5. Mai 2003
Die US-amerikanische Polit-Aktivistin und Koordinatorin der Kampagne zur Befreiung der Fünf (www.freethefive.org), Gloria La Riva, war wegen des Maifeiertages in Kuba und nahm ebenfalls an der Internationalen Konferenz der Arbeit am 2. Mai teil. Bernie Dwyer von Radio Havana Cuba interviewte sie zu ihrer politischen Arbeit und ihrem Einsatz für die Kubanische Revolution. Gloria La Riva sagte, dass sie 1985 zum ersten Mal nach Kuba gereist sei, um sich einen Traum zu erfüllen, und sei danach 28 Mal zurückgekehrt.
[Bernie Dwyer] Dein Name steht im Zusammenhang mit vielen politischen Anlässen und in steigendem Maße mit der US-Kampagne, die fünf Kubaner zu befreien, die in Gefängnissen der Vereinigten Staaten einsitzen, weil man sie beschuldigt, die Sicherheit des Landes zu bedrohen. Wirst Du uns etwas über Deinen politischen Einsatz erzählen und darüber, wie Du Teil der Solidarität mit Kuba geworden bist?
[Gloria La Riva] Zu allererst bin ich Arbeiterin und eine Aktivistin in vielen Bereichen,
die grundsätzlich damit zu tun haben, die Ungerechtigkeit und Ausbeutung jedweder Art zu
bekämpfen, einschließlich Rassismus. Einer meiner größten Brennpunkte ist
Kuba. Das erste Mal kam ich 1985 nach Kuba, und ich bin wirklich dankbar dafür, es vor dem
Kollaps der Sowjetunion getan zu haben, weil ich so auf vielfältige Weise die Wirtschaft des
Landes vergleichen kann und ein Gefühl für die Verhältnisse vorher und nachher habe.
Ich war 28 Mal in Kuba, und ich hätte nach meiner ersten Reise nie geglaubt, jemals
wiederzukommen, da der Traum meines Lebens eigentlich nur eine Reise war.
Einige Male kam ich in der frühen 90ern, um bei medizinischen Hilfskampagnen zu helfen, und
einmal koordinierte ich einen Schiffstransport mit Insulin im Wert von 2 Millionen US$. Dann gab es die Karawanen, die erste, zweite, dritte, fünfte und siebte Karawane mit den "Pastors for Peace", eine große Ehre und Erfahrung und danach die Venceremos Brigade. Aktiv war ich bei "Peace for Cuba" beim "International Action Center" und dann im Juli 2001, kurz nach dem die fünf kubanischen politischen Gefangenen verurteilt worden waren, merkten wir, dass es unbedingt notwendig ist, eine Kampagne der Solidarität mit ihnen zu starten. So setzten wir einen Aufruf ins Internet und Dutzende von Kuba-Solidaritäts-Gruppen antworteten auf der Stelle und waren sehr froh darüber, dass diese Kampagne gestartet worden war. Sie hatten in der kubanischen Presse über die Verurteilungen in den USA gelesen, aber niemand wußte so genau, worum es eigentlich geht. Alles was sie wußten, war, dass man jene als Helden betrachtete, weil sie versuchten, den Terror von Miami zu bremsen.
So, das ist ein wenig von den Dingen, bei denen ich mitmache. Ich möchte sagen, dass ich und
einige andere Leute des Komitees sich auf die Arbeit für die "Cuban Five"
konzentrieren und dabei unsere andere Arbeit fortführen konnten, weil die Anstrengungen der
Leute, mit denen ich in der ANSWER-Koalition zusammenarbeite, die sich hauptsächlich auf den
Kampf gegen den Krieg gegen den Irak konzentriert, uns genügend Raum gaben, im Kontext des
Antikriegs-Kampfes für die Fünf zu arbeiten.
[BD] Die fünf kubanischen Männer wurden angeklagt und nach einem fehlerhaften und ungerechten Verfahren in einem Gericht in Miami schuldig befunden, neben anderen Beschuldigungen, die Sicherheit der USA zu bedrohen. Wie schwer ist es in den Vereinigten Staaten, wegen der feindseligen Propaganda gegen Kuba in den Medien von Miami, Unterstützung zu bekommen.
[GLR] Es mag sich komisch anhören, aber ich fand es ziemlich leicht, darüber zu sprechen. Man beginnt damit, zu erklären, dass diese fünf Männer deswegen im Gefängnis sitzen, weil sie verdeckt in Miami gearbeitet hatten, um Terrorakte der rechtsradikalen Gruppen von Miami zu beobachten und zu bremsen. Jeder in Amerika weiß jetzt über diese Gruppen Bescheid, weil das, was mit Elián geschah, wie eine Universalerziehung wirkte. Zu der Zeit als Elián in Miami war, waren die Leute empört über diese Gruppen, sodass man nicht allzuviel darüber erzählen muß.
