Fernando González beantwortet Fragen kubanischer "Blogger"

1) Könntest Du die fünf Wörter nennen, die Dir in diesen Jahren der unrechtmäßigen Gefangenschaft am häufigsten durch den Kopf gingen? Ich wünschte, Du könntest zu einem oder allen etwas näher ausführen:
Kuba, Familie, Dankbarkeit, Kampf, Freiheit?

2) Dies wird Dein letzter Valentinstag hinter Gittern und ohne Deine [Ehefrau] Rosa sein. Was hast Du als nächstes geplant, wenn Du endlich in der Lage bist, die Zeit in den Armen Deiner Familie zu verbringen?

Vielen Dank für Deine Fragen zu den menschlichen Aspekten und unseren Gefühlen, denn es hilft den Lesern, uns besser als menschliche Wesen zu verstehen. Jetzt, da der Tag meiner Entlassung aus dem Gefängnis und die Rückkehr nach Kuba nach so vielen Jahren des eingelocht seins [quasi] nur an der nächsten Ecke auf mich wartet, ist es schwer, daran zu denken, wie es sein könnte, so einen herausragenden Tag, der noch so weit weg ist, zu verbringen. Mir kommt während meiner letzten Stunden im Gefängnis vieles zu den Erfahrungen, die ich in den kommenden Tagen durchleben werde, in den Sinn, alle werden sicher ganz intensiv sein. Es gibt eine Menge Fragezeichen in einer langen Liste von Wünschen, die darauf warten, wahr zu werden, was es erschwert, schon jetzt für einen so fernen Tag zu planen wie den 14. Februar 2015. Auch wenn meine Antwort nicht die ist, die Du Dir gewünscht oder die Du erwartet hättest, weiß ich, dass Du es verstehen wirst. Aber da ich ein ganzes Jahr habe, um darüber nachzudenken, wie ich diesen Tag feiern werde, kann ich Dir versichern, dass ich mein Bestes dafür tun würde, ihn zu etwas sehr Besonderem werden zu lassen. Das habe ich schon beschlossen.

3) Wenn Du mit Präsident Barack Obama sprechen könntest, was würdest Du ihm über Deinen Fall und den Deiner Kameraden erzählen?

Meine Grüße an Iroel Sánchez, dessen Werke und andere Beiträge, die auf "La Pupila Insomne" veröffentlicht werden, ich regelmäßig lese. Ich halte ihn für einen sehr guten Blog mit sehr guten Arbeiten und einem wichtigen Beitrag auf dem Feld des Kampfes der Ideen und Informationen.
Wenn ich mit dem Präsidenten sprechen könnte, würde ich seine Kompetenz als früherer Professor für Verfassungsrecht ansprechen und ihn bitten, einen vorurteilsfreien Blick auf die Hinweise zu unserem Fall zu werfen und auf die Sichtweise, in der sich renommierte US- und ausländische Juristen dazu geäußert haben und die Amicus Briefs der über zehn Nobelpreisträger unvoreingenommen zu lesen, die beim Obersten Gerichtshof eingereicht worden waren, und zu versuchen, es als ehemaliger Gemeindeaktivist zu tun, das heißt, eine unparteiische Bewertung der kubanischen Lebensrealität vorzunehmen, wobei ich überzeugt davon bin, dass er dann sehen würde, dass viele Probleme, an deren Lösung er in seinen jungen Jahren so hart auf den Straßen Chicagos gearbeitet hatte, dort schon gelöst worden sind. Er würde sehen, wie schwer unser Volk dafür arbeitet, eine gerechtere Gesellschaft als je zuvor zu haben und zu realisieren, dass es das ist, was die Fünf verteidigt haben.
Ich würde ihm als einem Politiker sagen, dass er einen Rückblick auf die Geschichte halten sollte, eben die Geschichte, die er uns oft vergessen machen möchte und sich anzusehen, womit Kuba in über 50 Jahren der Aggression größtenteils gezwungen war, sich zu beschäftigen, nämlich den vielen in Miami organisierten gewaltsamen Anschlägen, ohne irgend eine Aktion vonseiten der für deren Verhinderung verantwortlichen Behörden. Daraus folgte die Notwendigkeit für die Handlungen der Fünf.
Er möge seine eigenen Schlüsse aus diesen drei Blickwinkeln auf die Sache ziehen und, wenn er es schaffte, dies auf objektive Weise zu tun, wäre ich sicher, dass die Vier von uns am nächsten Tag René nach Havanna folgen würden.

