Kurzdarstellung internationaler Politik

Nachrichten und Analyse des Mitarbeiterstabs des "Center for International Policy"

Der Fall der Cuban Five, eine Schande der USA und wie sie beendet werden könnte

Von Wayne S. Smith
Juni 2010

Der Fall der Cuban Five reflektiert die Abgründe des US-Justizsystems und zwar die des amerikanischen Rechtswesens. Die Fünf, Gerardo Hernández, Luis Medina (Ramón Labañino), Antonio Guerrero, René González und Ruben Campa (Fernando González), waren, soviel ist sicher, Mitglieder des kubanischen Geheimdienstes. Sie wurden allerdings nicht in die USA gesandt, um die amerikanische Regierung auszuspionieren, noch deren Einrichtungen oder Personal, vielmehr wurden sie zur Unterwanderung der kubanischen Exilorganisationen ausgesandt, die terroristische Anschläge gegen Kuba verübten. Die Idee dahinter war, wenn sie einmal genügend Beweise für diese Aktivitäten gesammelt hätten, die Vertreter des FBIs nach Kuba einzuladen und sie mit diesen Beweismitteln zu versorgen, in der Hoffnung, dass die USA dann in Aktion treten würden, um solchen Aktivitäten Einhalt zu gebieten. Nach diesem Plan wurden drei FBI-Vertreter im Juni 1998 zum Treffen nach Kuba mit ihren kubanischen Amtskollegen eingeladen. Sie kehrten mit etwa 64 Informationsbänden über Exilantenaktivitäten in die USA zurück. Die Kubaner warteten darauf, dass die USA etwas unternehmen würden, um die Terroranschläge zu beenden. Sie warteten vergeblich. Nichts dergleichen wurde unternommen. Nachdem sie anscheinend aufgrund des Beweismaterials dessen Herkunft feststellen konnten, verhaftete das FBI stattdessen die Cuban Five, und 2001 wurden sie vor ein total voreingenommenes Gericht in Miami gestellt, dort, wo die Anti-Castro-Stimmung so stark war, dass es keine Chance gab, eine unparteiische Jury einzusetzen. Die Verteidigungsanwälte beantragten einen Gerichtortswechsel, damit die Verhandlung in Ft. Lauderdale oder einem anderen Ort außerhalb von Miami abgehalten werden könne. Ja, sie argumentierten, dass es nur mit einem Ortswechsel ein faires Verfahren geben könne. Unglaublicherweise wurde ihr Antrag abgelehnt.

Fehlende Beweise

Zu der voreingenommenen Atmosphäre während der Verhandlung kam, dass die Staatsanwälte außer dafür, dass sie nicht registrierte Agenten einer ausländischen Macht waren, keine Beweise dafür anführen konnten, dass die Fünf an Spionage oder irgend einem anderen Verbrechen beteiligt gewesen waren. Kein Beweismittel - also griffen die Staatsanwälte einfach zu dem abgenutzten Trick der "Verschwörung", illegale Taten begehen zu wollen. Unter der bestehenden staatsanwaltlichen Praxis wird jemand gewöhnlich der "Verschwörung" zu einem Delikt angeklagt, wenn die Regierung tatsächlich keine Beweise hat, dass er das Vergehen, dessen er beschuldigt wird, auch begangen hat. Das trifft auf diesen Fall sicherlich zu. Beweise oder nicht, alle wurden 2001 verurteilt und bekamen lange Strafen, drei von ihnen sogar lebenslängliche. 1)
Von allen am schlimmsten betroffen war der Fall von Gerardo Hernández, der wegen "Verschwörung", Mord begehen zu wollen, angeklagt worden war und zwei aufeinander folgende lebenslängliche Strafurteile erhielt - dies in Verbindung mit dem Abschuss von zwei Flugzeugen der Brothers to the Rescue im Februar 1996 und dem Verlust von vier Menschenleben. Es kümmerte niemanden, dass es nicht das kleinste Beweisstückchen dafür gab, dass er in irgend einer Weise daran beteiligt war. Obendrein hätte die Jury, um ihn der Verschwörung zum Mord für schuldig befinden zu können, ohne jeden Zweifel feststellen müssen, dass er an einer Verschwörung in der Absicht teilgenommen habe, die Flugzeuge außerhalb des kubanischen Luftraums abzuschießen. Ein Abschuss innerhalb des kubanischen Luftraums wäre ein gesetzlich gerechtfertigter Akt zur Verteidigung des kubanischen Territoriums gewesen. Aber es gab keinen Beweis für irgend eine kubanische Absicht, Flugzeuge im internationalen Luftraum abzuschießen. Im Gegenteil hatte Kuba immer wieder gesagt, dass es Flugzeuge, die in sein Territorium eindrängen, abschießen würde. Tatsächlich hatte es die US-Regierung in einer diplomatischen Note vom 15. Januar 1996 angemahnt, diese Verletzungen seines Luftraums zu beenden. Von Flügen über internationalem Territorium war nicht die Rede. Und infolgedessen bestand Kuba - trotz gegenteiliger Radaraufnahmen - darauf, dass der Abschuss der Flugzeuge von Brothers to the Rescue am 24. Februar 1996 innerhalb seines Luftraums stattgefunden habe. Seine Position dazu hält es sogar bis heute aufrecht. Wie konnte dann Hernández an der Verschwörung zum Abschuss der Flugzeuge im internationalen Luftraum beteiligt gewesen sein? Es gab eine solche Verschwörung nicht.

