Bericht von Father Geoff Bottoms aus Blackpool, England, über seinen letzten Besuch bei Ramón Labañino im USP Beaumont, Texas
16. Juni 2001
Es erinnert an die Worte "Arbeit macht frei", die die Tore von Auschwitz zierten, wenn der Besucher des US-Zuchthauses in Beaumont, Texas, von den ähnlich zynischen Worten "Stolz - Einsatz - Hingabe" begrüßt wird. Vögel mögen ihre Nester im Stacheldraht, der den äußeren Zaun darstellt, bauen, und die Sonne mag ständig auf dieses traditionelle Herz der texanischen Ölfelder scheinen, aber das kann nicht die brutale Wirklichkeit des Gefängnislebens verbergen, in dem Bestrafung und Vergeltung mehr wiegen als jeder Gedanke an Reformen und Rehabilitation. Nicht dass Ramón Labañino, hier bekannt unter seinem Decknamen Luis Medina, irgend etwas böses getan hätte. Gemeinsam mit vier anderen politischen Gefangenen - Antonio Guerrero, Gerardo Hernández, René González und Fernando González - bekannt auch als die "Miami Five", die in Bundesgefängnissen auf die gesamten USA verteilt wurden, ist er Opfer einer böswilligen Kampagne, die zu den härtest möglichen Urteilen führte. [...] Wütend über die Scheinheiligkeit und Doppelzüngigkeit der USA in ihrem sog. "Krieg gegen den Terror" fragt sich Labañino: "Wie können sie sich das Recht anmaßen, Al Quaida und andere Terrorgruppen zu infiltrieren, wenn sie Kuba das Recht absprechen, das gleiche zu tun?" Trotzdem bleibt Labañino stark, gesund und bei guter Laune, ist er doch überzeugt, dass sich am Ende die Wahrheit und die Gerechtigkeit durchsetzen werden. Während seines Verfahrens verkündete er: "Ich werde meine Gefängnisuniform mit derselben Ehre und demselben Stolz tragen, wie ein Soldat seine Rangabzeichen." Zu jung, um in der ursprünglichen Kubanischen Revolution gekämpft zu haben, die 1959 triumphiert hat, glaubt er, dass jetzt seine Gelegenheit gekommen ist, für die Revolution zu kämpfen, heute wo Kuba in steigendem Maße von den USA bedroht wird, die dabei von ihren europäischen Verbündeten, mit ihrem jüngsten Paket politischer Sanktionen unterstützt werden. Tatsächlich betrachtet er seine Gefängniszeit als seine Bestimmung. Natürlich glaubt Labañino nicht, dass er nur für Kuba kämpft, sondern für die ganze Menschheit. Überwältigt und berührt von der Liebe, dem Respekt und der Zuneigung der internationalen Solidaritätsbewegung ist er überzeugt davon, dass sich die linken und progressiven Kräfte vereinigen müssen, um den neuen Imperialismus, der heute die größte Gefahr für die Menschheit sei, zu bekämpfen. Er zitiert Rosa Luxemburg, die die Welt darauf hinwies, dass sie nur zwischen Sozialismus und Barbarei wählen kann, wenn er behauptet, dass nur der Sozialismus die Probleme der Welt lösen könne. Als wichtigstes müßten wir alternative Medien schaffen, außerhalb der Kontrolle der Pressebarone, um den Lügen, Verdrehungen und der Doppelzüngigkeit der neuen Weltordnung entgegenzutreten. Labañino ist empört über die jüngste Kritik an Kuba, weil es harte Maßnahmen gegen die sog. "Dissidenten" ergriffen hatte, die von den USA angeheuert worden waren, um die Regierung zu unterwandern, und gegen die Entführer einer Fähre, die einen US-Angriff gegen Kuba hätten provozieren können, indem sie einen Massenexodus illegaler Immigranten lostreten. Obwohl er im Prinzip gegen die Todesstrafe ist, unterstützt Labañino seine Regierung in der Verteidigung Kubas gegen die Bedrohung. Er hat ein Gedicht geschrieben, in dem er den Wunsch seines Landes ausdrückt, in Frieden