Landau zu Terrorismus, Bush und den Cuban Five

Bernie Dwyer, Radio Havana Cuba, 10. Juni,.2004

Saul Landau  
Bernie Dwyer von Radio Havana Cuba sprach telefonisch mit dem Analytiker, Kommentator und Professor für Politik, Saul Landau, aus den USA. Wir übermitteln Ihnen ein Fragment des Interviews, in dem Landau (Bild) den verlogenen "Krieg gegen Terror" kommentiert und den von Bush und seinem Vater angebotenen Schutz für cubano-amerikanische Terroristen, sowie die Bedeutung der Cuban Five in Kubas Kampf gegen den US-gesponserten Terrorismus.

Bernie Dwyer: Was ist Ihr eigenes besonderes Interesse an Kuba und insbesondere das an den Cuban Five?

Saul Landau: Ich kam 1960 zum ersten Mal nach Kuba und, wie die meisten Leute, die in dieser Zeit nach Kuba reisten, wurde ich in gewisser Weise davon fasziniert und habe es seitdem noch etwa 75- mal besucht.
Ich habe fünf oder sechs Filme für das öffentliche Fernsehen oder das von CBS in Kuba gedreht und habe viele Freunde dort. Daher habe ich die Ereignisse auf der Insel sehr nah verfolgt.
Außerdem trat der Terrorismus 1976 in mein eigenes Leben, als zwei meiner Freunde und Kollegen durch eine Autobombe in Washington-DC ermordet wurden. Die Übeltäter dieses schrecklichen Verbrechens gehörten zur Geheimpolizei von General Augusto Pinochet und die eigentlichen Bombenleger gehörten zum ganzen Anti-Castro-Team. Sie waren Mitglieder der kubanisch-nationalistischen Bewegung, die zu jener Zeit im Norden von New Jersey angesiedelt war. Einer von ihnen war ein Mann, namens Guillermo Novo, der heute wegen seines Versuchs, Fidel Castro zu ermorden, als Fidel vor wenigen Jahren wegen eines Staatsgipfeltreffens in Panama war, in Panama im Gefängnis sitzt.
Daher habe ich ein unmittelbares Interesse an Terrorismus. Darauf geht es zurück, und Guillermo war auch der Mann, der sogar mir drohte, mich zu töten. Daher habe ich ebenfalls ein mehr persönliches Interesse. Darum verstehe ich, was Anti-Castro-Terrorismus ist, und ich sehe auch dessen Ergebnis, die unglaubliche Doppelmoral, die George W. Bush anwendet.

Bernie Dwyer: Sehen sie den leidenschaftlichen Hass, den manche Cubano-Amerikaner immer noch gegen Fidel Castro haben, auch als weitere Erscheinungsform einer Zwangsneurose?

Saul Landau: Ich denke, jedesmal, wenn sie von Hass oder Verbitterung ergriffen werden, frisst es an ihnen und sie tun Dinge, die sowohl für die Bevölkerung als für sie selbst gefährlich sind.
Ich bin nicht sicher, ob es eine Zwangsneurose auf seiten derer ist, die in ihrem Leben nichts anderes sehen - wie Luis Posada Carriles oder Orlando Bosch - bekannte Terroristen in der Anti-Castro-Gemeinde, wenn das Wort "Gemeinde" auf solche Leute passt. Diese Leute sind besessen und sie scheinen auch gezwungenermaßen ihrer Besessenheit nachzugehen. Ob es nun eine Form von Abhängigkeit ist oder nicht, das vermag ich nicht zu sagen. Dazu weiß ich nicht genug. Aber ich denke, dass es eine kleine Gruppe von Leuten in der Exilgemeinde gibt, die an nichts anderes denkt, als daran, wie sie Fidel Castro töten könnten.
Das ist ein verrücktes Verhalten. Es ist auch ein gefährliches Verhalten, und es fällt auch unter die Kategorie Terrorismus. Wenn man ein Komplott schmiedet, einen ausländischen Führer zu töten - dann ist das Terrorismus. Und es ist ausdrücklich durch das amerikanische Gesetz verboten, wenngleich man nicht viel von Strafverfolgung im Hinblick auf diese Leute sehen kann. Tatsächlich wurde einer der Terroristen verurteilt, der von der Anti-Terrorismus-Abteilung des FBI am 20. Mai. 2002, dabei gefasst wurde, als er ein Warenlager in Miami mit Benzin übergoss. Er wurde auf dem Podium zwei Reihen hinter Präsident Bush plaziert, als der Präsident seine Rede in Miami hielt. Der Mann ist als Reynaldo Aquit oder "El Chino" Aquit bekannt. Er saß da mit breitem Grinsen im Gesicht. Da ist er wegen eines Terroraktes verurteilt, in flagranti dabei erwischt, entschuldigen sie den Ausdruck, und trotzdem sitzt er mit dem Präsidenten auf dem Podium. Ich rief einen früheren FBI-Agenten an und fragte ihn, ob es möglich sei, dass der Geheimdienst nichts von seiner Verurteilung gewusst haben könnte. Der FBI-Agent sagte, ‘nein, das ist nicht möglich. Das FBI überprüft jeden, der dem Präsidenten nahekommt, daher wussten sie, dass er wegen Terrorismus verurteilt war.’
Aquit beschoss auch ein Schiff vor der Küste Kubas, daher war es nicht seine erste Tat. Es stellte sich heraus, dass das Weiße Haus diesen Terroristen dazu befugt hatte, auf Spuckweite zum Präsidenten der Vereinigten Staaten zu sitzen. So viel zum Krieg gegen Terrorismus.

