30. März 2015
Der folgende Frage- und Antwortkatalog ist drei Italienern, Freunden Kubas und der Fünf, gewidmet, die sich beim Papst für unsere Freiheit eingesetzt hatten: Pater Antonio Tarzia, Professor Luciano Vasapollo und Dr. Rita Martufi.
Er wurde für etliche Kubafreunde in Vorbereitung auf ein Buch erstellt. Wegen des allgemeineren Interesses erscheint es uns angemessen, unseren Austausch mit ihnen wiederzugeben.
Vom 9. bis 16. Februar war auf Einladung des ICAP [Institut für Völkerfreundschaft] und des Kulturministeriums eine Delegation, bestehend aus Pater Antonio Tarzia (Pater Paolino), Prof. Luciano Vasapollo (Sapienza Universität, Rom, Abgeordneter des Rektoriums für internationale Beziehungen mit Lateinamerika und der Karibik) und Dr. Rita Martufi (gemeinsam mit Luciano Vasapollo, Direktor des Studienzentrums CESTES der USB-Italien und dem Italienischen Verband Intellektueller Netzwerke Coord. (Künstler und Bewegungen zur Verteidigung der Humanität), zu einer Reihe von Treffen nach Kuba eingeladen worden. Sie stellten den verschiedenen Vertretern der Kubanischen Regierung, des Zentralkomitees der Kommunistischen Partei Kubas und den vielen Intellektuellen an Universitäten und Schulen der Insel die folgenden Fragen:
1. Es war Franziskus,, der Pontifex von Rom, der die Schnüre zusammenführte, um nach 53 Jahren des Kalten Krieges, der vom kubanischen Volk mit Würde erbrachten Opfer und erlittenen Gewalt eine fragile "tibetanische Brücke" zu knüpfen, und schließlich konnte die Friedenstaube mit dem Briefpapier, wie den beiden Briefen von Franziskus an Obama und Raúl, den Flug unternehmen, ohne von den üblichen Beförderern des Krieges, den Händlern des Todes, abgeschossen zu werden. Am 17. Dezember verkündeten die Präsidenten Kubas und der Vereinigten Staaten in einer ihrer monatlichen Ansprachen der Welt gleichzeitig eine substanzielle Veränderung in den Beziehungen beider Länder, um so einen Prozess in Gang zu setzen, der in der Wiederherstellung der diplomatischen Beziehungen zwischen beiden Ländern gipfeln sollte. Sie verkündeten ebenfalls die Rückkehr der drei der fünf Helden nach Kuba, die noch in nordamerikanischen Gefängnissen verblieben waren. Außerdem wurde der Beginn eines komplexen Prozesses von Verhandlungen zwischen beiden Ländern angekündigt, womit schon seitens der Vereinigten Staaten eine Reihe von Maßnahmen angekündigt worden waren, die dahin gehen, die Belagerung der Blockade zu lockern, ohne sie aufzuheben. Solch eine Situation stellt für Kuba ein neues Szenarium der Konfrontation dar, womit es weniger vertraut ist, daher spekulieren einige wieder über den Beginn des Endes der Revolution "durch die Umarmung des Todes".
Einschätzung der Hauptherausforderungen, die diese neue Art der Beziehung zwischen beiden Ländern für die kubanische Gesellschaft im Allgemeinen und ihre unterschiedlichen Bevölkerungsanteile im Besonderen darstellen.
Zweifellos stellt diese neuartige Beziehung Kuba vor neue und große Herausforderungen, auch wenn sie großartige Gelegenheiten bietet.
Bei dem Versuch, es zusammenfassend darzustellen, würde ich sagen, dass die Hauptherausforderung darin besteht festzustellen, von wo kommt der "Feind" jetzt - man beachte meine Anführungsstriche. Seit 1959 und bis zum 17. Dezember im vergangenen Jahr, war es sehr leicht aufzudecken, wer Terrorismus praktiziert oder wer Geld von der U.S.-Regierung erhält, nämlich die Elemente, die sich als Werkzeuge der imperialistischen Politik gegen unser Heimatland zur Verfügung stellten.
