Befreit Alan Gross - und die Cuban Five!

Wenn die USA wollen, dass Kuba den USAID-Subunternehmer Alan Gross freilässt, sollten sie ihre eigenen politischen Gefangenen aus Kuba freigeben.

Von Arturo Lopez Levy, 18. April 2014

Alan Gross, ein seit dem 3. Dezember 2009 in Kuba inhaftierter Amerikaner ging kürzlich in Havanna für acht Tage in einen Hungerstreik. Er tat es aus Protest gegen die Unterlassung seitens der US- wie auch der kubanischen Regierung, eine Lösung für seine Tragödie auszuhandeln.
Gross ist das jüngste Opfer einer langen Konfliktgeschichte zwischen Kuba und den Vereinigten Staaten. Der von der "United States Agency for International Development" (USAID) unter Vertrag genommene Experte für internationale Entwicklung Gross kam als nichtregistrierter ausländischer Agent nach Kuba. Seine Mission bestand darin, ein im jüdischen Gemeindezentrum stationiertes drahtloses Satellitennetzwerk einzurichten, das dessen Aufspürung durch die kubanische Regierung umgehen würde.
Gross wurde bald festgenommen. Während die US-Regierung jedoch energisch gegen seine Behandlung protestierte, bewies sie gleichzeitig ihren Unwillen diplomatische Angebote - wie die Freilassung der Cuban Five - zu machen, die seine Freilassung gewährleisten würde.

"Mieser" Regime-Wandel

Das USAID-Programm, das Gross ins Gefängnis brachte, war während der George W. Bush - Ära entworfen worden. Es erhielt seine Zulassung nach dem "Helms-Burton"-Gesetz, ein 1996 erlassenes Gesetz, das die US-Regierung im Wesentlichen dazu verpflichtet, das kubanische Regime zu stürzen.
Gross’ Programm nahm eine unstrittig geheime und aufwieglerische Herangehensweise zur Demokratieförderung auf, das sich nie um das informierte Einverständnis der kubanischen jüdischen Gemeinde scherte. Wie die meisten religiösen Gruppen in Kuba haben dort auch die Juden nie Versuche unternommen, religiöse Organisationen in politische Instrumente der Opposition zum Regime zu nutzen. Die heiligen Krieger der Bush-Administration bei USAID stellten jedoch Erwartungen, die weit über die Tempeltore hinausgingen und auf den Sturz der kubanischen Regierung abzielten. Wenn dies die kubanischen Juden ohne ihr Einverständnis in Schwierigkeiten brächte, dann sollte es wohl so sein.
USAID traf für diese Aktion eine eigentümliche Wahl mit Gross, die ihn in Kuba als Staatsfeind verurteilt sein ließ. Gross kannte Kuba nicht und sprach kein Spanisch. Er liebte kubanische Musik, was ihn aber kaum für die verdeckte Mission qualifizierte. Außerdem desinformierte die US-Regierung ihn systematisch über Kuba. Laut einer vertraulichen Kurzfassung eines Berichts von August 2008 über ein Treffen zwischen hohen USAID-Beamten und Vertretern der "Development Alternatives Incorporated" (DAI), dem Unternehmen, das Gross anheuerte, empfahlen die USAID-Beamten während der Bush-Ära den Mitarbeitern des Projekts, über Kuba "gut informiert zu bleiben", indem sie bestimmte Blogs läsen. Ganz oben auf der von USAID empfohlenen Liste für entsprechende Quellen zu Kuba war "Babalu", ein fanatisch rechtsradikaler in Miami ansässiger Blog. Eine der jüngsten Veröffentlichungen von Babalu betitelt den derzeitigen US-Präsidenten Barack Obama als "marxistischen Tyrann" in der Tradition von "Mao, Stalin und Fidel Castro".
Statt das USAID Regime-Wandel-Programm zu ändern, zog die Obama-Administration eine Neuauflage dieser von der Bush-Administration hinterlassenen Schweinerei vor. Schlimmer noch, wie wir im April erfahren mussten und dies nach Gross’ Verhaftung, führte USAID in Kuba eine weitere verdeckte Operation ein: ZunZuneo oder "kubanisches Twitter".
ZunZuneo war 2007-2008 unter Bush entwickelt worden, wurde aber unter Obama zwischen 2010 und 2012 eingeführt. Die Designer des Programms wollten ein Twitter-ähnliches soziales Netzwerk unter jungen Kubanern, um zu "smart mobs" [geschickten Zusammenrottungen] zu mobilisieren und eine mögliche Revolte zu fördern. Es beinhaltete die gleiche Respektlosigkeit gegenüber der kubanischen Souveränität und Zivilgesellschaft, die das "Helms-Burton" Gesetz wiederholt beförderte. Wie immer bestand die Absicht darin, Chaos und Destabilisierung zu schaffen - diesmal sollte es einen kubanischen Frühling nach dem Modell der arabischen Frühlingsrevolte geben.
Washington behauptet, dass USAID regelmäßige humanitäre Arbeit in Kuba leiste. Doch die eigenen Mitarbeiter der Agentur zeigen, dass das unwahr ist. Während eines Budget-Treffens am 8. April vor dem Bereitstellungs-Komitee des Senats sagte USAID-Direktor Rajiv Shah, dass das Helms-Burton-Gesetz jegliches Programm zur Förderung der Gesundheitsvorsorge für Kinder auf der Insel ausschließe. Shah hat recht. Das Gesetz erlaubt lediglich humanitäre Aktivitäten, Reisen oder Handel, wenn diese als Dienst für das Ziel, die kubanische Regierung zu stürzen, ausgewiesen sind. Mit anderen Worten, diese Programme haben nichts mit der Förderung der Menschenrechte oder Kubas friedlichem Übergang zur Demokratie zutun.
Senator Patrick Leahy (D-VT) nannte ZunZunea eine "miese Idee". Seine Bemerkungen betonen, wie die Abweichung von humanitären Hilfsstandards der USAID in Kuba anderweitigen legitimeren Entwicklungsbemühungen der Organisation schaden. Einige Regierungen und politische Parteien haben schon alle gemeinsam, indem sie Gross und ZunZuneo unter anderen zitierten, die USAID als Werkzeug [US-]amerikanischer Subversion und Scheinheiligkeit gebrandmarkt.

