Brief von René González an die "Campaign for Peace and Democracy"

René González schrieb einen Brief an die "Campaign for Peace and Democracy" (CPD) [Kampagne für Frieden und Demokratie], als Antwort auf deren Angriffe gegen Kuba wegen der Verfahren gegen Konterrevolutionäre im März 2003.
Joanne Landy steht an der Spitze der anti-Kuba-Kampagne.

15. Juli 2003

Liebe Frau Joanne Landy:

Schon mein ganzes Leben lang bin ich kubanischer Revolutionär, ich habe in Angola gegen die südafrikanische Invasion gekämpft und bin zur Zeit in einem US-Bundesgefängnis eingesperrt, weil ich das kubanische Volk vor Terrorakten geschützt habe, die von der Regierung der Vereinigten Staaten unterstützt, ermutigt und verschwiegen wurden. Ich hoffe, dass ich - wenn es progressiv ist, für eine bessere Welt zu kämpfen - als progressive Person bezeichnet werden kann.

Also. als ich eine Zeitschrift aufschlug, die sich exakt "The Progressive" nennt, und dort eine Anzeige der "Campaign for Peace and Democracy" las, in der für Unterschriften geworben wird, dafür, dass Kuba verurteilt wird wegen "Unterdrückung von Dissidenten", konnte ich das, vorsichtig ausgedrückt, nicht glauben.

Ich kann mir nicht vorstellen, dass sich jemand für progressiv hält, der sich der Verleumdungen und Lügen gegen Kuba hier in den USA bedient. Es würde nur ein wenig intellektueller Ehrlichkeit und weniger Nachforschungen bedürfen, um zu entdecken, dass die Gelder für die "Dissidenten" offen und öffentlich über Einrichtungen wie NED und USAID von den US-Behörden an jedweden auf der Insel verteilt werden, der sich entscheidet, als Dissident zu leben.

Wer gibt der [US-]amerikanischen Regierung die moralische Autorität, in Kuba eine bezahlte Opposition zu installieren? Welches internationale Rechtsprinzip wird hier angewendet? Seit wann ist es die Aufgabe eines US-Diplomaten durch die Insel zu reisen, um eine "Opposition" zu organisieren und ihr Geld zu geben?

Wer auch immer, innerhalb seines Landes, Geld von einer fremden Macht annimmt, um seine Regierung zu unterminieren, wird als Verräter betrachtet, sei es in Kuba oder irgend einem anderen Staat der Welt, einschließlich der Vereinigten Staaten.

Diese sogenannten "Dissidenten" haben - anders als in der Anzeige behauptet wird - in Kuba jedes Recht, ihre Ansichten auszudrücken. Alles was sie tun müssen, ist es, bei einem Nominierungstreffen aufzustehen und ihren Nachbarn zu erklären, dass sie Kuba auf den Stand von 1959 zurück bringen wollen, dass sie kubanisches Land an die United Fruit Company zurückgeben wollen, dass sie die Terroristen, die jetzt in Miami leben, zurück auf die Insel holen und ihnen ihre Besitztümer wieder geben wollen, dass sie das Land an die transnationalen Konzerne verkaufen wollen und sie selbst werden dann zur politischen Klasse, die auf die kleinlichen Interessen dieser Leute achten. Wenn ihre Nachbarn ihnen zustimmen, werden sie nominiert, ohne einen Dollar dafür ausgeben zu müssen. Auf jeden Fall wird ihnen nichts passieren, außer dass sie dumm aussehen, wenn sie ihr politisches Programm der Wählerschaft vortragen.

Aber wenn sie in eine revolutionäre Wählerschaft geraten - und ihre Nachbarn fühlen sich ihrem Land verpflichtet und unterstützen ihre Regierung des Volkes, für das Volk und durch das Volk, und haben für ihre Gesellschaftsform gekämpft und sind dafür gestorben und wollen das Gedenken an ihre Patrioten nicht betrügen, die ihr Leben für die Souveränität und Unabhängigkeit Kubas gegeben haben - dann wird kein "Dissident" nominiert, noch wird er eine einzige Stimme bekommen.

Und wenn sie nicht das Vertrauen ihres Volkes genießen, haben sie nicht das Recht in die [US-] amerikanische Botschaft zu gehen - der letzte Ort, den ich für einen Himmel der Demokratie halte - um eine Quelle der Unabhängigkeit [? source of sovereignty] zu finden, die nur den Kubanern zukommt.