Bernie Dwyer: Da wir davon sprechen, wie beurteilen Sie Bushs Krieg gegen Terrorismus?

Saul Landau: Ich würde schätzen, es ist so wie mit dem Krieg gegen Drogen, dem Krieg gegen die Armut, dem Krieg gegen das Verbrechen, dem Krieg gegen Krebs, all’ diese Kriege sind keine Kriege, die man wirklich gewinnen will.
Es sind Kriege, die von Bedeutung sind, um die Leute zu verwirren und den Bürokratien zu ermöglichen zu wachsen und die Angelegenheit ohne Lösung im Bewusstsein der Bevölkerung immer präsent zu halten.
Man kann keinen Krieg gegen Terrorismus führen. Terrorismus ist eine Taktik. Noch kann man einen Krieg gegen Armut führen. Armut ist ein Zustand. Noch kann man einen Krieg gegen Drogen führen. Drogen sind etwas, was die Leute einnehmen. Kriege werden gegen feindliche Nationen geführt, wenn man also die Sache auf diese Weise behandelt, bringt man die Dinge sofort durcheinander.
Der Krieg gegen Terrorismus - wenn man wirklich gegen die Leute kämpfen wollte, die diese gewaltsamen und brutalen Mittel zu benutzen versuchen, um auf ihre Weise mit anderen Ländern oder Gesellschaften fertig zu werden - dann ginge das nur mit einer internationalen Polizeiaktion. Man müsste alle Polizeibeamten und Gerichtshöfe der Welt für diesen Aufwand rekrutieren. Bush wandte sich davon ab.
Ich erinnere mich in der Tat, dass Kuba seine Hilfe im Krieg gegen Terrorismus anbot, und Bush gab ihm keine Antwort. Er wandte sich an andere Regierungen und sagte stattdessen: "Ihr tut, was wir sagen, oder wir werden euch rausschmeißen."
Das ist nicht die Art, wie man Terroristen verfolgt. Man kann nicht die Höhlen in Afghanistan massiv bombardieren und hoffen, damit gegen die Terroristen voranzukommen. Alles, was du tun kannst, ist mehr Leute für diesen antiamerikanischen Djihad zu gewinnen, der sich in der muslimischen Welt entwickelt. Daher trägt Bush dazu bei, statt einen Krieg gegen die Terroristen zu führen, Terroristen zu gewinnen. Ob er das mit vollem Bewusstsein tut oder ob er so weiter macht ... Dies ist kein Mann, der - wie soll ich sagen? - dies ist kein Mann, der viel Zeit mit Lesen verbringt. Die Leute sagen, dass er sich die Bibel vorlesen lasse. George W. Bush wäre fast ein Witz - wenn er nicht so gefährlich wäre - als Präsident der Vereinigten Staaten.
Wenn er sagt, er führt einen Krieg gegen Terrorismus, würde ich zur Weltöffentlichkeit sagen: "Nehmt euch in acht."

Bernie Dwyer: ... In Ihrem Artikel im Counter Punch(*) sagen Sie, wenn Bush sagt, er kämpfe gegen Terroristen, dann meint er gute Terroristen nicht die bösen Terroristen. Wie erklären Sie den Unterschied?