4) Fernando, Du hattest die Ehre, als Internationalist an dem Kampf für Angolas Unabhängigkeit teilzunehmen, was Afrika half, sich zu entkolonisieren und die Apartheid zu beenden. Gibt es irgend eine Erfahrung daraus, die Du uns Bloggern mitteilen könntest?

Meine Teilnahme am angolanischen Krieg war ein Wendepunkt in meiner persönlichen Entwicklung.
Ich war damals erst 24 und kam frisch von der Universität. Es war 1987 und 1989 während der Schlacht von Cuito Cuanavale, an der ich nicht teilgenommen hatte. Aber ich bekam einen Vorgeschmack von dem Anmarsch der kubanischen und angolanischen im Südwesten eingesetzten Truppen auf die namibische Grenze.
Ich hatte das Privileg, zu dem in Cahama stationierten Generalstab der südlichen Armee ernannt worden und Zeuge der Moral der Kubaner und Angolaner zu sein, die an dem Vormarsch auf die Südgrenze teilnahmen, was das bisherige Gleichgewicht zugunsten des Sieges kippen ließ und in Verbindung mit dem Standort, den sie in Cuito Cuanavale einnahmen, das Ende des Krieges brachte, Namibias Unabhängigkeit sicherstellte und, wie Mandela es anerkannte, der Apartheid in Südafrika ein Ende bereitete.
Von da ging ich nach Lubango, wohin die Truppen abgezogen worden waren, um sich der dort eingeteilten Task Force anzuschließen und arbeitete mit den Kameraden der FAPLA in deren Generalstab. Es war eine sehr bereichernde Erfahrung, jeden Tag mit ihnen zusammen zu sein und die Atmosphäre der Kameradschaft und den Kampfgeist, von dem wir alle durchdrungen waren, zu erleben.
Ich gehörte zu der ehrenhaften Abteilung unserer siegreichen Truppen, und einer der aufregendsten Momente, die ich je durchlebte, war, auf welche Weise unser Volk uns begrüßte, als wir wieder zu Hause ankamen.
Es war für mich sehr aufschlussreich zu sehen, wie ein ganzes unter Kolonialismus leidendes Volk um seine Unabhängigkeit kämpfte und dass wir einen Teil dazu beitragen konnten, ihm in seiner gewaltigen Anstrengung dabei voranzukommen, zu helfen. Ich sah auch die Auswirkungen jahrhundertelangen Kolonialismus’ mit eigenen Augen und unter welcher Rückständigkeit und Unterentwicklung Angola dadurch zu leiden hatte sowie die Folgen der ihm von außen aufgedrängten zehn Kriegsjahre. Ich lernte aus dieser Erfahrung mehr als aus all’ den Büchern, die ich je über Kapitalismus und die Konsequenzen der Kolonisation gelesen hatte.
Es war schön und lehrreich, den Widerstand der Angolaner und ihr Bemühen zu sehen weiterzumachen und ihr Land den Streitkräften der Namibia SWAPO anzubieten, die für ihre Unabhängigkeit kämpften.
(Respuesta sobre el terria a una entrevista anterior) [Eine Antwort aus einem vorherigen Interview über das Land]:
Angola war ein großer Meilenstein in meinem Leben. Ich lernte von den Kubanern und Angolanern um mich herum viele Dinge, von ihrer Kameradschaft und Solidarität unter schwierigen Bedingungen, von ihrer Geradlinigkeit und ihren gemeinschaftlichen Unternehmungen trotz der kulturellen Barrieren, aus der Art, wie wir von einander und aus unseren Unterschieden lernen konnten.
Ich war damals 24 bzw. 25, aber die meisten kubanischen Soldaten und viele in der angolanischen Truppe waren sogar noch jünger als ich. Viele der Kubaner, die ich in diesen zwei Jahren dort sah hatten die physischen und psychischen Eigenschaften von Jugendlichen, kaum aus dem Teenager-Alter herausgewachsen, die durch die Esse aus Disziplin, Verantwortungs- und revolutionärem Bewusstsein umgeschmiedet wurden, und ich ging durch den gleichen Reifeprozess.
Ich hatte als Stadtjunge gerade meinen Universitätsabschluss und dachte die Welt gehört mir. Aber dort lernte ich von Kubanern wie auch Angolanern, es gehört mehr zu jemandes Charakterbildung als nur eine Ausbildung, und Dinge wie menschliche Empfindsamkeit und Solidarität sind nicht weniger wichtig, wenn nicht wichtiger, als ein Hochschulabschluss.
Mit eigenen Augen zu sehen, wie der Kolonialismus Menschen beeinträchtigt, in diesem Fall die Angolaner, lehrte mich mehr als jedes Buch, das ich je studiert hatte. Der Kampfgeist dieser Menschen und ihre Bereitschaft, die Vergangenheit durch das Aufstehen gegen fremde Aggression und heimische, aus Übersee unterstützte Konterrevolution, hinter sich zu lassen, das war auch eine Lektion für mich.

