12. April 2010:
Die alternativen Medien in Ländern wie den USA und Kanada versuchen weiter ihr Bestes, um das Schweigen über die Cuban Five zu brechen. Eines dieser Medien ist Radio Montréal in Quebec. Der Moderator der wöchentlichen Sendung, Le Monde, cette semain (die Welt, diese Woche) André Pesant lud mich noch einmal zum Meinungsaustausch über den Fall ein und um die Zuhörer dieses beliebten Radiosenders darüber zu informieren. André hat den Gästen in seiner Sendung immer erlaubt, die Wahrheit über die Cuban Five mitzuteilen.
Er eröffnete die Sendung, indem er einiges aus der Geschichte des Falles heraus griff, was dann durch meine Beiträge ergänzt wurde.
Gemeinsam lieferten wir folgende Information: Die fünf Kubaner wurden in den 1990ern nach Südflorida geschickt, um die terroristischen Organisationen zu infiltrieren, die seit Jahrzehnten straflos von US-Territorium aus operieren. Über 3.000 Kubaner wurden durch die Terroranschläge in Kuba seit der Revolution vom 1. Januar 1959 getötet und 2.000 ernstlich versehrt. Die kubanischen Behörden haben Washington kontinuierlich bedrängt, diese von ihrem Territorium ausgehenden Handlungen zu beenden, jedoch erfolglos. Kuba hatte nur eine einzige Wahl, sie bestand darin, Informationen zu sammeln und sie den US-Behörden zu übergeben, damit diese Maßnahmen gegen die dafür Verantwortlichen ergreifen würden. Das ist es, was die fünf kubanischen Bürger taten. Nachdem den Vertretern des FBIs in Havanna jedoch das gesamte Beweismaterial vorgelegt worden war, verhafteten sie statt der Straftäter die fünf Kubaner.
André zeigte großes Interesse an der Vorgehensweise des korrupten Gerichts, das trotz der Einwände der Anwälte in Miami abgehalten wurde, in der Stadt, wo es für sie unmöglich war, ein freies, faires und unparteiisches Verfahren zu erhalten. Miami ist die Brutstätte für antikubanische Gewalttaten. Die Fünf wurden nach ihrer Verhaftung in Miami am 12. September 1998 17 Monate lang in Isolationshaft (dem "Loch") gehalten, unfähig mit einander oder mit ihren Familien zu sprechen. Ihre Isolationshaft hinderte sie auch an einer angemessenen Vorbereitung ihrer Verteidigung.
Das Resultat:
Gerardo Hernández: 2 lebenslängliche Strafen, und seit über 11 Jahren wird ihm kontinuierlich verweigert, den Besuch seiner Ehefrau Adriana Pérez zu empfangen;
René González: 15 Jahre und seit über 11 Jahren die fortgesetzte Verweigerung [eigentlich seit August 2000, Anm. d. Ü.], den Besuch seiner Ehefrau Olga Salanueva zu empfangen;
Antonio Guerrero: lebenslänglich, plus 10 Jahre, nachträglich im Herbst 2009 auf 22 Jahre reduziert;
Ramón Labañino: Lebenslänglich, später auf 30 Jahre reduziert;
Fernando González: 19 Jahre, nachträglich auf 17 Jahre und 9 Monate reduziert.
Die Familienangehörigen von Antonio, Ramón und Fernando müssen für ihre Besuche bei den Gefangenen ein Hindernis nach dem anderen überwinden. Außerdem wurden alle Fünf, um ihre Moral zu brechen, den schlimmsten Bedingungen ausgesetzt: Gerardo, Antonio und Ramón werden in Hochsicherheitsgefängnissen festgehalten, während Fernando und René in Bundesgefängnissen sind. Die ursprüngliche Gerichtsverhandlung verband mit der ersten Bestrafung noch eine zweite, die darin besteht, ihnen angemessene Familienbesuche zu erlauben, sie verstößt gegen US-Gesetz, gegen die Rechtsprechung und die Gefängnisregeln. André interessierte sich für den Verstoß gegen das Völkerrecht bei der Gerichtsentscheidung der Geschworenenverhandlung in Miami. Dieses Gesetz enthält unter anderen den Artikel 14 des Pakts für Bürger- und Politische Rechte der Vereinten Nationen, der besagt beispielsweise, dass "alle Personen vor Gericht und bei Anhörungen gleich sein sollen. Bei der Feststellung irgend einer Straftat oder ihrer Rechte und Verpflichtungen in einem Rechtsstreit, soll jedem ein faires Verfahren und öffentliche Anhörung durch ein kompetentes, unabhängiges und unparteiisches vom Gesetz vorgesehenes Anhörungsverfahren gewährt werden."