Und dann kommt man natürlich zu dem, dessen sie beschuldigt werden. Die Menschen in den USA verstehen das, glaube ich, auch wenn sie verschiedener Ansicht über Bush sind, wissen sie, dass ein großer Wandel in der Frage der zivilen Rechte stattfindet. Ich glaube, dass das für viele Leute beängstigend ist. Auch wenn sie keine Radikalen oder Linken oder Progressiven oder nur Gewerkschafter sind, merken die Leute in diesem Land, dass dies Teil einer Kampagne ist, die den Menschen ihre Verfassungsrechte entzieht. Die Tatsache, dass diese Männer aus Kuba kommen, bedeutet, dass es nicht schwer ist zu begreifen, dass sie die Opfer sind.
Die Schwierigkeit für uns bei der Arbeit für die Fünf ist es, den Leuten zu erzählen, dass sie existieren, und das macht man von Mensch zu Mensch beim Unterschriften sammeln. Wir haben bisher 40.000 Unterschriften. Das bedeutet, dass jeder dieser Menschen auf der Straße angesprochen wurde. Tatsächlich haben wir 50.000, weil die Briten uns noch 10.000 schicken wollen. Gerade haben wir 2.000 aus Argentinien und 3.000 aus Deutschland bekommen. Unsere große Herausforderung ist es, in die nationalen Medien der USA zu kommen, und wir arbeiten mit den Leuten der internationalen Komitees und denen in den USA an Plänen, wie wir die Mauer des Schweigens brechen können.
[BD] Die Fünf befinden sich unter der vollständigen Kontrolle der US-Behörden. Nicht einmal ihre Familien oder Anwälte haben bei ihren Aktionen irgend etwas zu sagen, wie wir bei dem Vorfall mit der Isolationshaft letzten Monat gesehen haben. Für wie effektiv hältst Du Eure Kampagne angesichts dieser Unnachgiebigkeit?
[GLR] Fälle von politischen Gefangenen sind sehr, sehr schwer in den Vereinigten Staaten, weil der Status eines politischen Gefangenen in den Vereinigten Staaten nicht anerkannt wird. Es gibt viele von ihnen, aber die USA bezeichnen sie als gemeine Verbrecher. Tatsächlich ist dieser Begriff in den USA unbekannt.
Daher sieht es nach einem harten Kampf aus, mag sein, er erscheint sogar unmöglich, aber alles fängt klein an, besonders mit politischen Gefangenen, und wir müssen weiter kämpfen und dabei kreativ sein. Zum Beispiel haben wir große Anstrengungen unternommen, ihren Fall bei den progressiven Bewegungen bekannt zu machen. Das hört sich an, als würde man offene Türen einrennen, aber ich wage zu behaupten, dass es an einem einzigen Tag, am 18. Januar, während der Antikriegsmärsche von San Francisco und Washington 750.000 Teilnehmer auf beiden Demonstrationen gab, die größte Kundgebung in den USA in letzter Zeit, und wir stellten sicher, dass es auf beiden Redner für die "Cuban Five" gab.
Wir hatten große Lautsprecher und Hunderttausende Menschen erfuhren von ihnen. Leonard Weinglass sprach exzellent und seine Rede ist auf unserer home page. Wir haben e-mails bekommen. Jeder der Antikriegsmärsche vom 26. Oktober, 18. Januar, 16. Februar, 15. März, 22. März und 12. April wurde aus Washington auf C-Span, dem Kabelkanal, übertragen, alle Reden wurden übertragen, sodass mehr Leute von ihnen erfuhren. Wir müssen kreativ sein, alle Möglichkeiten ausschöpfen. Wir sind dabei, in der New York Times eine Anzeige zu schalten, sobald wir 40.000 US$ zusammen haben. Die Anzeige wird in Kürze auf unsere web page gestellt. Es ist die Arbeit von Tausenden von Leuten, Menschen die Kuba unterstützen.
