"Ich tat das Richtige und habe niemanden in Gefahr gebracht." Interview mit Ramón Labañino

Lasst Kuba Leben, Interview mit Ramón Labañino

Von Deisy Francis Mexidor, 9. Juni 2014

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"Ich tat das Richtige und habe niemanden in Gefahr gebracht." So lautet die Aussage vom Helden der Kubanischen Republik Ramón Labañino Salazar, der zu Unrecht zu 30 Jahren Gefängnis verurteilt wurde, die er im Bundesgefängnis von Kentucky in den Vereinigten Staaten verbüßt. Als jetzt 51-Jähriger war er 35 Jahre alt, als sie ihn an jenem frühen Morgen am 12. September 1998 verhafteten.

An jenem Tag im September 2009, als sie das Verfahren der Neufestsetzung seiner Strafe in Miami in den Vereinigten Staaten eröffneten, betrat Ramón Labañino Salazar, auf dem noch die lebenslängliche Strafe, plus 18 Jahre lastete, den Gerichtssaal mit wie zum Sieg erhobenen Händen.
Während er sich umsah, entdeckte er unter allen Anwesenden im Publikum seine geliebte Elizabeth. Er lächelte sie an, als wäre er der Glücklichste unter allen Sterblichen, und sein Blick bedeckte sie mit Küssen. Es war ein flüchtiger, aber gleichzeitig fast ewiger Moment.
Es wäre in diesem Moment so viel zu sagen gewesen! Genau so war es in dem späteren Augenblick, als er erfuhr, dass seine neue Strafe - nicht weniger ungerecht als die vorherige - ihm noch 30 Jahre der physischen Freiheit seines Lebens rauben würde. Auch dann konnten seine Kidnapper ihm nicht seine Seele und seinen Geist einsperren.

"Ich bin ein von Natur aus optimistischer Mann," gestand Labañino, einer der Fünf zu hohen Gefängnisstrafen verurteilten kubanischen Antiterroristen.

In Beantwortung von Fragen hob der Held der Republik Kubas hervor: "Ich habe immer, bei allem, was um mich herum geschah, Gründe für eine positive Sichtweise gefunden, auch im Kampf, in den Unrechtmäßigkeiten und den schweren Dingen, die ich im Gefängnis durchleben und mitansehen muss. Den Titel teilt er sich mit seinen Kameraden Gerardo Hernández, Antonio Guerrero, Fernando González und René González. (Die beiden letzteren sind jetzt in Kuba, jedoch nicht, bevor sie die gegen sie verhängten Strafen verbüßt hatten.)
Die Fünf sind Brüder im selben Kampf, obwohl sie in weit von einander entfernten Gefängnissen eingesperrt waren bzw. noch sind. Sie beschlossen, von "uns" statt von sich als "ich" zu sprechen, und was für einen von ihnen wichtig war, das galt für alle.
Sie taten das von Anfang an, und jede Nachricht, die von ihnen ankommt, endet ausnahmslos mit "fünf Umarmungen". Und so endeten auch diese Antworten aus dem Gefängnis in Ashland, Kentucky.

Der Sohn Ramón von Nereyda Salazar Verduy (verstorben) und Holmes Labañino Cantillo wurde am 9. Juni 1963 in dem Bezirk Marianao von Havanna geboren.
Sein größter Schatz sind seine Töchter, die er vergöttert, Ayli (aus erster Ehe), Laura und Lizbeth, wie er unermüdlich wiederholt.

Als er von zu Hause fort ging, um in Übersee zu arbeiten, geschah das genau im Februar 1992, seine Ehefrau Elizabeth Palmeiro war gerade acht Wochen schwanger mit Laura. Er konnte sich weder an dieser Zeit noch an der Ankunft Lizbeths auf dieser Welt erfreuen, die er kurz nach ihrer Geburt im Februar 1997 kennen lernte.
Sein Kommen und Gehen aus dem Land und dann die Gefängniszeit bewirkten, dass Ramón und Elizabeth trotz ihrer 23-jährigen Ehe nur knapp zwei Jahre ohne Trennung mit einander verbringen konnten. In der übrigen Zeit waren sie von einander getrennt.
Dennoch bildeten sie gemeinsam eine Familie, und während sie hinter den Linien auf ihn wartet, regelt sie das Familienleben, das trotz aller Hindernisse entstand. Da sind sie nun, er und "seine schöne Frau", wie er sie stolz nennt.