Saul Landau: Die Cuban Five kamen nach Südflorida mit dem Vorsatz, gegen Terrorismus zu kämpfen. Es war Terrorismus, der gegen die Gesellschaft von Kuba gerichtet war. Leute waren nach Kuba gegangen, um Bomben in Hotels zu legen, und diese Bomben töteten in der Mitte der 1990er Jahre einen italienischen Touristen.
Ein Mann, namens Luis Posada Carriles, den ich gerade erwähnte, rechnete sich das als Verdienst an. Er teilte es Amy Broadbank mit - und sie veröffentlichte in der New York Times - dass er es getan habe, und dass es schlimm für den jungen Mann (den Italiener) gewesen sei, dass er gerade im Weg war, aber das passiere nun mal, wenn man sich im Krieg befinde.
Posada Carriles führte also seinen eigenen privaten Krieg gegen die kubanische Gesellschaft, gegen die kubanische Regierung und gegen den kubanischen Tourismus. Luis Posada Carriles wurde von der CIA ausgebildet. Er arbeitete für die CIA. Er wurde von der CIA beschützt. Er arbeitete für Oliver North, der ein Geheimdienstbeamter unter der Reagan-Administration war, sicher werden sich die Leute an Ronald Reagan erinnern, da er gerade beerdigt wird. Es kann nicht schnell genug gehen...
Jedenfalls heuerte Oliver North Louis Posada Carriles an, nach einem weiteren - lassen Sie es mich gerade heraus sagen - nach einem anderen Terroristen in Miami, einem Mann, namens Jorge Más Canosa. Er hatte 50.000 US-$ Bestechungsgeld an venezolanische Gefängnisbeamte gezahlt, um Posada Carriles zu befreien. Daher stellte Ollie North den Mann ein, der ein entflohener Häftling aus einem venezolanischen Gefängnis ist.
Posada Carriles arbeitete damals in der Contra-Operation unter der Reagan-Administration, bis er seine Mordkomplotte gegen Fidel Castro und gegen andere Leute in Kuba aus der Tourismusindustrie wieder aufnehmen konnte. Nun, zwei andere Terroristen, José Dionisio Suárez und Virgilio Paz, beide hatten als geständige Komplizen bei der Ermordung von Orlando Letelier und Ronni Moffit (früherer chilenischer Außenminister und sein US-Assistent, die durch eine Autobombe ermordet wurden), sieben von zwölf Jahren Strafe verbüßt, und nachdem sie auf Bewährung entlassen worden waren, wurden sie vom INS [Einwanderungsbehörde] inhaftiert und waren als unerwünschte Personen für die Ausweisung vorgesehen. Georg Bush befreite diese Kerle - gegen die dringende Empfehlung des FBI und des INS.
Er beförderte zwei bekannte Terroristen wieder auf die Straßen von Südflorida zurück. Auf der einen Seite gibt es die Cuban Five, die daran arbeiten, den Terrorismus gegen Kuba zu beenden, und auf der anderen Seite gibt es George Bush, der Leute, die als Terroristen arbeiten, begnadigt, deren Lebensziel es ist, den kubanischen Führer zu ermorden und die kubanische Gesellschaft und seine Wirtschaft zu zerstören.
Daher weiß ich nicht, wie das zusammen passt. Diese Burschen sind Opfer, und es ist zu schlimm, dass die Mainstream-Presse der Vereinigten Staaten diesen Fall nicht aufgreift. Sie verdienen wahrhaftig öffentliche Unterstützung.

Bernie Dwyer: Glauben Sie, dass eine bessere Welt möglich ist?

Saul Landau: Glaube ich, dass es möglich ist oder fühle ich, dass es möglich ist? Ich weiß es nicht. Ich fühle, dass eine bessere Welt möglich ist. Ich bin mir nicht mehr sicher. Nachdem ich drei weitere Jahre von George W. Bushs Präsidentschaft durchlebt habe, beginne ich zu glauben, dass es eine bessere Welt sein wird, nachdem er gegangen ist.
Während er an eine bessere Welt, als an eine Post-Harmagedon-Welt denkt, in der er und einige wenige auserwählte Leute die Verzückung [Rapture] genießen werden, denke ich viel konkreter. Ich empfinde es so, wenn ich mich in diese Verzückten nur irgendwie hinein denken könnte, ich weiß nicht, wie man sie sonst nennen sollte - vielleicht Raturists [religiös Verblendete (?)] - vielleicht ersetzen etliche LSD-Trips, was sie mit Verzückung meinen - könnten wir vielleicht gewisse Fortschritte machen.
Ich arbeite für eine bessere Welt, also muss ich glauben, dass eine bessere Welt möglich ist. Mein ganzes Erwachsenenleben lang habe ich der Sache der Gleichheit und Gerechtigkeit und der des Friedens gewidmet. Ich lehre meine Studenten und meine eigenen Kinder und Enkel, dass es diese Anliegen wert sind, sich dafür einzusetzen und dafür zu kämpfen. Daher schätze ich, dass ich in gewisser Weise ganz tief in meinem Innersten daran glaube.

(*) Den oben zitierten Artikel in CounterPunch finden Sie Hier

Deutsch: ˇBasta Ya!

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