Unter den neuen Umständen wird der Hauptfeind in unseren eigenen Schwächen liegen. Die Bürokratie, Korruption oder das übertrieben-technokratische Denken, sie werden in dem jetzigen Kontext ermutigt und könnten mehr Schaden anrichten als die Bomben. Es wird auch den Praktiken anhaften, die unter anderen Umständen funktioniert haben, und dies könnte, obwohl sie nicht unmittelbar von den Änderungen angeregt werden, uns daran hindern, uns der neuen Realität anzupassen. Ich beziehe mich unter anderem auf Formalismus, übertrieben vertikale Struktur oder Zentralisierung, Geheimhaltung oder mangelnde Transparenz.
All diese Verhaltensweisen pflegten bei uns praktiziert zu werden, mit oder ohne Absicht zu schaden oder aus Eigennutz, allerdings mit dem gleichen Ergebnis. Nun können wir nicht mehr der aggressiven Politik der U.S.-Regierung die Schuld dafür geben. Es wird in unserer eigenen Verantwortung liegen.
Ganz sicher wird es uns nicht an eingeschleusten Feinden mangeln. Die amerikanische Politik ist in dieser Hinsicht eindeutig und beabsichtigt, eine Klasse in Kuba zu schaffen, die zur fünften Kolonne wird, die wiederum zur Etablierung eines wirtschaftlichen Machtbereichs führt, der dann politische Macht beansprucht. Unter den Partnern, die uns erreichen, werden einige Ideologen sein, die zur Wiederherstellung des Kapitalismus entschlossen sind, sowie diejenigen, die einfach nur Geschäfte machen wollen, aber durch ihr Verhalten unbewusst zu Instrumenten dieser Wiederherstellung werden. Hier werden, wie im zuvor geschilderten Fall, die Ergebnisse, unabhängig von der persönlichen Absicht, die gleichen sein.
Wichtig ist, eindeutige Regeln für alle einzuführen. Es gibt keinen Zweifel daran, dass die kubanische Gesellschaft zu einigem Wohlstand kommen wird. Unser Erfolg hängt davon ab, ob wir in der Lage sind, es mit Gerechtigkeit für diejenigen, die von ihrer Arbeit leben, in Einklang zu bringen.
Wie viel von diesem historischen Ereignis, vielleicht dem politisch wichtigsten im neuen Jahrtausend, geht auf die Entschlossenheit und Hoffnung von Franziskus, dem Mann, der vom Ende der Welt kam, zurück?
Angesichts meines Informationsstandes wäre es anmaßend von mir, den Anteil, den Papst Franziskus an der Verwirklichung dieses Wunders hat, genau abschätzen zu können. Dies war ein Gebäude, das in 16 Jahren Stein auf Stein erbaut wurde. Bestandteil dieses Bauwerks war die Solidarität derer, die an die Tür des Papstes klopften, um mit ihm über den Fall der Fünf sprechen zu können. Unter anderem gehörten viele andere Elemente juristischer, politischer und diplomatischer Natur zu dieser Konstruktion.
Jedenfalls war die Rolle des Pontifex’ nicht vernachlässigbar, indem er nämlich nach der Information, wie sie ihm berichtet wurde, urteilte. Papst Franziskus ist ein Mann des Glaubens, ist den christlichen Prinzipien und Gerechtigkeit verpflichtet, die Mitmenschlichkeit und Großzügigkeit entsprechen den tiefsten Überzeugungen eines Mannes wie ihm.
Obama ruft mit Genugtuung aus: "Wir sind alle Amerikaner!" und lässt die letzte Mauer, nach der Berliner Mauer (die gemeinsam hervorgebrachten, wie die Mauer zwischen den beiden Deutschlands und das Embargo gegen Kuba) fallen. Wie wird der neue Kurs angekündigt? Was sind die ersten Früchte der Wohltat? Welche Erwartungen gibt es?