5) Selbst da Deine Prinzipien im Gefängnis wirklich auf die Probe gestellt worden sein müssen, wie erklärst Du Dir den Respekt und die Anerkennung, die die Fünf in US-Zuchthäusern genossen? Gab es Demonstrationen der Solidarität von Mitgefangenen?

Ich schreibe den Respekt und die Anerkennung, die die Fünf in US-Gefängnissen erhielten, einer Reihe von Faktoren zu: Vor allem und zuerst sehen sie in Dir eine seriöse Person, wenn sie Dich beobachten, die sich von der typischen Dynamik im Gefängnisleben fernhält, die der Nährboden für Konflikte unter Gefangenen ist. Sie bemerken auch Deinen zurückhaltenden und ausgereiften Rat oder Deine Ansichten, die Du wem auch immer auf Anfragen mitteilst und sie sehen Deine diskrete Reaktion mit verschlossenem Mund auf irgendwelche Probleme oder Situationen, die Du mit anderen Zellennachbarn hast. Dies alles führt zu Respekt, auch wenn sie nichts über den Fall der Fünf wissen.
Andererseits wird denjenigen, die Richter und Staatsanwälte herausfordern, die Dich vor Gericht gebracht haben, gewöhnlich Respekt für eine solche Haltung entgegengebracht, die gegenüber einem Gerichtshof nicht gerade üblich ist.
Wenn sie jetzt noch davon hören, warum Du verurteilt wurdest, auch wenn sie die Details nicht kennen, kommen noch andere Faktoren ins Spiel, die zu dem Respekt beitragen, wenn ihnen nämlich bewusst wird, dass Du nicht nur vor Gericht gestanden hast, was an sich schon Respekt verdient, wie ich bereits sagte, sondern auch noch in Konflikt mit dem ganzen üblichen Hass der US-Regierung auf jeden geraten bist, den sie als politischen Feind betrachten.
Ein weiterer Faktor ist an der Wurzel alles dessen zu finden: Viele Leute sind sich instinktiv bewusst, auch diejenigen, die nichts von der Geschichte der US-Kuba-Beziehungen wissen oder überhaupt nicht politisch interessiert sind, dass Kuba der Macht der amerikanischen Regierung standgehalten hat und weiter standhält. Daher sehen sie diesen Widerstand in uns gespiegelt, dessen Bestandteil wir sind. Sie verbinden es mit uns, und das erzeugt Respekt.
Füge allen diesen Faktoren noch die Unterstützung hinzu, von der sie wissen, dass wir so viel davon aus Kuba und von vielen Freunden aus aller Welt bekommen. Sie kennen nicht die Einzelheiten, aber sie bemerken, wie viele E-Mails wir erhalten und verschicken, worin sie die Zeichen der Unterstützung erkennen, die wir haben.
Noch einmal, kombiniere alle diese Faktoren und zusammen bringen sie Mitgefangene dazu, uns als ernsthafte, würdevolle Personen zu betrachten und zu dem entsprechenden Respekt.