Ich muß sagen, dass die "Cuban Five", die fünf Brüder, einen außergewöhnlichen Bewußtseinsstand und Geist haben und eine gute Wahrnehmung dafür, worum es hier geht. Sie wußten, welches Risiko sie eingehen, als sie dahin kamen, als sie die faschistischen Gruppen in Miami infiltrierten, als sie ihren Auftrag begannen, der sie in die Mitte der schrecklichsten Bewegung in den USA führte, die gefährlichsten Gruppen, die dir genauso schnell die Kehle durchschneiden, wie sie Bomben in Flugzeuge legen, und das haben sie gemacht. Sie riskierten ihren Tod. Jetzt sehen sie sich etwas anderem gegenüber, das vielleicht nicht erwartet wurde, sie werden angeklagt von den USA. Für einige der Leute war das ein Schock. Die Familien erwarteten, dass sich angesichts der Rechtmäßigkeit, die Gerechtigkeit durchsetzten würde, nicht der komplette Umsturz der Rechtsstaatlichkeit, die Anwendung geheimer Beweise, die nicht existieren, die Beschlagnahmung ihres eigenen Materials in ihren Wohnungen, das dann als geheim erklärt wurde, sodass sie keinen Zugriff auf ihr eigenes Material haben. Ich glaube, ihr Fall ist beispielhaft für das politische Klima in den USA, gemeinsam mit den verhafteten dreitausend versteckt gehaltenen moslemischen Arabern und andern Farbigen, die verhaftet wurden, weil sie kein Visum hatten.
Ja es ist eine schwierige Angelegenheit, aber ich glaube, dass der normale Bürger der USA, wenn er von dem Fall erfährt - nach unserer Erfahrung - am Anfang nicht glauben kann, dass sie im Gefängnis sitzen, und dann die Petition unterschreibt. Wir haben auch noch andere Möglichkeiten, die Leute einzubeziehen und am Ende werden wir Erfolg haben.
[BD] Wegen der zunehmenden Einmischung der US-Interessenvertretung in Havanna in die Souveränität des kubanischen Staates, wurde die kubanische Regierung dazu veranlaßt, extreme Maßnahmen zu ergreifen, um das Land und das Volk gegen weitere Beschädigung zu schützen. Gewisse rechtsradikale Kräfte nutzten das, um ein Bombardement von Kritik gegen Kuba zu entfesseln. Hattest Du den Eindruck, dass das die Kampagne für die Fünf schwieriger gemacht hat?
[GLR] Eigentlich nicht, weil, obwohl die beiden Sachen zusammenhängen, beeinflußt das die Arbeit selbst nicht. Wir stellen die Verbindung zwischen den beiden Angelegenheiten her, weil diese 78 Leute, die in Kuba verhaftet und vor Gericht gestellt wurden, einen rechtsstaatlichen Prozeß erhielten und ihre Rechte garantiert wurden. Die USA haben Millionen von Dollars verteilt, um konterrevolutionäre Organisationen hier zu finanzieren und zu unterstützen, die zwar klein sind, aber ein Problem und eine Bedrohung innerhalb Kubas darstellen können. Und in Miami gab es immer schon Milliarden von Dollars, um diese Gruppen zu finanzieren, aber es war immer geheim. Jetzt ist das offener, jetzt wird das offen im Helms-Burton-Gesetz verkündet. Es ist eine gewaltige Verletzung der Souveränität eines Landes; es versucht andere Länder zu zwingen, die US-Blockade zu befolgen. Zum Beispiel wurde durch das Verfahren aufgedeckt, dass diese Leute von Doppelagenten entlarvt worden waren. Ich war in den USA als das geschah und ich weiß, dass es einen Artikel gab, der über Associated Press alle Zeitungen erreichte, über ein Interview mit einer der Frauen, die die Gruppe infiltriert hatten, und aus dem hervorging, dass sie von den USA bezahlt wurden.
Nun, was immer man über Kubas Politik denkt, was immer man über irgendwas denkt, es gibt ein starkes Argument - außer man ist Angehöriger der US-Regierung - dass Kuba das Recht hat, sich gegen jemanden zu verteidigen, der bezahlter Agent eines Landes ist, das dein Land zum Feind erklärt hat, und die USA haben Kuba zum Feindesland erklärt, zu einem terroristischen Staat. Meiner Ansicht nach sind das keine Dissidenten, es sind Leute, deren Ziel es ist, eine Regierung zu stürzen und das Eigentum Kubas fortzuschaffen.
Man muß ja nur einen Blick auf den Krieg im Irak werfen, um zu wissen welcher Terror einsetzen würde, wenn die USA in der Lage wären, Kuba anzugreifen. Erst kommt die Schwächung, die Schwächung von innen, als nächstes die US-Aggression mit der Behauptung, das Land habe kein Recht sich selbst zu verteidigen, die Verhaftung der fünf Brüder in Miami, was tatsächlich Teil des Vorhabens war.
