unsere zeit - Zeitung der DKP 30. April 2004 Profile
Haben die "Miami 5" eine Chance?UZ-Interview mit dem US-Anwalt Leonard Weinglass
Derzeit sind fünf Kubaner in den USA inhaftiert, da sie im Auftrag der kubanischen Regierung versuchten, Kuba vor dem von rechten Exilkubanern in Miami ausgehenden Terrorismus zu schützen. Die "Miami 5", wie sie seit ihrer Festnahme genannt werden, hatten exilkubanische Organisationen mit Sitz in Miami infiltriert, da die US- Behörden - trotz von der kubanischen Regierung vorgelegter Beweise über geplante Terroranschläge gegen Kuba - nicht zum Handeln bereit waren. Anstatt die terroristischen Aktivitäten der Exilkubaner zu verhindern, nahmen die US-Behörden die fünf Genossen fest und klagten sie wegen "Verschwörung zur Spionage" und "Verschwörung zum Mord" an. Einer der "Miami 5", Gerardo Hernandez Nordelo, hat einen prominenten Verteidiger vor Gericht: Leonard Weinglass. [Leonard Weinglass ist der Anwalt von Antonio Guerrero - Anm. ¡Basta Ya!] Der profilierte US-Anwalt hatte sich vor allem durch die Verteidigung von Angela Davis und Mumia Abu Jamal in der Vergangenheit über Landesgrenzen hinweg einen Namen gemacht. Mitte April war Weinglass zu Gast in Berlin, um in Zusammenarbeit mit dem Komitee für Grundrechte und Demokratie, dem Netzwerk "Basta ya" und dem Republikanischen Anwältinnen- und Anwälteverein (RAV) über die Situation der "Miami 5" zu informieren und um Solidarität für die rechtswidrig inhaftierten Kubaner einzufordern. Am Rande einer Pressekonferenz im Berliner "Haus der Menschenrechte und Demokratie" sprach UZ mit ihm.
UZ: Wie sind die derzeitigen Haftbedingungen der "Miami 5"? Leonard Weinglass: Drei von ihnen sitzen derzeit im Hochsicherheitstrakt und die anderen beiden sind unter normalen Haftbedingungen eingesperrt. Vor ungefähr einem Jahr haben sich die Gefangenen in einem sehr schlechten Zustand befunden. Sie befanden sich damals alle in Isolationshaft. Aufgrund internationaler Proteste wurde die Isolation der Gefangenen damals beendet und sie wurden wieder in den Hochsicherheitstrakt überstellt. Zweien wird bis heute nicht erlaubt, Besuch von ihren Frauen zu bekommen. Damit verstößt die US-Behörden gegen internationales Recht und auch gegen die Gefängnisordnung. UZ: Was ist der aktuelle Stand der Verfahren? Leonard Weinglass: Der Fall ist derzeit in Berufung. Wir erwarten die Entscheidung der vier [es waren drei - Anm. BY] Berufungsrichter in ungefähr vier Wochen. UZ: Der Prozess gegen die fünf Kubaner findet in Miami statt, wo die Strukturen der rechten Exilkubaner sehr ausgeprägt sind. Gibt es für die Angeklagten dort überhaupt die Chance auf ein demokratisches Verfahren? Leonard Weinglass: Nein, das ist unmöglich. Um einen gerechten Prozess zu bekommen, müsste dieser außerhalb von Miami stattfinden. Dabei würden 50 Kilometer außerhalb von Miami schon reichen. UZ: Wie beurteilen Sie das Vorgehen der US-Behörden in diesem Fall? Leonard Weinglass: In den letzten 40 Jahren wurde von den US-Behörden eine Art Söldnerkrieg gegen Kuba unterstützt und ich denke viele Regierungsvertreter in den USA würden dem zustimmen. Diese Tatsache ist zwar bekannt, es wird jedoch versucht, sie vor der amerikanischen Öffentlichkeit weitestgehend zu verbergen. Aufgrund dieser Tatsache erhält dieser spezielle Fall wenig öffentliche Aufmerksamkeit in den Vereinigten Staaten. Dies obwohl die 40-jährige Unterstützung terroristischer Aktivitäten gegen Kuba in den USA ein großer Skandal ist. UZ: Sehen Sie überhaupt Chancen auf eine Freilassung der fünf Gefangenen? Leonard Weinglass: Ich denke, dies ist möglich, aber dazu müsste man sich zunächst in den Gerichten an das Gesetz halten. Auch müsste es eine US-Regierung geben, die bereit wäre, fair mit Kuba umzugehen. UZ: Wird sich an dem Umgang mit Kuba etwas ändern, wenn George Bush bei der kommenden Präsidentschaftswahl abgewählt werden sollte? Leonard Weinglass: Das ist sehr schwierig zu sagen. Die Bush-Regierung hat einige der bekanntesten Feinde Kubas mit hochrangigen Posten versorgt. Ich weiß nicht, wem der Kandidat der Demokraten die Posten geben würde, aber es kann nicht schlimmer als jetzt werden. UZ: Was können die Unterstützungskomitees und zur Freilassung der "Miami 5" und Freunde Kubas tun, um den Druck auf die USA zu erhöhen? Leonard Weinglass: Es gibt sowohl auf nationaler als auch auf internationaler Ebene Bewegungen, die sich für die Freilassung der "5" einsetzen. Die Aktivitäten müssen verstärkt werden, um der Forderung, dass die "5" wieder zurück nach Kuba reisen können, Nachdruck zu verleihen. Schließlich hat die öffentliche Unterstützung auch in politischen Fällen der Vergangenheit eine große Hilfe geleistet. So zum Beispiel bei Angela Davis oder auch Mumia Abu Jamal. Die Fragen stellte Markus Bernhardt
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