6) Wie sehr haben die Nachrichten und Zeichen der Unterstützung aus Kuba und anderswo Deine Fähigkeit zum Widerstand beeinflusst?

Sie hatten einen großen Einfluss. Nicht, dass wir ohne sie aufgegeben hätten, doch sie machen Deinen Widerstand zweifellos erträglicher. Zu wissen, dass Du auf Verständnis und Unterstützung eines ganzen streitbaren Volkes und Hunderttausenden von Freunden aus der ganzen Welt zählen kannst, erzeugt mehr Vertrauen in den Sieg. Es lehrt Dich auch etwas über diejenigen, die aus einer benachteiligten Position heraus für uns kämpfen, dass sie sich in Ländern befinden, wo das Eintreten für unseren Fall eine Menge Aufwand, Initiative und Beharrlichkeit erfordert.
Außerdem hat der Erhalt von so vielen Solidaritätsbotschaften und Sympathiebekundungen einen praktischen und greifbaren Effekt. In meiner vorherigen Antwort sprach ich über einen Aspekt dieser Wirkung, aber auch die Gefängnisbehörden und viele Mitgefangene erfahren, wer wir sind und von all’ der Unterstützung, die wir erhalten, was bis zu einem gewissen Grade einen Einfluss auf ihre Vorsicht hat, mit der sie uns unter gegebenen Umständen behandeln. Damit ist nicht gesagt, dass wir eine Sonderbehandlung erhielten. Es bedeutet nur, dass sie vorsichtig damit sind, wie sie uns behandeln.

7) Wir alle wissen, dass die kubanischen Helden auch aus Fleisch und Blut sind. Sag uns was über Deine Lieblingsmusik, Dein Lieblingsessen, Deine liebsten Bücher und Freizeitbeschäftigungen.

Also, gut, ich tanze gerne nach kubanischer Musik, insbesondere nach der, die als "Salsa" bekannt ist. Ich bin kein großartiger Tänzer, aber auch kein Mauerblümchen. Mein Lieblingsessen ist ein kreolisches Gericht wie Schwein mit Reis und schwarzen Bohnen und dazu "yuca con mojo" [Manioks mit Dressing aus Öl und Knoblauch], und zum Lesen: ich mag Thematiken wie Geschichte, internationale Wirtschaft, Wissenschaft, politische und wissenschaftliche Fachliteratur und gute Romane. In meiner Freizeit übe ich gern Sport aus oder sehe ihn mir am Fernsehen an.

8) Jede Generation hat in der Geschichte ihres Landes ihre Rolle zu spielen. Du handeltest gemäß der Zeit, in der Dir dafür eine Menge Zeit Deines Lebens zugefallen ist. Wie empfindest Du das? Welchen Herausforderungen muss sich die heutige kubanische Jugend Deiner Meinung nach stellen?

Ich kann sagen, dass ich froh bin, dass ich das, was ich für meine Pflicht gehalten habe, mit Würde und Ehre erfüllt habe.
Mir sind die historischen Ursachen für meine Inhaftierung bewusst, die in der Absicht lagen, Kuba zu bestrafen, daher das Unrecht in unserer Sache. Dieses Bewusstsein gibt mir Klarheit und Frieden. Ich weiß, dass ich wegen einer ehrbaren Sache im Gefängnis bin, und das macht mich optimistisch und sogar glücklich in der Genugtuung, meine Pflicht erfüllt zu haben.
Es liegt nicht bei mir, die genauen Herausforderungen der heutigen kubanischen Jugend zu definieren. Ich war lange Jahre weg von Kuba und unabhängig davon, wie ich mich über die nationalen Ereignisse auf dem Laufenden hielt, fehlt mir der regelmäßige Kontakt, von dem ich denke, dass ich ihn brauchte, um solche Einschätzungen abzugeben und eine Meinungsäußerung zu wagen. Im Allgemeinen glaube ich, dass sich unsere Jugend in beruflicher Hinsicht, so gut, wie sie kann, darauf vorbereiten sollte, aber noch wichtiger ist, sie muss Werte kennenlernen, damit ihr gegenwärtiger und zukünftiger Beitrag zur Fortsetzung der Revolution den Herausforderungen und Gefahren einer immer komplexer werdenden Welt gewachsen ist. Wie ich es sehe, ist eine profunde Kenntnis der Geschichte und Tradition des Kampfes unseres Volkes in diesem Zusammenhang von höchster Bedeutung.