Das Appellationsgericht ordnet eine neue Verhandlung an

Keinesfalls überraschend hoben drei Richter am US-Appellationsgericht des Elften Bezirks in Atlanta angesichts aller Anzeichen, die gegen die Verhandlung in Miami sprachen, die Urteile des Gerichts von Miami auf und ordneten ein neues Verfahren außerhalb von Miami an. Es sollte angemerkt werden, dass die von den drei Richtern vorgetragenen Argumente vernichtend waren. Kein objektiver Mensch, der sie läse, hätte irgend welche Zweifel an der Unaufrichtigkeit einiger Anklagen und der Unfairness an dem Verfahren haben können. Unglücklicherweise war es offensichtlich alles andere als ein objektiver Mensch in der Bush-Administration, der sie überflog. Demzufolge beantragte die US-Regierung am 31. Oktober 2005, wie es ihr Recht ist, dass das gesamte Appellationsgericht, d.h. alle zwölf Mitglieder, die Befunde der drei Richter, die das Urteil vom Gericht in Miami aufgehoben hatten, überprüfen möchten. Das Menetekel stand an der Wand, und im August 2006 revidierten zehn der zwölf Richter die Anordnung für ein neues Verfahren. Am 4. Juni 2008 bestätigte das Appellationsgericht die Verurteilung des Gerichts von Miami und wies den Fall an dieses Gericht zurück.

Internationale Kritik

Inzwischen wird der Fall zu einem international Aufsehen erregenden Prozess mit weit verbreiteter Verurteilung der Entscheidung des Gerichts von Miami und seiner willkürlichen und unfairen Urteile.
Diese Ansicht wurde von 10 Nobelpreisträgern, Hunderten von Juristen, Parlamentariern und von Organisationen aus aller Welt vertreten, viele davon beteiligten sich an "Amicus Briefs", in denen der Supreme Court aufgefordert wird, sich des Falles anzunehmen. Und zum erstenmal in der Geschichte verurteilte die UN-Menschrechtskommission ein Verfahren in den USA, indem es befand "das Klima der Befangenheit und Voreingenommenheit gegen die Angeklagten" sei so gewesen, dass das Gericht von Miami unmöglich die "Objektivität und Unparteilichkeit, die nötig sind, um den Erfordernissen eines fairen Verfahrens zu genügen" hätte bieten können.

Der US-Supreme-Court lehnt es ab, sich mit dem Fall zu befassen

Es gab einige Hoffnungen, jetzt wo die Bush-Administration nur noch eine böse Erinnerung und Obama im Weißen Haus ist, könne der Weg dafür frei sein, den Fall vor den Supreme Court zu bringen. Aber im Mai 2009 hat Obamas Generalstaatsanwältin Elena Kagan beantragt, den Antrag auf eine Anhörung abzulehnen, was am 15. Juni dann auch geschah. Das ist schlimm. Die Fünf sind sicher schuldig, nichtregistrierte Agenten einer ausländischen Macht zu sein, die auf US-Territorium ohne Wissen der Regierung operiert hatten. Aber es war ihr einziges Verbrechen (wenn es überhaupt eines ist), sodass sie die Strafen dafür längst abgesessen hätten und zurück bei ihren Familien wären. Stattdessen werden alle seit fast 12 Jahren unter Haftauflagen festgehalten. In all den Jahren wurde z. B. Gerardo Hernández und René González nicht ein einziges Mal der Besuch ihrer Ehefrauen erlaubt. Das ist grausame und herzlose Bestrafung ohne Grund. Und weitere Jahre stehen bevor.