Frage: Wie gelingt es einem Mann, so große Missgeschicke zu überwinden? Worin findet man solche Stärke?

Antwort: Vor allem darin, wenn man überzeugt davon ist, das Richtige zu tun, das Wahre und Rechtmäßige, darin, dass man eine humane Sache verteidigt, dass man nie irgend jemanden oder irgend etwas in Gefahr bringt, und dass man im Gegenteil alles für das Allgemeinwohl, für Menschenleben - das Leben unschuldiger Menschen - opfert, allein diese Geisteshaltung verleihen ihm eine enorme Willenskraft und Ausdauer gegen alle Missgeschicke und "Widersacher". Der Kampf ist gerecht. Der Sieg muss süß sein."

F.: Woran erinnerst du dich als Ramón als Junge und junger Universitätsstudent?

A.: Ich glaube, ich bin ein ewiges Kind. Das sagen meine Frau Elizabeth, meine Töchter und wer immer mich kennt. Ich weiß nicht, ob das immer so stimmt, oder ob sie es aus Liebe zu mir sagen, aber ich glaube, ich habe diesen jugendlichen, lächelnden, heiteren und optimistischen Geist nie verloren (und werde ihn auch nicht verlieren), der so hilfreich ist, um zu leben und zu kämpfen. Ich war so als Kind: lächelnd und sehr schüchtern, sehr würde ich sagen. Und ich war immer gefesselt davon, zu studieren und Sport zu treiben. Ich erinnere aus meiner Kindheit, dass meine kleine Schwester Laide begann, mich "Papi" zu nennen. Ich glaube, das kam, weil ich mich viel um sie gekümmert habe, und meine Mutter uns das Gefühl gab, dass der älteste Bruder wie ein zweiter Vater sei. Und ich glaube, dass ich diese Rolle sehr ernst nahm, so sehr, dass mich noch heute viele "Papi" nennen. Und das ist etwas, was meine Töchter übel nehmen, weil sie die einzigen sein wollen, die das zu mir sagen, aber sie wissen sehr gut, dass ich der einzige "Papi" für sie bin, aus tiefster Seele für immer, und das ist wichtig.
Ich habe meine Jahre an der Universität wirklich genossen. Wie gesagt, studieren und Sport treiben fesselte mich, und ich konnte dort beides ganz. Ich war als Student auch Assistent für Statistik, was ich im zweiten Jahr des Kurses begann. Manchmal gab ich Nachhilfe und Unterricht für Studenten der jüngeren Jahrgänge oder welchen in meinem Jahrgang. Das ist etwas, was ich immer gerne gemacht habe, zu lehren. Ich konnte auch Judo und Karate an der Universität betreiben, was meine Traumsportarten waren. Es war eine Zeit des Lernens, aber vor allem der Entwicklung. Es half mir eine Menge bei meiner Charaakterformung und in jedem Sinne bei meinen Überzeugungen, etwas wofür ich Kuba, unserer Revolution, unserem sozialistischen System unendlich dankbar bin.

F.: Sieht man dich als den Großen der Gruppe an?

A.: Das ist die Ansicht derer, die mich sehen. Ich halte mich nicht für stark, eher für dünnhäutig "erachtet". Natürlich kostet es mich viel Aufwand, es selbst zu glauben. Ich treibe Sport zum Spaß und auch, weil ich so viel Stress abbauen muss und weil ich mich viel besser und nützlicher fühle nach dem Training. Ich versuche, mich gesund zu halten gegen den Kummer, da das unsere Art des Kampfes und der Überwindung ist, um uns nicht hängen und zerstören zu lassen. Jetzt mache ich Gewichtheben und lange Spaziergänge innerhalb des Gefängnisses, etwas Handball, viel Schach. Dadurch fühle ich mich gesund, vital und vorbereitet auf die täglichen Kämpfe und die, die in der Zukunft sicherlich kommen werden.

F.: Wem möchtest du gleichen?