9) Welche Bücher haben Dich in all’ diesen Jahren im Gefängnis am meisten beeindruckt?

Obwohl ich viele interessante Bücher gelesen habe, gibt es zwei, die mich wirklich beeindruckt haben. Das erste war "Ese sol del mundo moral" von Cintio Vitier, das ich kurz nach Antritt meiner Strafe las, und es ist eines, das man gelesen haben muss wegen der extrem interessanten Interpretation unserer Geschichte seitens des Autors und seines exquisiten literarischen Stils, eine typische Eigenheit in Cintios Arbeit, den ich für den tiefgehensten kubanischen Essayisten, den ich jemals gelesen habe, halte.
Mein zweites Lieblingsbuch, ich las es fast am Ende meiner Gefängniszeit, weil es erst kürzlich erschienen ist. Ich hoffe, es kann in naher Zukunft ins Spanische übersetzt werden, weil jeder Kubaner es auch lesen sollte. Es trägt den Titel "Visions of Freedom: Havana, Pretoria and the Struggle for Southern Africa 1976 - 1991" [Visionen der Freiheit: Havanna, Washington und der Kampf um Südafrika 1976 - 1991]. Der Autor ist der [US-]amerikanische Wissenschaftler Piero Gleijeses, ein Professor an der Johns Hopkins University. Er hatte schon ein erstes Buch über Kubas Anwesenheit in Angola geschrieben und jetzt, nach 15 Jahren der Forschung und Informationen aus Dokumenten, die nie vorher publiziert wurden, schrieb er etwas, das ich als Meisterwerk erachte.
Auch wenn es ein wissenschaftliches Buch ist, fand ich es spannender als jeden Roman, weil es Kubas Leistung in Angola in allen Einzelheiten bis zum endgültigen Sieg beschreibt. Es enthält eine Menge Ausschnitte aus Dokumenten, die Kuba freigegeben hat, einschließlich Transkripts von Treffen, in denen konsequente und ausschlaggebende Entscheidungen gefällt wurden, von Spitzenfunktionären, unserem Commandante en Jefe und hochrangigen Offizieren und politischen Führungspersönlichkeiten als auch der Konversationen mit ihren damaligen angolanischen und sowjetischen Kollegen.
Was dieser Autor aus den überprüften kubanischen, amerikanischen und südafrikanischen Dokumenten erfasst, ist die höchst prinzipientreue Außenpolitik der Kubanischen Revolution, der Altruismus und die Charakterstärke unseres Volkes und der taktvolle Umgang - und Respekt für - jeden einzelnen Widerspruch, der in Kubas lang andauerndem Aufenthalt in Angola aufkam. Dies, ohne unsere Fähigkeit, souveräne Entscheidungen zu fällen und unsere politischen und militärischen Ansichten darüber, wie vorzugehen sei, aufs Spiel zu setzen, was, wie es sich herausstellte, sich durchsetzte und den Konflikt löste.
Wenn man dieses Buch liest, ist man sehr stolz, Kubaner und Revolutionär zu sein, stolz auf unsere Führungspersönlichkeiten, und stolz, an dieser internationalistischen Mission teilgenommen zu haben.

10) Heldentum ist für viele Menschen nichts als eine Sache aus Hollywood oder einem Geschichtsbuch. Betrachtes Du Dich selbst als Helden?

Das tue ich nicht. Ich tat nur etwas, von dem ich sicher bin, dass es Millionen von Kubanern getan hätten. Auf jeden Fall kann ich sagen, dass es mein Privileg war, etwas zu tun, wozu Millionen gerne die Gelegenheit gehabt hätten, es auch zu tun, und als ich mich in einem bestimmten Moment ungünstigen Umständen gegenüber sah, beschloss ich, mich an die Geschichte unseres Volkes und dessen Kampfgeist und Fähigkeit zum Widerstand zu halten. Die breite Mehrheit der Kubaner, nicht nur wir fünf, trägt in ihren Herzen diese Werte, die uns während der Geschichte des Kampfes unseres Volkes eingeimpft wurden. Darum sage ich, dass Millionen von Kubanern das selbe getan hätten, und darum ist die Revolution lebendig und schreitet voran.

