Familienmensch findet als Gefangener die Worte, um seine Frau und Tochter in sein neues Land zu holen

Von Stephen Kimber (Buchausschnitt: "The Cuban Five")

Anmerkung des Herausgebers: Wir neigen dazu, bei einem Geheimagenten zu vergessen, dass seine Welt wirklich geheim ist. Er kann selbst seiner Familie oder seinen engsten Freunden nicht sagen, was er tut. Als René González 1990 ein Flugzeug "stahl und zum Feind," den USA "überlief", sagten die kubanischen Behörden Olga, er sei ein Verräter. Es bedurfte vier Jahre des Flehens und Schmeichelns, noch ohne ihr die volle Wahrheit zu sagen, bevor René sie zurück gewinnen konnte.

Zu Ehren von René González' endgültiger Rückkehr im vergangenen Monat nach Kuba und des Muttertages ist hier ein Ausschnitt aus meinem bald erscheinenden Buch, "What Lies Across the Waters", about the Cuban Five, five intelligence agents Cuba sent to Miami to infiltrate the anti-Castro groups to bring down the Cuban government ["Was jenseits des Wassers liegt", über die fünf Kubaner, fünf Geheimagenten, die Kuba nach Miami schickte, um die Anti-Castro-Gruppen, die versuchten die Kubanische Regierung zu stürzen, zu infiltrieren. Anm. d. Ü.]

