CounterPunch, 19.-21. Juli 2013

Stephen Kimbers "What lies Across the Water" [Was jenseits des Wassers liegt]

Die wahre Geschichte der Cuban Five

Von W. T. Whitney

Die Publikation von "What Lies Across the Water", Stephen Kimbers Buch über kubanische Antiterroristen, die wild überzogene Strafurteile in US-Gefängnissen verbüßen, ist ein beachtenswertes Ereignis. Gerade erst als E-Book erschienen, ist es das erste in voller Länge veröffentlichte Buch über die so genannten Cuban Five. Sie wurden am 12. September 1998 in Miami verhaftet, und eine zu ihren Gunsten weltweite Bewegung fordert ihre Freiheit. Viele sehen sie als politische Gefangene.
Auf umfassende und überzeugende Art erklärt das Buch, wie es zu Verhaftung, Gerichtsverfahren und Gefängnisstrafe von Gerardo Hernández, Antonio Guerrero, Ramón Labañino, Fernando González und René González kam. Die vorurteilsträchtige Berichterstattung und Fehlurteile, die ihre Strafverfolgung und ihren Prozess beschädigte, ist angemessen, aber weniger detailliert dargestellt. Kimber widmet seine Aufmerksamkeit mehr den Ereignissen und Persönlichkeiten, die die Fünf beeinflussten, als den früheren antikubanischen Terroranschlägen und der Kubanischen Revolution.
Der Professor für Journalismus Kimber (an der kanadischen Universität "King’s College" in Halifax, Nova Scotia) bezog sich auf die Nachrichtenberichterstattung in Florida, Zentralamerika und der kubanischen Medien und las 20.000 Seiten von Gerichtsprotokollen. Er interviewte Beamte und Kontakte in Florida, Kuba und anderswo sowie Familienmitglieder der Fünf und über Korrespondenz mit ihnen die Gefangenen selbst. Die klare, flüssige und oft ergreifende und sogar unterhaltsame Erzählweise des Autors ist ein zusätzliches Plus. Das Buch ist hoch empfehlenswert.
Kimber beginnt mit dem Geständnis, ursprünglich kein Experte des Falls gewesen zu sein. Er wollte einen Roman schreiben, der mit Kuba zu tun hatte. Dann sagte ihm ein kubanischer Freund mit politischer und geheimdienstlicher Erfahrung, dass "nichts zwischen Washington und Havanna wirklich gelöst werden kann, bis sie (die Fünf) zurück in Kuba sind." Also, begann Kimber, statt einen Roman zu schreiben, an einer Geschichte zu arbeiten, von der er bemerkt hatte, dass sie wichtig war und dass sie "von jemandem erzählt werden müsste, der noch nicht weiß, welche Version wahr ist."
Die Art, wie Kimbers Bericht sich entfaltet, dient der Hervorhebung der verwickelten Verbindungen in dem Fall aufgrund der Erlebnisse der Gefangenen und der Hervorhebung des facettenreichen US-Apparates zum Sturz der Kubanischen Revolution. Unerbittliche, unaufhörliche US-Feindschaft bereitet die Bühne für Verschleierung, Widersprüche, Intrigen, Doppeldeutigkeiten und seltsame Wendungen. Für Kimber war die daraus entstehende Atmosphäre eine, in der "Nichts so zu sein scheint, wie es auch immer erscheint."
Zum Beispiel bestand Kubas "Wespennetzwerk" aus mindestens 22 Agenten, nicht nur aus den Cuban Five, wie es oft angenommen wird. Agenten wurden innerhalb der gesamten Vereinigten Staaten positioniert, weg von Florida. Einige der 1998 Verhafteten bekannten sich schuldig und verbüßten nur kurze Strafurteile. Kubanische Agenten dienten als FBI-Informanten. Weit entfernt davon ausschließlich für die Überwachung privater paramilitärischer Gruppen zu arbeiten, wie viele annehmen, sammelte einer der Cuban-Five-Agenten nicht als geheim eingestufte Information von einer US-Militäreinrichtung. Seit Jahren hatte das FBI die Bewegungen, Kontakte und Kommunikation der Fünf und anderer Agenten beobachtet. Die "Cuban American National Foundation" (CANF) [Kubanisch-Amerikanische Nationalstiftung], Liebling der US-Präsidenten, erklärtermaßen gewaltfrei, unterhielt aber einen paramilitärischen Flügel. Sogar der Miami Herald, beschimpft von Kuba-Solidaritäts-Aktivisten, punktet durch seinen Reporter Juan Tamayo, der die Bombenanschläge auf Hotels in Havanna mit dem kubanischen Terroristen im Exil Luís Posada in Verbindung bringt.