11) Welche Rolle spielt Musik in Deinem Gefängnisleben? Werden die Errungenschaften der Revolution in der heutigen kubanischen Musik richtig wiedergespiegelt?

Ich kenne mich zurzeit mit der kubanischen Musik nicht aus, besonders nicht mit der derzeitigen. Ich hatte während meiner Gefängniszeit kaum irgendeinen Zugriff auf kubanische Musik, und sehr wenig in den letzten anderthalb Jahren auf die Musik, die wir vor 15 oder 20 Jahren gemacht haben, nichts neueres als das. Also kann ich keinen Kommentar über unsere Musikentwicklung abgeben, oder das, was Du "heutige kubanische Musik" nennst.
Zu der anderen Frage kann ich definitiv sagen, dass Musik zu hören, und insbesondere unsere, wie alt sie auch sein mag - die Art, die ich kürzlich genießen konnte - ist wie den Weg der Erinnerung entlang zu schlendern, meine Freunde zu sehen, meine jüngeren Tage, meine Heimatstadt, unsere Kultur und so. Wie wir im Gefängnis sagen: "Es ist als ob man auf eine Reise geht".

12) Was ist die wesentliche Herausforderung für die internationale Solidaritätsbewegung für die Fünf und worauf sollten wir unsere Bemühungen konzentrieren?

Ich versuche, sehr vorsichtig mit meinen Ansichten über die internationale Solidaritätsbewegung zu sein, soweit, wenn es darum geht, was ich glaube, zu tun wäre. Für den Anfang, es ist ihre Bemühung, nicht etwas, was von den Fünfen geleitet wird. Außerdem arbeiten diese Menschen hart, mit wenigen Ressourcen, und sie überwinden viele Schwierigkeiten. Wir schulden ihnen eine Menge, und ich empfinde gegenüber allen Mitgliedern dieser Bewegung tiefe Dankbarkeit.
Ich will nur sagen, ich vermute, die wichtigsten Herausforderung - und ich erfinde nicht das Rad neu - ist ihnen klar und kann wie folgt umschrieben werden: wie erreichen wir mehr und mehr politische Entscheidungsträger, hauptsächlich in den USA.
Die Geschichte zeigt, dass, wann immer es zum sozialen Kampf kommt und wenn Ungerechtigkeit auftritt, setzt sich die US-Regierung nur für die Fälle ein, die in ihre politischen Ansichten passen, oder wenn sich das Bewahren des Falschen als teurer erweist, als es richtig zu machen. Die internationale Solidaritätsbewegung, deren Mitglieder erfahren im Kampf für Gerechtigkeit sind und nach gewissen sozialen Veränderungen streben, ist sich dessen vollkommen bewusst.
Das Problem ist, wie kann man solche Bedingungen schaffen, dass z. B. der politische Preis dafür, uns im Gefängnis festzuhalten, höher ist als der für das, was die Politiker als Nutzen betrachten, wenn sie uns nicht entlassen. Ich glaube, die wesentliche Herausforderung für die Bewegung ist, wie man die Aufmerksamkeit erregt und den politischen Sektor unterrichtet, sodass die Forderung nach der Befreiung unserer Brüder lauter wird und die politischen Entscheidungsträger die politischen Kosten begreifen, wenn sie dem nicht nachkommen.
[Hervorhebung durch d. Ü.]
Noch mal, wie soll man Erfolg haben, wenn die Leute kein politisches Durchsetzungsvermögen besitzen und kein Geld, welches zu bekommen, damit die Dinge in diesem Land funktionieren. Und ich weiß sehr gut, dass diese Freunde ständig über Möglichkeiten nachdenken, bessere und effektivere Arbeit zu leisten. Die Unterstützung der Veranstaltung in London Anfang März und die "5 Tage für die Cuban 5" im Juni in Washington, D.C. wären konkrete Wege, bei der Erreichung des Ziels zu helfen.

