Counterpunch, Wochenendausgabe, 25.-27. Mai 2012

Alan Gross und die freie Presse

Lesen Reporter überhaupt?

Von Saul Landau

Vor kaum 3 Jahren verhafteten kubanische Behörden Alan Gross, der für ein fast 600.000 $ Vertragshonorar von DAI [Development Agency Inc.] ein USAID-Programm in Kuba ausrichten sollte.

Bei seinem Prozess in Havanna konnte Gross seine von den kubanischen Behörden vorgetragenen Reisereports anhören, die enthüllten, wie er eine zuvor ausgewählte Gruppe von meist jüdischen Kubanern mit hoch entwickelter illegaler Technologie ausgestattet habe.
Gross schmuggelte sie teilweise "Stück für Stück in Rucksäcken und Reisetaschen nach Kuba." Dazu gehörten "Laptops, Smartphones, Computerlaufwerke und Netzwerkausrüstung," schrieb Desmond Butler. "Der heikelste Posten war laut den offiziellen Reisereports ... ein spezialisierter Mobiltelefon-Chip, von dem die Experten sagen, er werde meistens vom Pentagon und der CIA genutzt, um Satellitentelefonsignale praktisch unauffindbar zu machen."

Mit der ausgeklügelten SIM-Card von Gross konnte die Gruppe auch die Signalspur verwischen.
Seine Geheimhaltungspflicht bestand jedoch nicht darin zu verhindern, dass kubanische Beamte Kenntnis von Matzenbrotrezepten erhielten.
Die US-Agentur für Internationale Entwicklung sponserte die Operation im Rahmen ihres "Demokratieförderungsplans, um wirtschaftliche, entwicklungsfördernde und humanitäre Hilfe in aller Welt zur Unterstützung der außenpolitischen US-Ziele zu liefern. Gross betrachtete sich jedoch als Mitglied einer jüdisch-humanitären Gruppe und nicht als Vertreter der US-Regierung."
Am 11. Mai 2012, fast drei Monate, nachdem Butlers Artikel erschien, beantwortete die Pressesprecherin des State Department, Viktoria Nuland, folgende Fragen:

"Gestern sagte Josefina Vidal, eine kubanische Beamtin [auf CNN]..., dass sie der US-Regierung eine Art Verhandlungsangebot zur Freilassung von Alan Gross übermittelt hätten. Gibt es überhaupt eine Verhandlungsmöglichkeit an dieser Front?"
Nuland: "Greifen Sie auf das Interview zurück, das Außenministerin Clinton CNN gegeben hat... Es gibt keine Entsprechung... zu in den USA verurteilten Spionen [in den 1990ern infiltrierten kubanische Agenten terroristische Exilgruppen in Miami, um deren Terrorismus in Kuba zu beenden. Die Agenten übermittelten ihre Information über Havanna an das FBI, das sie verhaftete, nachdem es jahrelang ihre Daten genutzt hatte. 2001 verurteilte sie eine Jury und eine Richterin legte ihnen drakonische Gefängnisstrafen auf] und... einem Entwicklungshelfer, der vor allen Dingen niemals hätte weggesperrt werden dürfen."

Hatte sie Butler's Artikel nicht gelesen?

"Daher erwägen wir keinerlei Freilassung der Cuban Five, und wir erwägen keinerlei Handel. Die fortgesetzte Inhaftierung von Alan Gross ist beklagenswert, sie ist falsch und ein Affront gegen den menschlichen Anstand. Und die kubanische Regierung muss das Richtige tun."

Frage: "Warum ist es in Ordnung, mit den Taliban über Verhandlungen zu reden, nicht aber mit den Kubanern, wenn es um einen US-Bürger geht, der bei schlechter Gesundheit ist?"
Ms. Nuland: "Es gibt keine Gleichwertigkeit dieser Situationen, und die kubanische Regierung weiß es.

