CounterPunch, 21. März 2016

Die Beziehungen zwischen den USA und Kuba: Die Sicht der anderen Seite

Von John Kirk und Stephen Kimber

Am 17. Dezember 2014 trat Präsident Barack Obama vor die Fernsehkameras um zu erklären, die Vereinigten Staaten würden einseitig Amerikas "überholtes Vorgehen (gegen Kuba), das seit Jahrzehnten daran gescheitert ist, unseren Interessen zu dienen" beenden.
Also, warum bestehen so viele Politiker und Kommentatoren immer noch darauf, dass die USA in den Beziehungen zu Kuba "geben und geben" und verlangen eine Gegenleistung der Kubaner, indem sie ... gut, ihre Regierung auswechseln, um den amerikanischen Forderungen nachzukommen?
Lasst uns mit einfachen Wahrheiten beginnen. Die Kubaner haben den Vereinigten Staaten kein erstickendes 55 Jahre dauerndes Embargo auferlegt, das daran gescheitert ist, irgendjemandes Interessen zu dienen. Kuba hat die Vereinigten Staaten nicht auf eine Liste der den Terrorismus unterstützenden Staaten gesetzt. Kuba hat nicht versucht, amerikanische Präsidenten zu ermorden. Kuba hat nicht versucht, die US-Regierung zu stürzen.
Während Präsident Obamas Besuch in Kuba diese Woche, sollten die Amerikaner zumindest die Wahrnehmung auf der anderen Seite der Straße von Florida betrachten.
Das US-Embargo - Kubaner nennen es Blockade - ist immer noch Gesetz des amerikanischen Landes. Laut der Vereinten Nationen hat das Embargo, das praktisch weltweit verurteilt wurde, die kubanischen Wirtschaft 116 Milliarden US-Dollar gekostet.
Das Beenden des Embargos ist nicht überraschend Kubas sine qua non für die Normalisierung der Beziehungen zu den Vereinigten Staaten.
Um fair zu bleiben, Präsident Obama hat seine exekutiven Befugnisse genutzt, um einige Auswirkungen des Embargos zu lindern, einschließlich, erst vor kurzem, zu erlauben, dass der US-Dollar bei Transaktionen, an denen Kuba beteiligt ist, verwendet werden darf. Es gibt noch mehr, was er tun könnte, aber dank des Helms-Burton-Gesetzes werden die schädlichen Effekte des Embargos nicht verschwinden, solange der Kongress nicht beschließt, es zu verschrotten.
Inzwischen hat Obama im September das Gesetz von 1917 über den "Handel mit dem Feind" aus taktischen Gründen erneuert, um ihm Spielraum rund um das Embargo zu geben, was nicht nur beleidigend ist - man behauptet, man wolle die Beziehungen zu einem Land normalisieren, das man als "Feind" bezeichnet? Aber das Gesetz verhindert immer noch viele Aspekte des Handels mit Kuba. 2012 wurde ein amerikanischer Geschäftsmann sogar wegen Verstoßes gegen dieses Gesetz angeklagt, weil er in kubanische Immobilien investiert hatte.
Dank der extraterritorialen Bestimmungen des Torricelli-Acts von 1992 und des Helms-Burton-Acts von 1996 wurden ausländische Firmen, die mit Kuba handelten, und viele internationale Banken mit Aber-Millionen-Dollar-Strafen abgewatscht, weil sie anderswo ordnungsgemäße finanzielle Transaktionen durchgeführt hatten.
Wie weit kann extraterritorial gehen? Im Dezember musste sich ein leitender Angestellter der kanadischen Bergbaufirma Sherritt per Skype an einer Konferenz in New York beteiligen, die vom "Economist" gesponsert wurde und den Titel trug "Neue Gelegenheiten für amerikanische Firmen, die daran interessiert sind in Kuba Geschäfte zu machen", nachdem ihm die US-Regierung untersagt hatte, das Land zu betreten, weil seine Firma mit Kuba Geschäfte macht.
Während die Kubaner das Embargo als größtes Hindernis für die Wiederherstellung normaler Beziehungen zu den USA betrachten, gibt es noch weitere.
Guantánamo? Obwohl die Marinebasis keine strategische oder militärische Bedeutung mehr für die Amerikaner hat, besetzen die USA weiterhin diese 45 Quadratmeilen [ca 117 Quadratkilometer] kubanischen Territoriums, nach einem 113 Jahre alten neokolonialen Abkommen aus Theodore Roosevelts Zeiten. Kuba, das die jährliche amerikanische "Miete" über 4085 US-Dollar seit 1960 nicht mehr angerührt hat, will sein Land zurück. Washington sagt nein.

