Obama, die Blockade gegen Kuba und die demokratische Reform

Am Vorabend der Abstimmung der Vereinten Nationen

Von Karin Walsh, 24. Oktober 2009

Arnold Augusts Konferenz auf dem Quebec-Sozialforum, 10. Oktober 2009

Im Rahmen des Quebec-Sozialforums versammelten sich etwa 50 Menschen im Cégep (junior College) von Vieux Montreal, um die auf Französisch abgehaltene Konferenz von Arnold August, "Obama, die Blockade gegen Kuba und die demokratische Reform" im Auftrag der "Table de concertation de solidarité Quebec-Cuba" zu besuchen. August ist Journalist und Autor von "Democracy in Cuba and the 1997-98 Elections" [Demokratie in Kuba und die Wahlen von 1997-98, Anm. d. Ü.] und er arbeitet an einem Buch, "Cuba: participatory Democracy and Elections in the 21st Century" [Kuba: partizipative Demokratie und die Wahlen im 21. Jahrhundert, Anm. d. Ü.], das im Herbst 2010 veröffentlicht werden soll.
Als die Obama-Administration im April einige Änderungen an Washingtons Politik gegenüber Kuba angekündigt hatte, brachte er die Voraussetzungen für die Aufhebung der Finanz-, Wirtschafts- und Handelsblockade, die seine Regierung seit 50 Jahren über Kuba verhängt hatte, vor. Bei dieser Gelegenheit verbreitete Obama Desinformation über Kuba. Dies bedarf einer dringenden Korrektur. August erinnerte seine Zuhörer an Obamas Behauptung: "Die Kubaner sind nicht frei ... Es ist wichtig, ihnen einen Signal in Sachen politischer Gefangener, Meinungsfreiheit, Freiheit der Religion und Demokratie ... zu senden". Obama hatte die Notwendigkeit einer Basis-Demokratie in Kuba betont.
Über die international anerkannten Prinzipien hinaus, die bestimmen, dass alle Nationen das Recht auf Selbstbestimmung, Nichteinmischung und Souveränität haben, was daher ausschließt, dass irgend ein anderer Staat wie auch die Vereinigten Staaten über das politische System in Kuba richten darf, nahm sich August die Details der Anklage vor, in Kuba gebe es keine Demokratie. Er ließ die Zuhörer die Realität auf der sozialistischen Insel mit Bezug auf Obamas Äußerungen wissen. "Basisdemokratie begann in Kuba schon nach dem Batista-Putsch 1952, dem faschistischen Putsch, der das Militär an die Macht gebracht hatte und der unverzüglich von den Vereinigten Staaten unterstützt worden war. Die Saat für die basisdemokratische Bewegung wurde 1953 ausgesät, wie beispielhaft belegt durch den Angriff einer kleinen Gruppe der von Fidel Castro angeführten Revolutionäre auf die Moncada-Kaserne. Die Basisdemokratie entwickelte sich ausgehend von der Sierra Maestra im Zeitraum von 1956 bis Ende 1958 auf der gesamten Insel weiter, die Leute sammelten sich unter der Führung von Fidel Castro und der Bewegung "26. Juli" und übernahmen am 1. Januar 1959 selbst die Macht. Wenn Herr Obama ein Beispiel für Basisdemokratie sucht, sollte er auf das Kuba von 1953 bis zum 1. Januar 1959 sehen und auf alles, was dort seitdem geschah. Daher begann die demokratische Reform in Kuba, wenn nach dem ersten Zeitpunkt gefragt wird, 1953."
Da sich Obama das Recht herausnimmt, ein Urteil über das kubanische, angeblich undemokratische System, abzugeben, hielt es August für angebracht, die Zuhörer an den Wahlbetrug zu erinnern, der George W. Bush 2000 erstmalig an die Macht brachte und an seine Wiederwahl 2004 dank der computergesteuerten Wahlmaschinen von Firma Diebold. In Sachen Meinungsfreiheit bezog sich August vor den Zuhörern auf das Missgeschick eines amerikanischen "Twitter", der im September beim G-20-Gipfel in Pittsburgh verhaftet wurde, weil er die Demonstranten vor den Polizeiaufmärschen gewarnt hatte. Er betonte auch den Mangel an Bedeutung, den die Mainstream Medien, vor allem CNN, der Berichterstattung über die Ereignisse seit dem Militärputsch in Honduras am 28. Juni beimisst. Ihr komplizenhaftes Schweigen über die wirklichen Ursachen der Opposition zu Präsident Zelaya und den Mangel an Empörung über die Unterdrückung und Gewalt durch das Militär im Dienste der Putschregierung belegt, dass den westlichen Medien die Anprangerung von Menschenrechtsverletzungen noch lange kein ernstzunehmendes Anliegen ist.
Zum Fall der so genannten politischen Gefangenen in Kuba, sagte August, was willkürliche und unfaire Gefangenschaft beträfe, weise diese Angelegenheit direkt auf den derzeitigen Fall der fünf kubanischen Patrioten hin, die in den Vereinigten Staaten eingesperrt seien, weil sie den in Miami organisierten Terrorismus bekämpften. Seit über 11 Jahren werde Gerardo Hernández, Ramón Labañino, Fernando González und René González die Freiheit vorenthalten, weil sie Beweise gegen Kriminelle gesammelt hätten, die von der US-Regierung beschützt werden, und sich loyal gegenüber ihren sozialistischen Idealen verhielten.
In einem Vergleich der derzeitigen demokratischen Situation in Kuba mit der vor dem Triumph der Revolution von 1959 erinnerte August daran, dass vor 1959 die Medien von den US-kubanischen Oligarchien kontrolliert wurden, und der US-Botschafter der Vereinigten Staaten bekannt dafür war, der einflussreichste Mann in Havanna zu sein.
Nachdem jemand aus dem Publikum den Wusch äußerte, etwas Konkretes für das kubanische Volk in seinem Kampf gegen die Blockade zu tun, schlug August vor, per Akklamation einer gemeinsamen Forderung in Form eines offenen Briefes an den Präsidenten der Vereinigten Staaten Barack Obama zuzustimmen. Nach der enthusiastischen Reaktion aller Anwesenden, wurde August beauftragt, dem neuen Nobelpreisträger eine gemeinsame Forderung zu übermitteln und ihm damit eine Gelegenheit zu geben, die Ernsthaftigkeit seines Versprechens für einen Wandel in der Außenpolitik zu beweisen.