Diejenigen, die weltweit Stellung beziehen: Parlamentarier (z.B. 56 Mitglieder des Parlaments von Quebec und Kanada), Staatsoberhäupter, Gewerkschaften (z.B. die meisten der wichtigen Gewerkschaften in Kanada und Quebec), Studentenorganisationen wie z.B. die kanadische Studenten-Gesellschaft, 10 Nobelpreisträger, Menschenrechtsorganisationen und zahlreiche Persönlichkeiten. Am 27. Mai 2005 bezog auch die Arbeitsgruppe für Willkürliche Inhaftierungen der UNO zugunsten der Fünf Stellung. Eine Rekordzahl von 12 berühmten "Freunden des Gerichts" ersuchten den US-Supreme-Court, den Fall zu prüfen, der von den Anwälten der Cuban Five vor den höchsten Gerichtshof des Landes gebracht worden war. Jedoch trotz der weltweiten Verurteilung lehnte es der Supreme-Court 2009 ab, den Fall zu überprüfen. Zur Krönung kam zur Ungerechtigkeit auch noch Beleidigung, und der Supreme Court gab keine Erklärung für seine Ablehnung.
André fragte, warum sich das Cuban-Five-Komitee in Quebec "Comité Fabio di Celmo pour les 5" nenne. Ich erklärte, dass Fabio di Celmo eines der Opfer der Terrorakte gegen Kuba sei, Terrorakte von der Art, die die Fünf zu verhindern suchten. 1997 organisierten die Terroristen aus Miami ein Programm zur Störung der Tourismusindustrie der Insel. Fabio di Celmo war in einem Hotel in Havanna als eine Bombe in der Lobby explodierte und ihn tötete. Fabio di Celmo war ein junger Italiener, der zu der Zeit sowohl in Italien als auch in Montreal lebte. Er hatte Aufenthaltsrecht in Kanada. Zu der Zeit des Mordes wartete er auf die kanadische Staatsbürgerschaft. Und so entschied der "Table de concertation de solidarite Québec-Cuba" das spezielle Komitee zu Ehren Fabio di Celmos zu benennen. Einige seiner Familie lebten in Montreal, bemerkte André. Das ist der Fall, zumindest sein Bruder Livio di Celmo. Der bekennende Mörder von Fabio di Celmo und Autor anderer Aktionen wie der Sprengung eines Flugzeuges der Cubana de Aviación 1976, die 76 kubanische Bürger tötete, ist Luís Posada Carriles [es wurden insgesamt 73 Menschen getötet, darunter auch einige Studenten aus Guayana, Anm. d. Ü.]. André verlas einige Ausschnitte eines Interviews der New York Times mit Carriles, in dem er sich zu diesen Aktivitäten bekennt. Carriles und andere wie er, spazieren frei wie ein Vogel durch Miami. Er beteiligt sich sogar an der derzeitigen Medienkampagne gegen Kuba.
Und so führt die Diskussion immer zur Doppelzüngigkeit, die von Washington bezüglich der Menschenrechte und des Terrorismus' betrieben wird. Wie ist es möglich, dass fünf Kubaner im Gefängnis sitzen, weil sie den Terrorismus bekämpften, während erklärte Terroristen wie Carriles in Freiheit sind? Diese und andere Beispiele, behauptete ich, zeigten die Doppelmoral und Scheinheiligkeit der US-Politik. Die Familie von Fabio di Celmo ist über diese Doppelmoral bei Terrorismus und Menschenrechten verständlicherweise empört, und verlangt, dass Gerechtigkeit geübt wird: Carriles sollte wegen seiner Verbrechen vor Gericht gestellt werden. Dieser frustrierende Mangel an Gerechtigkeit ist schon allein ein Grund, die Arbeit des "Internationalen Komitees für die Freiheit der Cuban Five" zu unterstützen, das eine massive Postkartenaktion gestartet hat. Zehntausende Postkarten werden aus allen Kontinenten in Dutzenden Sprachen direkt an Obama geschickt. In Quebec organisiert das Komitee "Fabio di Celmo" monatliche Mahnwachen vor dem US-Konsulat in Montreal und verteilt eine Petition. Diese und ähnliche Aktionen in Kanada wie in Vancouver und Toronto haben alle ein Hauptziel: Präsident Obama zu zwingen, sein verfassungsmäßiges Recht zu nutzen und die Cuban Five zu begnadigen und freizulassen. Mit einem Federstrich kann Obama das tun. In der Zwischenzeit fordern alle Komitees, Organisationen und Persönlichkeiten in aller Welt, Adriana Pérez und Olga Salanueva aus humanitären Gründen Visa zu erteilen, sodass sie ihre jeweiligen in den USA inhaftierten Ehemänner besuchen können.
Arnold August, Montreal, ist Autor, Journalist und Dozent, der sich auf kubanische Demokratie spezialisiert hat. Er ist Mitglied des Internationalen Komitees für die Freiheit der Cuban Five und des kanadischen Komitees "Comité Fabio Di Celmo pour les 5" des "Table de concertation de solidarité Québec-Cuba".
Deutsch: ¡Basta Ya! (jmb, db)