Müssen sie das?

Trotzdem könnte es eine kurzfristige Lösung geben, die es erlaubt, dass alle Seiten ihr Gesicht wahren. Der Präsident hat das verfassungsgemäße Recht, die Urteile umzuwandeln. Dann wäre für die USA der Weg frei, die Fünf freizulassen und ihnen zu erlauben, nach Kuba zurückzukehren, im Gegenzug zur Freilassung von etwa 180 politischen Gefangenen, die die kubanische Regierung festhält. Es sollte angemerkt werden, dass diese Freilassung schon lange ein Hauptziel der USA ist. Keine der beiden Regierungen hätte negative Konsequenzen aus diesen gegenseitigen Entlassungen. Im Gegenteil würde man beiden applaudieren und ihr internationales Ansehen dramatisch steigen.
Auf der anderen Seite muss man fragen: "Was gewinnen die USA, wenn sie die Fünf noch länger festhalten?"
Die Antwort ist Nichts, außer weiterer Schmach in der internationalen öffentlichen Meinung.

Der Fall von Alan Gross

Und wenn wir hier von der Entlassung von Gefangenen sprechen, sollten wir den Fall von Alan Gross einbeziehen, einem US-Bürger und Agenten von USAID, der im Dezember letzten Jahres verhaftet wurde. Gross war mehrfach mit Touristenvisa in Kuba gewesen und hat ausgesagt, der Zweck sei es, jüdischen Gruppen auf der Insel zu helfen, miteinander zu kommunizieren. Zu diesem Zweck habe er ihnen Kommunikationsmittel ausgehändigt. Zwei Probleme. Erstens, die Leiterin der wichtigsten jüdischen Gruppe in Havanna sagte, dass sie nie von Gross gehört habe. Und zweitens, sehen diese von USAID betriebenen Programme "zur Förderung der Demokratie in Kuba" häufig so aus, als wären sie Programme zum Sturz des kubanischen Systems bzw. der kubanischen Regierung, also subversiver Natur. Die Kubaner sahen offensichtlich Gross' Aktivitäten, die die Verteilung von, von der US-Regierung finanzierter Satellitentechnologie einschloss, in diesem Licht, und er wurde verhaftet. Es sollte angemerkt werden, dass die Verteilung solcher Geräte ohne Lizenz schon eine Verletzung kubanischer Gesetze darstellt.
Natürlich haben die USA protestiert und seine Freilassung gefordert, bisher ohne irgendeine Antwort der Kubaner. Nahezu mit Sicherheit wäre die beste Methode, seine Entlassung zu erreichen und zukünftige Verhaftungen, Probleme und Missverständnisse zu vermeiden, wenn das Außenministerium und USAID jedes weitere Programm "zur Förderung der Demokratie in Kuba" formal suspendieren würden, wenn es nicht dem normalen diplomatischen Protokoll folgt und nicht der Autorisierung des Gastgeberlandes unterliegt. Und dabei würden wir nahezu nichts verlieren, denn diese Programme "zur Förderung der Demokratie" haben sehr wenig bei der Änderung der öffentlichen Meinung in Kuba erreicht. Wie schon einige gesagt haben, sie waren fast so nutzlos wie TV Martí.

1) Obwohl 2009 Luis Medinas [Ramon Labañinos] lebenslängliche Strafe auf 30 Jahre und Antonio Guerreros Strafe auf 22 Jahre reduziert wurden.

Wayne S. Smith ist leitender Wissenschaftler am Zentrum für Internationale Politik. Er war Dritter Sekretär in der US-Botschaft in Havanna in der Zeit als die USA und Kuba 1961 die diplomatischen Beziehungen abbrachen, und Chef der US-Interessenvertretung in Havanna von 1979 bis 1982, als er den Auswärtigen Dienst aus Unzufriedenheit mit der Politik der Reagan-Administration verließ.

Deutsch: ¡Basta Ya! (jmb, db),

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