Weinglass: Es war die Solidaritätsbewegung, die die Fünf aus der Isolationshaft geholt hat
1. April 2003
Bernie Dwyer Radio Habana Cuba Die "Cuban Five" sind aus der Isolationshaft in den verschiedenen US-Gefängnissen befreit worden, in denen sie extrem lange Strafen dafür absitzen, dass sie ihr Land vor dem Terrorismus verteidigt haben. Sie verbrachten fast einen Monat unter entsetzlichsten Bedingungen ohne Besuche der Familien und des Konsulats. Sie waren jeglichen Schreib- und Lesematerials und in mindestens einem Fall auch der Kleidung beraubt. Bernie Dwyer vom englischen Sprachdienst von Radio Havana Cuba sprach kurz nachdem sie von der Entlassung gehört hatte mit US-Anwalt Leonard Weinglass, der einen der Fünf vertritt. Bernie Dwyer - Herzlichen Glückwunsch Leonard, das ist wirklich mal eine gute Nachricht für alle. Leonard Weinglass - Es gibt viele, viele, denen man gratulieren muß, denn es war die Antwort der Solidaritätsbewegung, die die Fünf aus der Isolationshaft befreit hat. Bernie Dwyer - Sie glauben, es war tatsächlich öffentlicher Druck, der das vollbracht hat? Leonard Weinglass - Ja, das ist es was ich damit meinte, als ich mich auf die Solidaritätsbewegung bezog. Es war die Überwältigende Antwort der Öffentlichkeit, die es ihnen ermöglichte, da heraus zu kommen. Bernie Dwyer - Wie hast du von der Änderung ihrer Haftbedingungen erfahren? Leonard Weinglass - Ich habe am letzten Freitag eine offizielle Nachricht bekommen, dass sie in wenigen Tagen ‘raus sein würden. Ich bekam sie vom US-Staatsanwalt in Miami und dann hörte ich, dass René als erster heraus gekommen sei, und dann Gerardo und ich weiß, daß Antonio am Montag heraus kam. Ich weiß nicht, wann Ramón und Fernando heraus kamen, aber ich weiß, dass sie jetzt auch draußen sind. Bernie Dwyer - Ich habe es so verstanden, dass einige der Beschränkungen in Kraft bleiben. Wissen Sie schon welche? Leonard Weinglass - Im Moment weiß ich nicht genau, was das für Beschränkungen sein werden. Ich habe nur eine formelle Nachricht bekommen, dass sie aus der Isolationshaft kommen und dass einige ungenannte Einschränkungen in Kraft bleiben. Wie du weißt, weiß ich nicht auf welche sie sich dabei beziehen. Aber ich habe zweimal mit Antonio gesprochen, ohne jedes Problem. Allerdings hat Antonio mir erzählt, dass er die drei Briefe, die er mir während der Isolationshaft geschrieben hatte, heute zurückbekommen habe. Sie sind niemals ausgeliefert worden, obwohl der US-Staatsanwalt versprochen hatte, dass die juristische Korrespondenz vollständig wieder hergestellt wird. Aber das war sie nicht, denn er hat meine Briefe auch nie bekommen. Bernie Dwyer - Konntest du aus dem Telefongespräch mit Antonio seine Stimmungslage und seinen Eindruck von der Befreiung aus der Isolation ersehen? Leonard Weinglass - Antonio ist ein sehr bescheidener Mann und auch sehr tapfer. Er ist kein Mensch, der sich beschweren würde. Aber er erzählte mir, dass er heute sehr froh sei, als ich vor einer Stunde mit ihm sprach, und daß sie ihm eine Schachtel mit zweihundert Briefen gegeben hätten, die man ihm während der Isolation geschrieben habe. Bernie Dwyer - Haben Sie mit irgend einem der anderen Anwälte über deren Klienten, die anderen vier Männer, die aus der Isolationshaft entlassen wurden, gesprochen? Konnten Sie noch irgendwelche anderen Rücksprachen nehmen, über die Berufungsanträge, die bis zum 7. April beim 11th Circuit Court of Appeals in Atlanta eingereicht werden müssen? Leonard Weinglass - Nein, ich hatte keine Gelegenheit. Phil Horowitz, der René vertritt, hat mich angerufen als René draußen war, aber ich war nicht in der Lage, mit den anderen Anwälten zu sprechen. Wie du weißt ist jeder in der Endphase seines Berufungsantrages, der bis 7. April abgegeben werden muß. Ich hatte weitere dreißig Tage beantragt und keine Antwort des Gerichts erhalten, aber ich habe gestern einen Brief von Gerardo erhalten, und dieser Brief war während der Isolation geschrieben worden. Das heißt seine Briefe wurden ausgeliefert, die von Antonio nicht. Wir haben dreißig