* Kaine Walsh ist Aktivistin für Soziale Gerechtigkeit und Mitglied des Table de concertation de solidarité Québec-Cuba. Sie moderiert eine französischsprachige Rundfunksendung über die Realität in Kuba namens Dimension Cubaine im Lokalsender von Montreal "Radio Centre-Ville" (Quebec). www.radiocentreville.com

Montreal, 10. Oktober 2009

  Montreal

President Barack Obama,
The White House,
Washington, DC

Präsident Obama,

das Sozialforum von Québec findet zurzeit in Montreal statt. Wieder einmal, wie auch schon vor zwei Jahren, nehmen Tausende von Menschen aus allen Lebensbereichen und von nahezu jedem Kontinent des Planeten teil. Dieses regionale Forum in meiner Stadt ist eines von vielen regionalen Foren in verschiedenen Kontinenten der Welt in Vorbereitung des nächsten Weltsozialforums, das in Afrika stattfinden wird.
Heute leitete ich eine Konferenz mit dem Titel: "Obama, die Blockade gegen Kuba und demokratische Reformen." Dem Vorschlag der Zuhörer folgend legte ich eine Resolution vor, deren wesentlicher Teil besagt: "Wir, die Teilnehmer dieser Konferenz, fordern Sie unter Berücksichtigung ihres erklärten Wunsches nach einem Wandel in der internationalen Arena auf, die traditionelle Haltung Washingtons aufzugeben und diesmal für die kubanische Resolution zu stimmen, die Ende des Monats auf der Vollversammlung der Vereinten Nationen präsentiert werden wird und in der gefordert wird, die völkermörderische Blockade gegen das kubanische Volk aufzuheben." Die heutige Resolution von Montreal wurde unter großem Beifall einstimmig angenommen. Wenn Ihre Administration sich entschließt, in die Fußstapfen aller vorangegangener US-Administrationen zu treten und nahezu allein gegen Kuba und die Welt stimmt, dann fordern wir sie auf, wenigstens die breite Mehrheit der Nationen zu respektieren, die wieder einmal für die kubanische Resolution vor der UNO stimmen wird. Dies nicht zu tun, wäre ein Schlag ins Gesicht der internationalen öffentlichen Meinung und ließe es völlig lächerlich erscheinen, wenn ein Friedensnobelpreisträger diese grausame und unmenschliche Blockade gegen das kubanische Volk aufrecht erhält, deren erklärtes Ziel es ist, das kubanische Volk bis zur Unterwerfung auszuhungern.

Im Auftrag aller heute hier Anwesenden.

Arnold August
Montreal

Deutsch: ¡Basta Ya! (jmb, db)

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