Hier handelt es sich um eine eingesetzte Regierung [die Taliban regierten Afghanistan, bevor US-Truppen 2001 einmarschierten], die einen Entwicklungshelfer auf keiner Basis oder was auch immer einsperrte. ... Ich glaube, unsere Ansicht ist, er hat nichts Falsches getan."
Indem es die Fakten in Butlers AP-Geschichte ignoriert, behauptet das Außenministerium, Gross habe Labtops und übliche Computerausrüstung verteilt, um der jüdischen Gemeinde zum Zugriff auf das Internet zu verhelfen.

La Alborada berichtet dagegen, dass Gross dabei gewesen sei, eine Infrastruktur für ein verschlüsseltes Satelliten-Kommunikations-System einzurichten, um in Kuba Unruhe zu stiften und US-Kontrolleuren zu erlauben, "Demokratie" aufzubauen. "Gross als ihr Experte diente nur zur Verschleierung, da er als Jude und aktiver Unterstützer von B'nai B'rith (1) als eine Art jüdischer Nikolaus für benachteiligte Kubaner seiner Religion präsentiert werden konnte."

Kuba hat Gross nicht wegen des Versuchs verhaftet, "Juden zu helfen, ihre religiösen und kulturellen Informationen auszutauschen; er sitzt im Gefängnis als Agent einer ausländischen Regierung in einem Programm mit der Intension, die Regierung Kubas zu destabilisieren..."

Wozu haben wir eine Presse, wenn die Regierung sie nicht liest oder sich darauf bezieht? Sogar Reporter ignorieren sie. Wolf Blitzer täuschte entweder Ignoranz vor, oder er war nicht informiert, als er Hillary Clinton und Alan Gross interviewte.

Aber Desmond Butler hat Gross' Reiseberichte gelesen, wie auch "USAID-Beamte, [die] laut DAI-Sprecher Steven O'Connor regelmäßig kurze Zusammenfassungen seiner Fortschritte erhielten."

Butler zeigt auf, wie Gross, um Überprüfungen am Flughafen zu vermeiden, andere amerikanische Juden anwarb, elektronische Geräte Stück für Stück einzuführen. Er instruierte seine Helfer [Juden auf religiösen Reisen nach Kuba] die Gegenstände, einige davon sind in Kuba verboten, im Handgepäck und nicht in kontrollierten Koffern mitzuführen."

In ihrer Pressekonferenz vom 11. Mai weist Nuland "die Anklagen gegen ihn und die Tatsache, dass er ohne jeden Grund eingesperrt wurde, kategorisch zurück". Sie hat außerdem vergessen, die Erklärung von Judy Gross - seiner Frau - an einen Fernsehreporter zu lesen: "Wir wissen jetzt, dass er [Alan] kubanische Gesetze gebrochen hat. Er wusste es nicht, bevor er nach Kuba kam und wurde verhaftet.

Liebe Judy,

bitte schicken Sie eine Kopie Ihres Interviews an die Außenministerin Clinton, Präsident Obama und ihren Pressesprecher. Dann halten sie vor dem Weißen Haus und dem Außenministerium auf gut Glück den Schlüsselsatz "Alan hat kubanisches Gesetz gebrochen" hoch, vielleicht nimmt ja jemand Notiz davon.

Viel Glück, Saul.

(1) Wikipedia: B'nai B'rith (Hebräisch, "Söhne des Bundes"), auch Bnai Brith oder im deutschsprachigen Raum (bis zur Zeit des Nationalsozialismus) Unabhängiger Orden Bne Briss (U.O.B.B.) oder Bnei Briß genannt, ist eine jüdische Organisation, die im Jahre 1843 in New York als geheime Loge von zwölf jüdischen Einwanderern aus Deutschland gegründet wurde und sich laut Selbstdarstellung der Förderung von Toleranz, Humanität und Wohlfahrt widmet. Ein weiteres Ziel von B'nai B'rith ist die Aufklärung über das Judentum und die Erziehung innerhalb des Judentums. Zurzeit gibt es rund 500.000 organisierte Mitglieder in ungefähr 60 Staaten. Damit ist B'nai B'rith eine der größten jüdischen internationalen Vereinigungen. Das Veröffentlichungsorgan ist die B'nai B'rith International Jewish Monthly.

Deutsch: ¡Basta Ya! (jmb, db)

(Quelle: CounterPunch vom 25. - 27. Mai 2012)

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