Geben und geben?

Oder betrachten Sie das "Cuban Medical Professional Parole Program", eine Initiative aus der Bush-Ära, das immer noch in Kraft ist und jedem abtrünnigen kubanischen Mediziner schnelle Einreise in die Vereinigten Staaten anbietet. Der einzige Zweck ist, Kubas höchst erfolgreichen medizinischen Internationalismus zu untergraben, der 50.000 Personen umfassendes kubanisches medizinisches Personal in 60 Ländern unterhält und ärztliche Versorgung für arme Menschen bietet, die sonst nicht versorgt werden würden.
Und dann gibt es die andauernden Versuche der USA, den kubanischen "Regimewechsel" zu fördern. Angefangen bei offener und versteckter Unterstützung gewalttätiger Angriffe gegen Kuba bis hin zur Ausstrahlung von Radio- und Fernsehpropaganda nach Kuba in Verletzung internationalen Rechts, und zur derzeitigen Unterstützung von Antiregierungsgruppen im Namen einer "robusten Demokratie Assistenz" durch das State Department und USAID. Sie werden verstehen, dass Kuba das als Bedrohung versteht.
Obwohl Kuba gut bei kulturellen und humanitären Rechten abschneidet - Gesundheitsversorgung, Ausbildung - sieht es schlechter bei der Zubilligung ziviler und politischer Rechte für den einzelnen Bürger aus.
Wenn Washington das wirklich ernsthaft verbessern möchte, könnte es allerdings damit beginnen, aufzuhören sich in Kubas innere Angelegenheiten einzumischen. Wie kann Havanna damit anfangen, seine Wirtschaft oder politische Struktur zu liberalisieren, wenn die mächtigste Nation der Welt - 90 Meilen [145 km] entfernt - Gruppen finanziert, die seinen Untergang anstreben?
Die Beziehungen zwischen den USA und Kuba haben sich seit 17. Dezember 2014 enorm verbessert. Es ist im Interesse beider Länder diesen Prozess schnell fortzuführen. Aber zuerst ist es wichtig für beide Länder die Position des jeweils anderen zu verstehen, damit man sich näher kommt.
Zurzeit gibt es sehr wenig Anzeichen dafür, dass Washington die Bedenken Kubas versteht - und das ist sehr schlecht.

John Kirk, ein Professor für lateinamerikanische Studien an der Universität von Halifax, Kanada, ist Autor oder Koautor von 16 Büchern über Kuba, zuletzt "Gesundheitsversorgung ohne Grenzen: Den medizinischen kubanischen Internationalismus verstehen".

Stephen Kimber, ein Professor für Journalismus an der Universität King’s College in Halifax, Kanada, ist der Autor von "What Lies Across the Water: The Real Story ot the Cuban Five".
[Zu deutsch: "Diesseits und jenseits der Straße von Florida - die wahre Geschichte der Cuban Five - ein Agententhriller, wie ihn das Leben schrieb". Siehe unter DOWNLOADS auf dieser Website.]

Deutsch: Dirk Brüning

(Quelle: CounterPunch vom 21. März 2016)

Zurück