A.: Ich suche Anleitung von den Großen, nicht sie zu sein, weil es unmöglich ist den Status einer Ikone zu erreichen. Aber ich habe Che sehr bewundert und wäre gerne so wie er, wie unser unsterblicher Antonio Maceo, wie José Martí, wie Fidel, wie Raúl, wie Bolívar, wie Sucre, und jetzt sehr wie unser Hugo Chávez. Sie sind im Wesentlichen meine täglichen Vorbilder. Ich würde mich einfach freuen, so zu sein wie jeder Mann, der Anstand und Ehre besitzt, aber das würde diese Liste zu umfangreich machen.

F.: Könntest du uns wissen lassen, was du nebenbei gerne liest - historische Persönlichkeiten, Belletristik, auch Fernsehserien ... ?

A.: Ich beschränke die Liste auf fünf pro Kategorie. Ich möchte dich nicht langweilen und zu ausführlich werden, aber sieh mal, unter meinen Lieblingslektüren sind: "Hundert Jahre Einsamkeit" und "Die Liebe in den Zeiten der Cholera" von Gabriel García Marquez; "Das Königreich dieser Welt" von Alejo Carpentier; "Einfache Verse" von José Martí und "Das Geisterhaus" von Isabel Allende.
Von Fernsehserien kann ich "Es musste in der Stille geschehen" und "Julito der Fischer" nennen, zwei ausgezeichnete kubanische Produktionen, und auf einem anderen Bereich - Abenteuer - sah ich "Die Kommandos der Stille". Und bei der Gelegenheit frage ich, warum sie keine neuen Versionen all’ dieser Serien im kubanischen Fernsehen bringen. Als Filme weise ich auf "Erdbeer und Schokolade" und "Undercover" hin, in denen unsere viel bewunderte Isabel Santos die Hauptrolle übernahm. Bezüglich Belletristik gibt es "Don Quijote und Sancho Panza", David in "Es musste in der Stille geschehen", dargestellt von dem verstorbenen Schauspieler Sergio Corrieri, "Julio der Fischer", unsterblich gemacht von René de la Cruz, und Bruce Lee in einigen seiner Filme über Kampfsport, um einige zu nennen.
Historische Persönlichkeiten, die ich für nachahmenswert halte: Simón Bolívar, Ernesto Che Guevara, Antonio Maceo, José Martí und Fidel Castro.

F.: Sie verhafteten dich, als du 35 Jahre alt warst. Was ist deine Auffassung von Zeit?

A.: Zeit ist relativ. Wenn ich über mich selbst nachdenke, glaube ich, dass sie nicht vergeht. Wenn ich an meine Töchter denke, wie sie Frauen werden, wenn ich in die Augen meiner geliebten Eli sehe, wird die Zeit für mich unendlich, grausam, unerbittlich. An diesem Punkt versetze ich mich zurück in eine andere Zeit, eine des Lachens und der Freude, der Wiederkehr und des Glücks, in die wertvolle Zeit unserer Zukunft, frei in Kuba - und damit (meinem Optimismus) höre ich auf. Du weißt bereits, dass ich ein großer Optimist bin, dass ich auf diesem Weg bleiben werde, und also bin ich glücklich.

F.: Stell die vor, du bist ein Improvisator von Gedichten und man gibt dir einen "forced foot" der lautet "... ich bin diese Art von Kerl". (1)

A.: Ich bin diese Art von Kerl, wie du ihn siehst, nicht richtig nicht falsch einfach kein Wahnsinniger. Mit einem freien Kuba lernte ich, dass der Weg ist, den Kampf zu lieben, und ich wusste, dieser bedrohliche Kampf heute ist für die Wahrheit, und ich werde weiter so bleiben, ein einfacher Kerl mit Anstand. Das ist viel mehr wert als Gold, einer der in Ehren stirbt, wie ich gelebt habe.

F.: Wenn du jetzt deine Augen schließt, was siehst du dann?

A.: Ich sehe Kuba, einen Strand blau, sauber und glänzend. Ich sehe Eli, meine Töchter, meine ganze Familie, mein Volk. Ich sehe Lachen, Freude, Ewigkeit. Auf diese Weise mache ich meine Freiheit fühlbar und real. Und ich weiß, das ist sicher.

(1) Ein "forced foot" (pie forzada) ist normalerweise ein zehnzeiliges improvisiertes Gedicht, das mit einem vorgeschlagenen Vers enden oder wie bei Ramón beginnen muss.

Deutsch: ¡Basta Ya! (jmb, db) (aus der englischen Übersetzung von W. T. Whitney Jr.)

(Quelle: Realcuba’s Blog)

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