Ohne Zweifel ist der sechsundsechzigjährige Ricardo Alarcón eine der wichtigsten Persönlichkeiten in der kubanischen Administration, möglicherweise die Person auf der Insel mit den besten Kenntnissen der US-Politik. Nachdem er mehr als 14 Jahre in New York gelebt hatte, ist er jetzt seit 1993 Präsident der Nationalversammlung und derjenige Diplomat, der mit den Beziehungen zu den Vereinigten Staaten beauftragt ist. In diesem Ausschnitt aus einem Interview mit Rebelión beantwortet er Fragen zu der Situation der fünf Kubaner, die in den USA hinter Gittern sitzen.
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6. Dezember, 2003
F: Ein Thema, das den Menschen in Kuba und vielen Menschen in anderen Ländern Sorge bereitet, ist die Gefangenschaft der fünf Kubaner in den Vereinigten Staaten, die von der US-Regierung der Spionage beschuldigt werden. Was war ihre Aufgabe in den Vereinigten Staaten?
A: Sie kämpften gegen den Terrorismus. Sie erfüllten eine sehr delikate und heldenhafte Mission: sie infiltrierten Terrorgruppen in Miami, um Informationen über deren Pläne zu erhalten und somit Kuba dabei zu helfen, Verbrechen zu verhindern. Ihre Ankläger, das Büro der Staatsanwaltschaft in Südflorida hat, sowohl mündlich als auch schriftlich, anerkannt, dass das ihre Mission gewesen sei. Während des Verfahrens hat genau dieses Büro der Staatsanwaltschaft versucht, die Präsentation von Zeugenaussagen und Beweisen für die terroristischen Aktivitäten zu verhindern, und mehrere Zeugen bedroht, für den Fall, dass diese solche Aktivitäten aufdeckten.
Das Gericht hat sogar noch eine weitere Sanktion auferlegt, die wörtlich besagt: "Dem Angeklagten ist es verboten, Orte aufzusuchen, die bekannt dafür sind, dass sich dort terroristische Individuen oder Gruppen aufhalten". Es ist so lebenswichtig für diese Regierung, ihre Terroristen zu schützen, dass sie sich die Mühe macht, jemanden zu "verhindern", der möglicherweise den Rest seines Lebens und weitere zehn Jahre in einem Hochsicherheitsgefängnis verbringen muß.
Die Geschichte mit der "Spionage" ist ein Beispiel für die Mätzchen und die mediale Manipulation, die es in diesem Prozeß gab. Was in Miami als "Presse" genannt wird, bezeichnete sie als "Spione", dieselbe Presse, in der eine Flut von solchen Erklärungen erschien, abgegeben von Individuen mit einer ausgedehnten terroristischen Geschichte, die frei in den Straßen dieser Stadt wandeln. Die Staatsanwälte gingen noch weiter und beschuldigten sie, zu versuchen, die "Vereinigten Staaten zu zerstören" und verglichen sie mit denen, die Pearl Harbor angegriffen hatten.
Trotzdem hat das Pentagon in einer offiziellen Note erklärt, dass es niemals eine Bedrohung der Sicherheit der Vereinigten Staaten gegeben habe, und zahlreiche Zeugen, pensionierte Generäle und Admiräle und sogar hochrangige Beamte, die als Regierungsexperten teilnahmen, erklärten unter Eid, dass es keine Spionage gegeben habe.
F: Welche Unregelmäßigkeiten gab es in dem Prozeß gegen die Cuban Five? Wie ist der derzeitige Stand des Verfahrens?
A: Eine Liste der Unregelmäßigkeiten wäre sehr lang. Ich will versuchen, soviel ich kann zusammenzufassen.
- Ihnen wurde etwas verweigert, was jedem Angeklagten zugestanden wird, nämlich das Recht, das Verfahren an einem anderen Ort stattfinden zu lassen, entfernt von der Vorverurteilung und großen Feindseligkeit von Miami. Der Antrag der Verteidigung, das Verfahren nach Fort Lauderdale zu verlegen, wurde abgelehnt, obwohl das nur eine halbe Stunde entfernt und innerhalb des selben Distrikts Südflorida liegt.
- Es gab Manipulationen der Beweise und erhebliche Behinderungen der Verteidiger darauf zuzugreifen. Die Verteidiger fordern immer noch Einsicht in das Material, was schätzungsweise 80% dieser "Beweise" ausmacht.
- Drei der Kameraden wurden nach Vorlage eines einzigen Beweisstückes und trotz der gegensätzlichen Aussagen der Militärs und Experten, die ich vorhin erwähnte, wegen angeblicher Spionage verurteilt. Es ist schwer einen Präzedenzfall zu finden, bei dem jemand als Spion verurteilt wurde ohne Anzeichen auf ein einziges geheimes Dokument, Material oder eine einzige geheime Information, die er an sich gebracht oder versucht hatte, an sich zu bringen.
- Einer von ihnen wurde für nicht weniger als vorsätzlichen Mord und Verrat verurteilt, ohne einen einzigen Beweis dafür, dass er diese Tat begangen hat (der Abschuß der Flugzeuge, die am 24. Februar 1996 den kubanischen Luftraum verletzt hatten, woran er überhaupt nicht beteiligt war). Um das ganze noch zu toppen: die Staatsanwaltschaft erkannte an, dass diese Beschuldigung nicht zu beweisen wäre, der Beweis wäre ein "unüberwindliches Hindernis". In letzter Minute beantragte sie, diese Anklage zu modifizieren, was abgelehnt wurde. Trotzdem wurde Gerardo von der Jury in Miami für schuldig befunden.
- Es gab unzählige Verletzungen der Normen bezüglich der Behandlung von Häftlingen und Gefangenen. Ich will nur erwähnen, dass sie in totaler Isolation gehalten wurden, in Isolationshaft, im sogenannten "Loch", 17 Monate, vom Tag ihrer Verhaftung an. Sie schickten sie noch mal dahin. Das letzte Mal dauerte es einen Monat, genau zu der Zeit, als sie ihre Papiere für das Berufungsgericht vorbereiteten, sodass ihnen die unerlässliche Kommunikation mit ihren Anwälten verweigert wurde.
- Es gab illegale Eingriffe der Regierung. Außer den Verwicklungen, die ich bereits erwähnte, handelte die Staatsanwaltschaft böswillig und unehrlich inbezug auf den Antrag der Angeklagten, das Verfahren außerhalb Miamis zu verhandeln. Zu einer Zeit, in der gleichzeitig die Unruhen und Verstöße rund um die Entführung von Elián González stattfanden, entschied die Staatsanwaltschaft, dass ein Verfahren gegen Repräsentanten der Kubanischen Revolution in Miami fair und objektiv sein könnte. Ein Jahr nach dem Ende des Verfahrens gegen die fünf, als die Staatsanwaltschaft in einem administrativen Fall angeklagt war, der nur indirekt mit unserem Land zu tun hatte, behauptete dieselbe Staatsanwaltschaft, dass es dort "faktisch unmöglich" sei, irgend etwas zu verhandeln, was in Zusammenhang mit Kuba stehe.
Der Fall liegt jetzt beim "Eleventh District Court of Appeals" [Berufungsgericht] in Atlanta. Die Parteien haben bereits die geforderten Unterlagen vorgelegt. Die Verteidigung hat eine mündliche Anhörung vor diesem Gericht gefordert, was die Staatsanwaltschaft für unnötig hält.
Aus Sicht des juristischen Kampfes liegt jetzt alles in der Hand des Gerichts von Atlanta. Es wird erwartet, dass es im nächsten Jahr
entscheidet.
Deutsch: ¡Basta Ya!