Warum wurden sie eingesperrt? Weil sie erfolgreich den Terrorismus bekämpften. Wer waren die Terroristen, die sie versucht haben zu bremsen? Gruppen, die von den USA finanziert wurden. Jetzt seit sie in Haft sind, gibt es besser koordinierte Bemühungen von James Cason, der die US-Regierung in Kuba repräsentiert. Er ist der hochrangiste US-Diplomat in Kuba. Die CIA hat immer vergeblich versucht, die konterrevolutionären, rechtsradikalen, anti-kubanischen Kräfte in Miami und auf der Insel zu einen. Es gibt eine lange Geschichte dieser von den USA finanzierten Gruppen, Dutzende von ihnen, die nie in der Lage waren, sich zu vereinigen, weil ihre einzigen Ziele Profit und mafiöse Aktivitäten sind. Man zitierte James Cason aus einer Rede, die er im Dezember in einem rechtradikalen Radiosender hielt, in der er die rechtsradikalen Organisationen in Kuba und Miami aufforderte, sich zu vereinen. Er sagte: "Ihr müßt euch vereinen, ihr müßt ein Zehn-Punkte Programm erstellen, um die Demokratie nach Kuba zu bringen." Wenn Bush, Clinton, Rumsfeld, Powell, Rice, Cheney, Dr. Strangelove, wenn diese Leute von Demokratie reden ...
[BD] Reverend Lucius Walker, der ein wirklich guter Freund Kubas ist, hat neulich öffentlich Kuba aufgefordert, die Todesstrafe abzuschaffen, und er leitet eine weltweite Kampagne gegen die Todesstrafe. Wie hast Du dich gefühlt, als Du das hörtest?
[GLR] Ich respektiere unterschiedliche Meinungen, und ja, Lucius ist ein großer Freund Kubas. Er ist ein großes Risiko eingegangen, als er sein Projekt durchführte, das der Karawane, die Blockade zu brechen und ihr zu trotzen. Wir sind gute Freunde. Ich glaube nicht, dass Kuba in diesem Moment die Abschaffung der Todesstrafe erklären sollte. Es wäre eine offene Einladung an kriminelle Elemente, zu versuchen ein Flugzeug zu bekommen, weil sie wissen, dass Kuba kein Flugzeug abschießen würde, wie es das US-Militär tun würde, wenn das Flugzeug entführt worden wäre. Mit den letzten Flugzeugentführungen ist sehr behutsam umgegangen worden. Jeder von uns fliegt, jeder kann Opfer von so etwas werden, auch wenn es nicht Absicht der Entführer war, Menschen zu töten. Während des Piratenaktes auf der Barkasse, herrschte orkanartiger Wind, das Boot hätte untergehen können, es war nicht seetüchtig, Hunderte von Menschen sterben auf diesen Flößen und Booten. Dies war eine Entführung, die unschuldige Opfer benutzte. Es war keine Entführung eines leeren Flugzeuges, es waren nicht Menschen, die freiwillig auf ein Floß stiegen, es waren Menschen, die als Schutzschilder in Gefahr gebracht wurden, um nach Miami fahren zu können. Wie Du weißt, sind alle Entführer, die es bis in die USA geschafft haben, entlassen worden, entweder auf Bewährung oder gegen Kaution. Sie sind Piraten. Sie sollten augenblicklich zurück nach Kuba gebracht werden.
Es wird so dargestellt, als ob Lucius und andere und jene, die Kuba kritisieren, gegen die Todesstrafe sind und alle anderen dafür. Ich muß Dir sagen, dass nur ein Faschist für die Todesstrafe sein kann. Ich hasse die Todesstrafe. Wir kämpfen für Mumia und jeden anderen in der Todeszelle. Das ist keine Frage der Moral. Es ist ein Frage der Selbstverteidigung. Hat die Todesstrafe in Kuba abschreckende Wirkung? Ich glaube, in diesem Beispiel absolut. Hat es seitdem irgendwelche Entführungsversuche gegeben? Keinen einzigen. Sie wissen, dass Kuba hart bleibt. Ich mag den Gedanken nicht, dass irgend jemand hingerichtet wird, aber es ist besser die Todesfälle zu verhindern, die es mit Sicherheit in der Zukunft gegeben hätte. Kuba hat das Recht, sich zu verteidigen. Kuba hat das Recht sich zu verteidigen, und wir haben das Recht dort hinzufahren. Wir sollten das Recht haben, überall in der Welt hinzugehen und uns mit Leuten zu treffen, die unsere Brüder und Schwestern sind.
Das Interview wurde geführt von Bernie Dwyer und von Radio Havana Cuba am 5. und 6. Mai ausgestrahlt.
Deutsch: ¡Basta ya!