Das Buch bestätigt die Schwierigkeiten beim Sammeln von Aufklärungsmaterial inmitten des alles andere als offenen Krieges der USA gegen Kuba. Die kubanischen Agenten waren gut vorbereitet, und diensthöhere Offiziere betreuten sie eng. "Aufgeteilt" waren sie normalerweise nicht in der Lage, andere Agenten in den Vereinigten Staaten zu identifizieren. Sie waren abhängig von fortgeschrittenen technischen Fähigkeiten, der Unterstützung ihrer Lieben, Furchtlosigkeit, ihrem eigenen Einfallsreichtum, der sensiblen Erfassung gefährlicher Situationen und sehr harter Arbeit.
Kimbers "What Lies across the Water" besitzt das Potenzial, eine neue Denkweise über den Fall der Fünf anzuregen. Die Informationen, die es liefert, und der auf Fakten beruhende Stil der Präsentation sollte, wie es scheint, die Leser überzeugen, das Schicksal der Gefangenen als eine Art von Geschichte mit einer moralischen Botschaft, mit einer Überreaktion der USA, mit revolutionärer Rechtschaffenheit und des Leids der Gefangenen zu sehen. Das Buch ermutigt sie, statt eine Antwort zu entwickeln mittels der Erörterung des größeren Kontextes der allgemeinen Schikanierung Kubas durch die USA. Das Buch mag darin Erfolg haben oder nicht, aber es ist in jeder Hinsicht wichtig es zu lesen, ob man mit dem Fall der Fünf vertraut ist oder nicht.
Das Buch liefert einen Aufruf durch die wirksame Schilderung von so weit vom Normalen entfernten Charakteren, mit so bizarren Absichten, die fast unglaublich sind. Sie schließen ein: den kubanischen Agenten Percy Alvarado Godoy, der jahrelang die CANF infiltrierte, die Terrorbosse Orlando Bosch und Luís Posada, den opportunistischen Leiter der "Brothers to the Rescue" José Basulto und sogar den Literaturnobelpreisträger Gabriel García Marquez, Botschaftsüberbringer an das Weiße Haus unter Clinton. Es gibt den auffälligen Wasp-Agenten, untreuen Ehemann und FBI-Informanten Juan Pablo Roque, der nach Kuba zurückkehrte, den CANF-Gründer und Titan in Miami Jorge Mas Canosa und nicht zuletzt Francisco Avila Azcuy. Dieser FBI-Informant, 13 Jahre lang kubanischer Spion und Chef von Miamis Privatarmee Alpha 66 war ungewöhnlich, sogar in einem Szenario, in dem Doppelagenten Routine waren und zweifellos auch noch sind.
Dieses Buch erzählt die tragische Geschichte der Cuban Five. Aber es gibt Hoffnung, dass es auch hilft, die Energien gerechtigkeitssuchender Aktivisten neu zu mobilisieren, sich dem notwendigen Kampf anzuschließen oder erneut anzuschließen. Ihre Aufgabe ist es, die Jahrhunderte lange US-Kampagne, die karibische Insel dominieren zu wollen, anzugreifen. Die gegenwärtige Agenda enthält die Beendigung der US-Wirtschaftsblockade, die Beendigung der Kampagnen interner Subversion und internationaler Isolation und die Befreiung der Cuban Five.

W. T. Whitney Jr. ist ein pensionierter Kinderarzt und politischer Journalist und lebt in Maine.

Deutsch: ¡Basta Ya! (jmb, db)

(Quelle: CounterPunch vom 19.-21. Juli 2013)

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