Gross und die Cuban Five

Gross’ Inhaftierung wird von der "UN-Arbeitsgruppe zu Willkürlichen Inhaftierungen", die seinen Fall analysiert hat, als willkürlich erachtet. Laut dieses Expertengremiums sei sein Verfahren in Kuba politisch motiviert gewesen und habe nicht den internationalen Minimalstandards eines fairen und gerechten Prozesses entsprochen.
Aber Kuba hat nicht die einzige Regierung, die politische Gefangene hält. Dasselbe UN-Gremium betrachtet auch die Verhaftung von fünf kubanischen Agenten 1998 als "willkürlich". Drei von ihnen werden immer noch von der US-Regierung im Gefängnis festgehalten. Die Cuban Five infiltrierten Anti-Castro-Gruppen mit einer langen Geschichte von Gewaltakten gegen Kuba - Akten, die auf US-Boden mit Kenntnis der US-Regierung geplant wurden. Die meisten Bewerter [des Falles] stimmen darin überein, dass die kubanischen Agenten der nationalen Sicherheit der USA keinen Schaden zugefügt hätten. Laut des UN-Gremiums habe der politische Zirkus um das Verfahren der Cuban Five in Miami einen fairen und gerechten Prozess unmöglich gemacht. Die kubanische Regierung hat angedeutet, sie werde Gross entlassen, wenn die Vereinigten Staaten die drei "Cuban-Five-Agenten", die noch im Gefängnis sind, entlassen.
Mit dem Ziel, zu parallelen Aktionen internationaler Aussöhnung zu inspirieren, hat der uruguayische Präsident José Mujica die Bereitschaft seines Landes angekündigt, einige der Insassen der US-Marinebasis in der Bucht von Guantánamo aufzunehmen. Dies könnte ein Beitrag zur Schließung eines Lagers sein, das zu einem gewaltigen Schaden an der [US-]Reputation geführt hat, und ernste Fragen zu Washingtons Verpflichtung zu den internationalen Menschenrechten aufgeworfen hat. Mujica sagte, er hoffe, die Geste werde Obama dazu führen, über den potentiellen Nutzen für die Beziehungen zwischen den USA und Lateinamerika nachzudenken, die auf die Entlassung der drei immer noch in US-Gefängnissen einsitzenden Kubaner folgen würde.
Aber derselbe Pro-Embargo-Pöbel, der Alan Gross auf diese unausgereifte verdeckte Aktion, die zu seiner Verhaftung führte, geschickt hat, ist nun bereit, ihn im Gefängnis sitzen zu lassen. Die Senatoren Robert Menendez (D-NJ) und Marco Rubio (R-FL) haben das Weiße Haus dazu aufgerufen, von Kuba die "einseitige und bedingungslose" Entlassung von Gross zu verlangen - eine irrationale Forderung. Ihr Ansinnen ist ein durchsichtiger Versuch, Obamas gesamten Dialog mit Kuba zu torpedieren, auch wenn eine Verbesserung der Beziehungen zwischen den beiden Ländern ganz klar den nationalen Interessen der Vereinigten Staaten dient.
Statt nach einer realistischen Lösung für Gross’ Tragödie zu suchen, beschäftigt sich die Obama-Administration mit semantischem Unfug. Die frühere Außenministerin Hillary Clinton und ihr Nachfolger John Kerry hatten daran fest, dass Gross kein Spion gewesen sei. Sie haben nur rein technisch recht, weil er keine geheimen Informationen suchte. Immerhin ist Kubas Darstellung von Gross als Teil einer subversiven Strategie des Regimewechsels schwer zu bestreiten, nicht zuletzt wegen der Offenheit der US-Gesetzgebung. In der Zwischenzeit, während die US- und die kubanische Regierung sich mit der Diskussion "Spion oder nicht Spion" beschäftigen, bleibt Gross Gefangener.
Gross wird nur als Ergebnis eines politischen Kompromisses entlassen werden. Gross hat Obama geschrieben "im Namen jedes Amerikaners, der oder die sich im Ausland in Schwierigkeiten befinden könnte" und bittet ihn, "seine Administration anzuweisen, sinnvolle und aktive Schritte zu unternehmen, um meine sofortige Entlassung sicherzustellen."

Es wird Zeit das zu tun.

Deutsch: ¡Basta Ya! (jmb, db)

(Quelle: Foreign Policy in Focus vom 18. April 2014)

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