mit einer Welt zu Leben, in der Unterschiede respektiert werden. Als er die Umstände in dem texanischen Gefängnis beschrieb, sagte er, das schlimmste sei die Gewalt. Mexikanische, schwarze, indianische und italienische Maffias kontrollierten einen blühenden Handel mit Alkohol, Drogen und Glücksspiel, mit schlimmen Messerstechereien als Strafe für nicht beglichene Schulden. Dank seiner hat eine Schule der Revolution eine ganze Anzahl von Insassen angezogen, die mehr über Kuba und den Sozialismus wissen wollen, aber zuviel Interesse könnte ihn zu einem Rivalen der Maffiaführer machen und damit zu einem potentiellen Ziel, ihn zu eliminieren. Andererseits kommt Labañino gut mit den anderen Gefangenen und sogar den Wächtern aus. Es gibt zwanzig Kubaner im Zuchthaus von Beaumont - viele von ihnen sind "Marielitos", die Urteile bis zu 22 Jahren erhalten haben - alle haben ihn begrüßt, nach seiner Entlassung aus der Isolationshaft letzten Monat. Nachdem er siebzehn Monate vor ihrem Prozeß in Miami im "Loch" verbrachte hatte, war dies nicht das erste Mal, dass er diese Spezialbehandlung ertragen mußte. Nach seiner Ankunft in Beaumont wurde er für eine Woche in Isolationshaft verbracht, um ihn herauszufordern und zu brechen, aber als das nicht funktionierte, wurde ihm gesagt, dass er für den Rest seiner Gefängniszeit alle zwei Stunden bei einer Wache zum Rapport anzutreten habe. Seine Zelle teilt er mit einem Mexikaner. In seinem Spind haben Photos seiner Frau und seiner drei Töchter Ehrenplätze gefunden. An den Wänden gibt es Poster von Che, Fidel und Nelson Mandela gemeinsam mit Bildern von Aufmärschen in Kuba und Demonstrationen in Großbritannien und Deutschland. Er erhält zehn bis fünfzehn Briefe pro Tag, hauptsächlich aus Großbritannien, und nach 22 Uhr hört er Radio Havanna, besonders die Reden von Ricardo Alarcón, dem Präsidenten der Nationalversammlung, der eine besondere Verantwortung für den Fall der Fünf übernommen hat. Obwohl er für die Reinigung des Waschraums eine Stunde pro Tag nur $8 im Monat erhält, gibt Labañino $1 pro Minute aus, um zu Hause anzurufen. Insgesamt darf er mit dem Rest des Geldes, das er von der kubanischen Regierung erhält, nur 300 Minuten im Monat telefonieren. Den Rest der Zeit verbringt er mit Handball und Schach. Aber nichts kann die heitere Gesinnung dieses letzten einer langen Reihe von kubanischer Helden zerstören. Er findet keine Worte, um jedem im VK für die Solidarität zu danken und ist beschämt, so eine internationale Unterstützung zu erhalten, wo er doch einem Land angehört, das es eher gewohnt ist, diese anzubieten. Währenddessen werden die nächsten Monate kritisch, da die Berufung in Atlanta, Georgia, läuft. Die Verteidigungsanträge sind eingereicht und die Antwort der Staatsanwaltschaft wird erwartet. Die mündliche Verhandlung wird gegen Ende des Jahres erwartet, und dann ist die internationale Solidarität wichtiger denn je, um diesen Fall ins Rampenlicht zu bringen. Überzeugt von seiner Unschuld wird Labañino am 26. Juli, dem Moncada-Tag, im Geiste mit seinem Volk marschieren, und er freut sich auf die Zeit, in der er jeden einzelnen von ihnen persönlich umarmen kann. Und er wird es auch genießen, wenn er seine vier Kameraden wieder trifft, um mit ihnen und allen die in ihrem Namen Kampagnen durchführten gemeinsam ihre Freiheit zu feiern. Für Labañino ist der Sieg sicher. Für alle, die sein Gefühl für die Geschichte teilen, kann dieser Tag nicht früh genug kommen. Deutsch: ¡Basta Ya! |