Tage verloren. Antonio kam am 3. März ins Loch, Gerardo am 28. Februar und wir hier haben einen Monat verloren. Sie kamen nicht an ihre Papiere. Sie waren nicht in der Lage irgend eine Arbeit für ihre Berufung zu machen, und ich ging zwei von ihnen während ihrer Isolationshaft besuchen und konnte auch nicht richtig an ihrem Fall arbeiten, weil sie ihre Papiere nicht hatten und sie befanden sich natürlich unter fürchterlichen Bedingungen, unter denen es unmöglich war zu arbeiten. So haben wir 30 Tage verloren. Darum habe ich dem 11th Circuit gebeten, uns die 30 Tage, die wir verloren haben, noch Zeit zu geben. Bernie Dwyer - Hat man irgend einen Grund dafür angegeben, dass man sie in Isolation genommen und einen Monat später wieder daraus befreit hat? Es gab eine Andeutung, es sei eine Angelegenheit der nationalen Sicherheit, die aber offensichtlich nicht mehr gilt, sodass die ganze Sache willkürlich erscheint. Leonard Weinglass - Nein, nichts über das , was Sie sagen. Sie haben niemals erklärt, weshalb sie sie hineingesteckt haben und dann haben sie niemals erklärt, weshalb sie sie wieder herausgebracht haben. Aber sie haben uns schriftlich mitgeteilt, dass sie für ein Jahr drin bleiben würden, und dass das Jahr für Jahr verlängert werden würde. So kamen sie nach 30 Tagen heraus, ohne dass man uns wissen ließ, welche Situation sich so verändert hat, daß die Regierung sie nach einem Monat wieder heraus läßt. Bernie Dwyer - Also könnten sie auch wieder zurückgebracht werden? Leonard Weinglass - Das ist schwierig zu beurteilen. Die Regierung hat die völlige Kontrolle über sie, es hängt von der Reaktion der Öffentlichkeit ab, die in diesem Fall, glaube ich, die Freilassung beschleunigt hat. Man kann nicht vorhersagen, was die Regierung als nächstes vorhat. Wie auch immer, dies muß nicht das Ende der Geschichte sein. Ich prüfe jetzt die Möglichkeit einer Klage gegen die Regierung wegen Mißhandlung der Fünf und den Mangel an Rechtfertigung oder Gründen dafür, sie in solch horrende Verhältnisse zu bringen. Bernie Dwyer - Glauben Sie, dass die in Kraft gesetzten Einschränkungen ihre Post beeinflussen? Leonard Weinglass - Ich bin nicht sicher, ob ihre eingehende Post von den Restriktionen betroffen ist. Die Tatsache, dass Antonio seine zweihundert Briefe erhalten hat, deutet darauf hin, dass sie jetzt erlauben, dass seine Post durchkommt. Trotzdem weiß ich nicht, was sie als nächstes verhängen. Keiner kann sagen, was sie verbieten werden, aber die Leute sollten wachsam bleiben, weil dies nicht das Ende der Geschichte sein muß. Bernie Dwyer - Mr. Weinglass, Sie erwähnten, dass die Bedingungen Ihrer Klienten während der Isolationshaft die schlimmsten gewesen seien, die Ihnen je begegnet sind. Gibt es etwas, das Sie dem noch hinzufügen möchten? Leonard Weinglass - Ja, Gerardos Verhältnisse waren die schlimmsten, die mir je im US-Gefängnissystem begegnet sind. Gestern habe ich einen Brief von Gerardo erhalten, in dem er mir schildert, dass seine Bedingungen nach meinem Besuch vom 16. März sogar noch schlimmer wurden. Die Toilette über seiner Zelle war offensichtlich kaputt gegangen und das schmutzige Wasser lief in seine Zelle, über ihn und in seinen Ausguß. In der letzten Woche seiner Isolationshaft - ohne jeden Lesestoff - vertrieb er sich die Zeit damit, zu versuchen das Leck in seiner Zelle mit Toilettenpapier abzudichten, damit das schmutzige Wasser nicht mehr über ihn lief - Sie erinnern sich, er war in Unterwäsche, weil man ihm seine Kleidung weggenommen hatte. Das war seine Hauptbeschäftigung in der letzten Woche seiner Isolationshaft. Es war fürchterlich. Er beklagte sich beim medizinischen Dienst wegen der Gesundheitsgefahren, wurde aber ignoriert. Sie wußten, dass er unter diesen Bedingungen lebte, aber taten nichts, um ihm zu helfen. Er war in einer besonderen Bestrafungszelle für gewalttätige Insassen, innerhalb des Isolationsbereiches. Das war eine schrecklich inhumane Behandlung, und ich glaube, ich sollte das nicht ohne eine Reaktion auf sich beruhen lassen. Deutsch: ¡Basta Ya! |