13) Eine Botschaft an junge Leute als unentbehrliche Akteure in diesem Kampf?

Ihre Initiative, Energie und ihren Enthusiasmus zu nutzen als auch ihre Fähigkeit auf andere ihresgleichen zuzugehen und ihre Kenntnis der neuen Sachlage, die Jugend kann und sollte eine Schlüsselrolle in diesem Kampf spielen.
Zeit- und energieaufwendige Aufgaben auf Gemeindeebene sind unterwegs, um die Menschen von unserem Fall zu unterrichten und gewählte US-Vertreter zu erreichen, wozu junge Leute einen entscheidenden Beitrag leisten können.
Twitter, Facebook und andere digitale Kommunikationsmedien sind ebenfalls Werkzeuge, die junge Leute, sowohl in den USA als auch in Kuba und anderen Ländern je nach ihren Möglichkeiten und Ressourcen nutzen können.
Sie können ihre Kreativität und die typischen Botschaften und Codes nutzen, die der neuen Generation zur Verfügung stehen, um einen bedeutenden Beitrag zu leisten und zu helfen, die Wahrheit über unseren Fall Hunderttausenden anderen Jugendlichen in aller Welt bekanntzumachen, die noch nichts davon gehört haben, oder Briefe an gewählte US-Vertreter schicken, in denen unsere Entlassung oder die Verbreitung von Fakten unseres Falles verlangt werden.
Ich würde jungen Leuten sagen, sie sollten sich mit Enthusiasmus und Hingabe am Kampf beteiligen. Ohne sie wären unsere Ziele viel schwerer zu erreichen.

14) Was half Dir, Deine Strafe mit Anstand und ohne, dass Dein Wille gebrochen wurde, zu überstehen? Hast Du irgendeine Anekdote oder einen "Wahlspruch" - ich meine als Teil einer nochmaligen Versicherung - die dir in irgendeiner Weise geholfen haben?

Was mir am meisten geholfen hat, meine Zeit abzusitzen, ohne meine Prinzipien aufzugeben, ist die Gewissheit, eine gerechte Sache zu verteidigen, was Ruhe gewährt und die Fähigkeit, sowohl mit den Umständen, so hart sie auch sein mögen, fertigzuwerden als auch seine Situation in Kontext zu setzen.
Wir wissen, dass das was sie uns antun ist, Kuba zu bestrafen, oder zu versuchen, es zu bestrafen, wegen seiner Dreistigkeit, eine gerechte Gesellschaft aufzubauen trotz der Feindseligkeit des mächtigsten Landes der Erde, das sich immer noch widerstrebt, sich mit der Tatsache abzufinden, dass Kuba eine unabhängige und souveräne Nation ist.
Das zu verstehen, hilft uns, unsere missliche Lage zu ertragen und mit Ehre und Würde zu akzeptieren, und es verleiht uns eine umfassendere Sichtweise über die Bedeutung unseres Falles im Netzwerk der Feindseligkeit der USA gegenüber der Kubanischen Revolution. Ohne zu versuchen, uns als Symbol für irgendetwas darzustellen, hoffe ich, dass die US-Regierung lernt, dass sie die Revolution erst recht nicht brechen wird, wenn sie schon die Fünf nicht brechen konnte.
Wir hätten niemals unsere Prinzipien aufgegeben, auch nicht während der völligen Isolation, die wir in den ersten Jahren unserer Gefangenschaft erdulden mussten, und ich weiß, dass unsere Brüder, die im Gefängnis bleiben, das selbe tun werden, auch unter den schwersten Bedingungen. Allerdings macht die Solidarität und Unterstützung, die wir vom kubanischen Volk und so vielen Freunden überall erhielten, die Strafe erträglicher und wird für uns zu einer Verpflichtung zum Widerstand und zur Kampfbereitschaft.

15) Wie beurteilst Du Deine Freundschaft mit Oscar López Rivera? Ich bin in Kontakt mit ihm, und er erzählte mir, er hege eine große Zuneigung zu Dir.