Kuba sah sich mehr als 40 Jahre Feindseligkeit und Krieg ausgesetzt, was zu mehr als 3000 Toten und mehr als 2000 Verletzten führte, und zwar durch terroristische und bewaffnete Aktionen, die von Verrätern, die von der US-Regierung bezahlt, ausgebildet und unterstützt wurden, durchgeführt wurden. Diese Söldner wurden nach geltendem Recht behandelt. Sie wurden nicht willkürlich zu "Feinden" oder "illegalen" Kämpfern erklärt, oder durch eine ferngelenkte Rakete beseitigt, sodass Fidel sich vor die Kameras stellen kann und sie zu "keinem Problem mehr" erklären, oder geheimen Militärtribunalen ausgesetzt, noch wurden die Häuser ihrer Familien vom kubanischen Militär zerstört.

Sie haben Urteile bekommen, die ihrer Beteiligung an ihren terroristischen Aktivitäten entsprechen, statt der irrationalen Bestrafung, die hier Patrioten aus Puerto Rica nur für die Mitgliedschaft in irgend einer Organisation erhalten, oder die rachsüchtige Behandlung, der ich und meine Mitangeklagten ausgesetzt sind, nur weil wir Kuba vor diesen Söldnern beschützt haben, die jetzt, mit ihrem Geld und ihren Verbindungen zur US-Administration, Pläne unterstützen, wie die der "Dissidenten" oder der Aufforderung zur illegalen Immigration, um die aggressive Politik gegen Kuba zu rechtfertigen.

Das kubanische Volk hat keine andere Wahl, als seine Verluste hinzunehmen und weiter eine sozialistische Gesellschaft aufzubauen, für die schon zu viele gekämpft haben, um für uns Gerechtigkeit, basierend auf extremer Geduld und enormen Mut, zu erreichen.

Ich weiß nicht wieviele wirklich progressive Menschen sich dieser Kampagne gegen Kuba anschließen, die Dinge sind hier alle so relativ, sodass jemand als liberal bezeichnet werden kann, nur weil er seinen Hamburger mit der linken Hand ißt und im Fernsehen Leute gesehen hat, die als Linke angekündigt wurde, nur weil sie ein wenig linker sind als George Wallace.

Aber ich vermute, es gibt einige aufrichtige progressive Menschen darunter; Leute, die sich wirklich um die Menschenrechte sorgen und die ehrlich an die Gerechtigkeit glauben, aber fehlgeleitet werden von perversen Medien, die ihnen keine Alternative bieten, wenn es darum geht, zu wissen was in der Welt geschieht. Zu diesen Leuten möchte ich folgendes sagen: Bedenke für einen Moment die furchteinflößende Macht, die die imperialistische US-Regierung akkumuliert hat. Bedenke das hohe Maß an Straffreiheit, das diese Leute gerade jetzt spüren, die sich gerade über die ganze Welt hinwegsetzten und einen Angriffskrieg durchführten, und dabei lügen, wie es noch niemand je getan hat, um ihn zu rechtfertigen, die eine kriminelle und illegale Doktrin des Präventivkrieges kreieren, was einen Bruch mit allen Prinzipien internationaler Beziehungen darstellt, und kommen mit all dem ungeschoren davon. Vergleiche die überwältigende Macht mit der kleinen Insel Kuba und du kannst leicht sehen, welchen Schaden dieses faschistischen Establishment meinem Land mit wenig Aufwand zufügen kann.

Ich hatte immer höchsten Respekt vor den ehrlichen [US-] Amerikanern, die, wenn sie die immense Kraft der hochentwickelsten Maschinerie von Irreführung überwunden haben, in der Lage sind, hinter die Dinge zu sehen, um eine Sicht der Weltereignisse zu bekommen, die diesem Land zur Ehre gereicht. Dazu braucht man eine Menge Intelligenz, Neugier, Mut und vor allem Gefühl.

An dieses Gefühl möchte ich apellieren und mit allem Respekt bitte ich Sie, über folgendes nachzudenken: Es war eine Sache, ein römischer Bürger zu sein, versehen mit allen Privilegien, und dann im Senat oder auf der Straße über Demokratie und Freiheit zu diskutieren; und eine andere Sache war es, eine völlig andere Sache, im Feld für diese Demokratie und diese Freiheit zu kämpfen, gegen alle Ungleichheiten, unter Belagerung der Legionen Pompeis, und zusammen mit Spartakus dein bißchen Leben zu verteidigen.

Ihr

René González Sehwerert
Federal Correctional Institution
Edgefield, South Carolina
Cc: the Progressive

Deutsch: ¡Basta Ya!

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