Gespräch mit einem chilenischen Opfer der Operation CondorBernie Dwyer, Radio Havana Cuba, 9. Juni 2005"Wir erlebten die Folter; wir erlebten die Geheimgefängnisse" Die Erlebnisse des Chilenen, Manuel Guerrero Antequera, als Sechsjähriger.
"Wir konnten meinen Vater hören und er uns. Wir waren zwei Tage und eine Nacht lang dort und wurden physischer und psychischer Folter ausgesetzt."
Eine selbst erlebte Geschichte ist von eigenem Wert. Eine Geschichte, die ein Mann erzählt, der als sechsjähriger Junge dabei war, wie sein Vater angeschossen wurde und dann seine Mutter und seine kurz nach diesem Ereignis geborene Schwester auf der Suche nach ihm in Konzentrationslagern und Gefängniskrankenhäusern begleitete, ist eine Geschichte, die nicht ignoriert werden sollte. Manuel Guerrero Antequera erzählte seine Geschichte auf der "Internationalen Konferenz gegen den Terrorismus" in Havanna (2.-5. Juni), auf der die Menschen der Gewalt, der Verfolgungen und ihres Kampfes gegen den Aggressor gedachten. Die Gewalt setzt sich heute auf Geheiß der aufeinander folgenden US-Administrationen fort. Bevor er nach Chile zurückkehrte, sprach Manuel Guerrero, Dozent an der Universität von Chile, mit Bernie Dwyer von Radio Havana über seine Erfahrungen als Kind unter der Diktatur Pinochets und der Operation Condor.* Interview [Bernie Dwyer] Es wurden auf der neulich abgehaltenen "Internationalen Konferenz gegen den Terror" viele abschreckende und furchtbare Zeugnisse abgelegt. Ihres war eines der bewegendsten. Würden Sie es bitte noch einmal erzählen, um den Menschen die Brutalität der unter der Operation Condor begangenen Taten nahezubringen?
[Manuel Guerrero Antequera] 1976, als ich sechs Jahre alt war, kidnappte die Geheimpolizei aus Pinochets Junta meinen Vater. Er ging gerade zusammen mit meiner Mutter auf der Straße. Meine Mutter war schwanger. Die Polizei schoss auf ihn, da er überlebte, nahmen sie ihn mit, und er war für eine Reihe von Monaten "verschwunden". [Bernie Dwyer] Sie waren sechs Jahre alt. Haben sie Sie gefoltert?
[Manuel Guerrero Antequera] Ja, wie meine Mutter und meine kleine Schwester. Sie versuchten damit, meinen Vater zu brechen. [Bernie Dwyer] Warum war die chilenische Geheimpolizei hinter Ihrem Vater her? [Manuel Guerrero Antequera] Mein Vater war ein sehr junger Anführer einer sozialen Bewegung. Er war Lehrer und zu der Zeit ein Kommunist der Unidad Popular [Einigkeit des Volkes, Anm. d. Ü.], den Vorsitz der Koalition hatte Präsident Salvador Allende. Mein Vater organisierte die freiwillige Arbeiterwegung in Chile. Daher hielten sie ihn für gefährlich. Zwischen 1973 und 76 organisierte mein Vater die antifaschistische Untergrundbewegung. Danach war seine Aufgabe, Fußballwettkämpfe und eine kulturelle Bewegung zu organisieren. [Bernie Dwyer] Es scheint so, dass er daher wegen seiner Ideen verfolgt wurde?
[Manuel Guerrero Antequera] Ja, es war wegen seiner Ideen, aber nicht nur wegen seiner Ideen, denn es gab eine Menge Menschen, die genau so dachten wie er, aber nicht alle wurden in Geheimgefängnisse gesteckt und gefoltert. [Bernie Dwyer] Sie und ihre Familie entkamen schließlich 1976 nach Schweden. Blieben Sie lange dort?
[Manuel Guerror Antequera] Wir blieben fünf Jahre lang dort, und 1982 sagte uns mein Vater, dass er wieder zurück nach Chile müsse, um mit seinem Volk gegen Pinochet zu kämpfen. Er organisierte die arbeitslosen Lehrer und wurde zum Symbol für den Kampf gegen den Faschismus. Er war seiner Zeit der einzige, der die Unterdrückung des "Comando Conjunto" überlebte, eine ähnliche Operation wie die der Operation Condor, aber in Chile ansässig, die die Unterdrückungsorgane in Chile koordinierte und artikulierte: Armee, Marine und Luftwaffe etc. [Bernie Dwyer] Wo sind Ihre Mutter und Schwester jetzt? [Manuel Guerrero Antequera] Meine Mutter ist in Chile und versucht, nachdem mein Vater ermordet wurde, ein neues Leben aufzubauen. Sie ist auch eine Lehrerin. Meine Schwester lebt in Schweden und will nicht nach Chile zurück kommen. Es war wirklich schrecklich für sie, daher hat sie keinen Glauben mehr. Es wird ein sehr langer Prozess sein, bevor meine Schwester America glauben wird, dass Chile und die chilenischen Behörden uns beschützen und nicht ermorden werden. [Bernie Dwyer] Es gibt fünf Kubaner, die zur Zeit wegen ihres Kampfes gegen den Terrorismus im Gefängnis in den USA sind, sehen Sie einen Zusammenhang zwischen der Arbeit, die sie in Miami 1998 getan haben und der Art von Terrorismus, unter der Ihre Familie in den 70ern und 80ern in Chile gelitten haben?
[Manuel Guerrero Antequera] Ja, es ist derselbe Kampf. Was die Fünf tun, ist dasselbe, was mein Vater getan hat. Er hatte den Kampf gegen Terrorismus in all seinen verschiedenen Ausprägungen, den er auf dieser Welt annehmen kann, organisiert. Der Terrorismus von Pinochet und Contreras (Direktor der DINA), Operation Condor und das, was die aufeinander folgenden US-Administrationen Kuba über 45 Jahre lang angetan haben, ist derselbe Terrorismus. Deutsch: ˇBasta Ya! |