Ich war geehrt, als ich mit Oscar etwas mehr als vier Jahre meine Gefängniszeit teilen konnte. Er ist eine Person mit starken Überzeugungen, was ich respektiere und bewundere. Ihm ist zu verdanken, dass ich zu zeichnen begann. Er ist seit vielen Jahren Maler und half mir bei den ersten Schritten.
Ich habe viel von ihm gelernt. Er lebte während der Kämpfe in den 1960ern und 70ern in den USA, damals gab es den Vietnamkrieg und in den 1950ern die Migration von Puertoricanern in die USA, wo sie unter Armut und Rassendiskriminierung litten. Es gibt einen Teil der US-Geschichte, der in keinem Lehrbuch steht: der von Afroamerikanern, Chicanos, Puertoricanern und sogar Angelsachsen geführte Kampf, Gruppen, die sehr aktiv in den 1970ern waren, als sie mit dem System der grausamsten Unterdrückung zusammenprallten.
Oscar kennt sich sehr gut mit dem Kampf aus, also erzählte er mir davon und gab mir Bücher, die von einigen der Beteiligten geschrieben wurden. Z. B. sind einige afroamerikanische politische Gefangene schon seit über vierzig Jahren im Gefängnis, und sie sind weitgehend unbekannt, sogar in ihren eigenen Gemeinden. Wir haben auch sehr viel über Puerto Rico und die Tatsache gesprochen, dass diese Insel immer noch eine US-Kolonie ist, auch jetzt noch im 21. Jahrhundert.
Oscar hat schon über dreißig Jahre im Gefängnis verbracht und musste eine Menge Misshandlungen ertragen, besonders in den ersten beiden Jahrzehnten, wo sie ihren ganzen Hass, den sie gegenüber denen empfinden, die sie als politische Feinde bezeichnen, über ihn ergossen. So lernte ich von ihm auch über das Leben im Gefängnis.
Da er gut informiert ist und eine klar definierte Ideologie vertritt, konnte ich mit ihm über die politische Situation des Landes sprechen, über aktuelle Themen, Geschichte u.s.w., und erlangte Kenntnisse, die ich sonst nicht bekommen hätte, da im Gefängnis Fehlinformation, Desinteresse und Missachtung solcher Themen überwiegt.
Oscar ist ein großartiger Mensch, der meinen Aufenthalt im Gefängnis produktiver für meine Vorbereitung und Bildung machte. Ich wünsche ihm alles Gute und, dass die Unterstützung der Menschen und Freunde zu seiner Entlassung führt, obwohl ich sehr gut weiß, dass er bereit ist, so viele Opfer wie nötig auf sich zu nehmen, und das mit kühlem Kopf, Würde und Ehre. Aber er verdient es, frei zu sein gemeinsam mit seinen Schwestern, seiner Tochter, seiner Enkelin und seinen Leuten. Meine herzlichsten Grüße an ihn.

16) Irgendwelche Pläne, wenn Du auf der Insel ankommst?

Als erstes, vor allem anderen, Zeit mit meiner Familie und Rosa Aurora zu verbringen, von denen ich so viele Jahre getrennt wurde, die Verwandten meiner Brüder zu treffen; Freunde zu treffen, die ich lange Zeit nicht gesehen habe, und zu versuchen, die Insel aufzusaugen und die Lebensart, die wir genießen, und die ich so sehr vermisse. Ich schwimme gern im Meer - wenn es das Wetter erlaubt - und gehe in Havanna spazieren. Das sind die ersten Dinge, es wird danach die Zeit geben, andere Pläne zu machen.
Für die Zukunft, allgemein gesprochen, werde ich mich am Kampf für die Rückkehr meiner anderen Brüder beteiligen und mich mit allen meinen Kräften für dieses Ziel einsetzen.

Yasmani Surita Siam
Suki Neve
Ida Garberi
Norelys Morales Aguilera
Iroel Sanchez Espinoza
Jessica Acevedo Alfonso
Gabriel Torres Rodríguez
Yeilén Delgado Calvo
Rouslyn Navia
Disamis Arcia
István Ojeda

Deutsch: ¡Basta Ya! (jmb, db) [Aus der englischen Übersetzung von "CubaNews translation", editiert von Walter Lippmann] (Quelle: Realcuba’s Blog vom 27. Februar 2014)

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