Miami, 24. Mai 1994

René González schaute wieder auf das, was er gerade geschrieben hatte. Seit er sich abgesetzt hatte, waren jetzt drei Jahre, fünf Monate und 16 Tage vergangen, seit er Olga und seine Tochter Irma zum letzten Mal gesehen hatte. Trotz der inzwischen vergangenen Zeit konnte René immer noch den regelrechten Stich infolge des ersten Briefs spüren, den Olga ihm geschrieben hatte. Der hatte ihn einen Monat, nachdem er in den Vereinigten Staaten angekommen war, erreicht.
Er war gerade für einen Wochenendbesuch in Miami gewesen, da rief ihn seine Großmutter aus Sarasota an: "Du hast einen Brief," sagte sie, "von Olga." René eilte zurück - aufgeregt, neugierig riss er den Brief auf und... fühlte sich "zerrissen". "Ich wünsche Dir für die Zukunft Glück," hatte Olga geschrieben, "aber die wird ohne mich sein."
In der darauf folgenden Woche lief er ziellos umher "wie ein Zombie," und versuchte sich darüber klar zu werden, was das bedeutete. Auf der einen Seite, der Teil von ihm, der bereitwillig in die Vereinigten Staaten gekommen war, um eine patriotische Mission für sein Heimatland auszuführen, war René stolz auf ihre "höchst würdevolle, bewegende und starke Antwort auf mein Überlaufen." Er hatte nichts anderes erwartet. Aber auf der anderen Seite, der Teil, der seine Frau schmerzlich vermisste, der Teil, der seine kleine Tochter in seiner Nähe aufwachsen sehen wollte, da war er am Boden zerstört.
Schließlich sorgten die Ereignisse und Renés Beharrlichkeit - und natürlich der Umstand, dass sie den Mann, den sie geheiratet hatte, tatsächlich immer noch liebte und vermisste - dafür, dass sie umfiel. Olga gab schließlich nach. René beantragte ein US-Einreisevisum für sie, um sie nach Florida zu holen.
Doch René hatte sich [inzwischen] geweigert aufzugeben. Das war nicht seine Art. Selbst während er auf der Suche nach einem Job mehrere Gelegenheitsarbeiten durchlaufen hatte, um ein Auto, einen Wohnort, andere dabei behilfliche Exilanten zu finden, sich Anti-Castro-Gruppen anzuschließen, für ein Jahr als Dachdecker nach Hurricane Andrew in Florida zu arbeiten, um Geld für den Erwerb seiner Fluglehrer-Lizenz zu verdienen und er auf freiwilliger Basis bei José Basultos "Brothers to the Rescue" arbeitete und versuchte, seine eigene Flugschule aufzubauen, schrieb er weiter, fuhr fort, Olga durch die Anrufe über Freunde bei ihr, um Vergebung zu bitten, dies alles für die Chance, seine Familie wieder vereinen zu können.
Seine Sache erfuhr Unterstützung - aus Versehen und durch Unglücksfälle - durch Ereignisse, die sich zu Hause ergaben. Nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion brach Kubas Wirtschaft zusammen. Es gab Verknappung von allem, angefangen von Strom bis zu Nahrung. Die Bevölkerung hungerte buchstäblich. Olga selbst berichtete, dass ihr Haus ausgeraubt und alles von Wert gestohlen worden war.
Um die Sache noch schlimmer zu machen, fingen die Nachbarn an über Renés "Verrat" zu tratschen, manchmal laut und zugespitzt. Irma war alt genug, um Fragen zu stellen, sodass Olga beschloss, in eine kleinere Wohnung in einem anderen Stadtteil von Havanna näher bei ihren Eltern zu ziehen. Aber dann brachen die Treppen dieses Gebäudes zusammen, und sie mussten in eine Notunterkunft umziehen.
Schließlich stimmten die Ereignisse und Renés Hartnäckigkeit - und natürlich die Tatsache, dass sie den Mann, den sie geheiratet hatte, immer noch liebte und vermisste - Olga um. Olga gab schließlich nach. René beantragte bei der US-Einwanderungsbehörde ein Visum, um sie und Irma nach Florida zu holen.
"Apropos," schrieb er aufgeräumt, "ich weiß nicht, ob ich Dir schon erzählt habe, dass ich eine Eingangsbestätigung von der Einwanderungsbehörde bekommen habe... Sie sagen, dass die Bearbeitung zwischen 90 und 120 Tage dauern könnte. Ich stelle mir vor, dass sie innerhalb dieser Zeit bereits eine Verabredung mit Dir in der US-Interessenvertretung in Havanna treffen werden, um zu sehen, ob Du dieselbe bist, wie die auf dem Foto, das ich beigelegt habe... Es ist mir schwer gefallen, dieses Foto wegzugeben, aber es war das einzige, das mehr oder weniger ihren Ansprüchen genügte. Nebenbei glaube ich, dass es angenehmer ist, einer Frau, die so hübsch ist wie Du, ein Visum auszustellen, als irgendeiner anderen Frau. Egal, ich entschied, ein so schönes Foto zu opfern, wenn ich dafür das Original bekomme, das noch hübscher ist. Wenn Du erst einmal hier bist, kann ich Hunderte Fotos von Dir machen."
"Was mich betrifft," fährt er in dem gleichen euphorischen Plauderton fort, "mir geht es gut. Wie Du bereits wissen musst, bin ich zurück aus Mexiko... Wenn alles so klappt, wie ich hoffe, dann glaube ich, kann ich ein Stück davon bekommen, was ich in der Hinterhand habe, um Geld zu verdienen... Mit ungefähr zehn Flugschülern, kann ich mir eines guten Verdienstes sicher sein und bin vorbereitet, wenn ihr alle ankommt."
Er sprang von einem Thema aufs andere. Seine Großmutter müsse wegen der Erkrankung ihres Ehemannes ihre geplante Reise nach Kuba verschieben, schrieb er.
"Apropos Reisen nach Kuba, ich habe darüber nachgedacht, was eine Alternative für Dich sein könnte. Diejenigen, die Kuba legal verlassen, dürfen ein Jahr nach ihrer Ausreise nach Kuba zurück. Das heißt, wenn Du erst einmal ein Jahr hier bist, kannst Du dorthin Besuche machen, wann immer Du willst. Unglücklicherweise," fügte er hinzu, "kann ich nicht mit Dir kommen, weil sie mich in Stücke reißen würden, wenn ich mich dort zeigte.
Gut, Tuti, ich verabschiede mich, um einen Brief an Deine Schwiegermutter und einen an Deine Tochter zu schreiben... Versäume nicht, mir Bescheid zu sagen, wenn sie Dich in die Interessenvertretung rufen, damit ich weiß, dass es reibungslos voran geht."
Natürlich konnte René González seiner Ehefrau immer noch nicht die Wahrheit darüber sagen, was er wirklich in den Vereinigten Staaten tat. Wenn doch nur.
Im Dezember 1996 trafen sich Olga und Irma mit René in Miami, wo später Ivette geboren werden sollte. Im September 1998 wurde René verhaftet und Olga [nach dem sie drei Monate im Gefängnis gesessen hatte - Anm. d. Ü.] nach Kuba ausgewiesen [im September 2000 - Anm. d. Ü]. Während seiner 15 Jahre im Gefängnis wurde ihr nie ein Besuchsvisum in die USA ausgestellt.

Deutsch: ¡Basta Ya! (jmb, db)

(Quelle: Realcuba's Blog vom 14. Mai 2013)

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