisträger, der gesamte mexikanische Senat, 56 kanadische MPs und Tausende Persönlichkeiten, politische und zivile Organisationen aus aller Welt ein Ende der rachsüchtigen und willkürlichen Behandlung der Fünf gefordert. Jedes Nachrichtenmagazin einschließlich der Post, hätte einfach die Entscheidung des Berufungsgerichts des 11. Bezirks - vom 5.August 2005 - lesen können, in der die Terrorakte gegen Kuba, die wir beobachtet haben, aufgezählt werden, um zu erklären, warum uns so viele Menschen unterstützen.
Das erklärt auch, warum ich Ihnen nicht meine Adresse oder Telefonnummer geben kann. Schließlich hat die Staatsanwaltschaft während meiner Urteilsverkündung die Richterin gebeten - und sie hat das bewilligt - dass "dem Angeklagten verboten wird sich mit Terroristen zu verbünden oder Orte aufzusuchen, von denen bekannt ist, dass sich dort Terroristen, die Gewalt anwenden, und organisierte kriminelle Gestalten treffen". Nichtsdestotrotz vergaßen sie, mir den gleichen Schutz vor den Terroristen anzubieten, die jede Freiheit besitzen, mir aufzulauern, wenn sie nur meinen Aufenthaltsort wüssten.
Manchmal haben böse Taten unerwartete Konsequenzen, und das geschieht jetzt. Jeder derjenigen, die beschlossen, ihren Hass auf die kubanische Regierung über uns Fünf auszuschütten, hat jetzt die selbe Regierung in eine Position gebracht, die es ihr unmöglich macht, die gleiche Großzügigkeit walten zu lassen, die - nur um ein Beispiel zu nennen - auf die Invasoren in der Schweinebucht angewendet wurde. Ich habe persönlich nichts gegen Herrn Gross und wünsche ihm alles Gute, aber es ist nicht weise - wie in dem Leitartikel vorgeschlagen wird - zu glauben, dass die ständige Wiederholung der selben Arroganz und Lügen, irgend etwas Gutes für ihn bewirkt. Diese Logik sollte aufgegeben werden, je eher desto besser für unsere beiden Völker.
Mit allem Respekt weise ich darauf hin, dass noch Zeit für die Post ist, diese Materie seriös zu behandeln. Eröffnen Sie eine echte Debatte über all' diese Angelegenheiten, und gehen Sie nicht weiter auf diesem ausgetretenen Weg, der nirgendwo hinführt.
In der Bibel heißt es "die Wahrheit wird dich befreien". Das könnte heute auf Herrn Gross zutreffen.
Respektvoll,
René González
(Quelle:
Sting of the Wasp vom 7. Januar 2012)
Deutsch: ¡Basta Ya! (jmb, db)