Man sollte sich daran erinnern, dass es immer noch Mauern gibt. Es gibt die marokkanische Mauer in der Sahara sowie die Mauer, die für die Palästinenser vom Zionismus errichtet wurde. Es gibt eine Mauer, die die Vereinigten Staaten von den Ländern des Südens trennt, entlang dem Rio Grande. Wir haben noch viel zu tun, um die Mauern einzureißen.
Der neue Kurs wird als eine sehr interessante und wichtige Phase für Kubas Zukunft propagiert. Was für uns auf dem Spiel steht, ist nicht mehr und nicht weniger als die Fähigkeit, die Machbarkeit von Sozialismus zu zeigen. Es scheint eine gute Zeit zu sein, jetzt hier zu leben und an den bereits getroffenen Änderungen teilzunehmen, deren Richtung und Geschwindigkeit sicher von den neuen Entwicklungen beeinflusst werden wird.
Ich denke das erste Resultat ist, das sich beide Präsidenten mit einander unterhalten müssen. Diese Tatsache allein verdient, gefeiert zu werden. Unverzüglich hat ein Strom von amerikanischen Besuchern eingesetzt, der für beide Seiten sehr positiv zu sein scheint. Menschlicher Kontakt ist ein unersetzliches Mittel, um Frieden zu säen, sich kennenzulernen und Missverständnisse zu vermeiden.
Es gibt eine merkliche Änderung im nordamerikanischen Diskurs gegenüber Kuba, und auch ohne, dass sich große Änderungen vor Ort ereignen, gibt es schon mehr Freiheit im Kongress hinsichtlich der Aufhebung der Blockade. Obwohl zu erwarten ist, dass eine Reise wie diese Fortschritte und Rückschläge mit sich bringen wird, so wird doch jeder Schritt nach vorn neue Schritte in die selbe Richtung auslösen.
Hinsichtlich der Erwartungen gibt es viele und unterschiedliche, die von der Orientierung desjenigen abhängen, der sie hegt. Die Spannweite reicht auf der einen Seite von denen, die hoffen, den Sozialismus in Kuba hinwegzufegen, bis zu denen auf der anderen Seite, die hoffen, dass es uns die Umstände erlauben werden, einen Sozialismus zu bilden, den wir verdienen. Zwischen beiden Positionen kann eine Reihe von Erwartungen vorausgesetzt werden, die sowohl das einbeziehen, was wir als Individuen erwarten, als auch das, was wir uns für unsere Gesellschaft wünschen.
2. Johannes Paul II., der im Kommunismus geboren wurde, brachte Kuba Freundschaft und Fidel und dem kubanischen Volk Vertrauen entgegen. Er verurteilte bereits das Embargo sowie es auch Benedikt XVI. tat, dem Prof. Luciana Vasapollo und ich während einer privaten Audienz einen Brief übergaben, mit dem wir ihn baten, für "die Fünf" zu beten, auf dass der Schmerz und das Leid ihrer Angehörigen nicht vergebens gewesen sei. Während einer Anhörung im vergangenen Herbst übergaben wir Franziskus einen weiteren Brief, in dem wir ihm schrieben, er möge für sie beten und sich für die Geschichte "der Fünf" und das Unrecht interessieren, mit dem Kubaner über ein halbes Jahrhundert gestraft worden seien.
Ist Franziskus zu einem Besuch der Insel und dem kubanischen Volk eingeladen worden? Steht ein Besuch Raúls beim Papst bevor, um ihm für den diplomatischen Erfolg zu danken und ihn nach Kuba einzuladen? Falls dem so sein sollte, ist Raúl anzuraten, der Statue der "Virgen de la Caridad" [Jungfrau der Barmherzigkeit], die es seit einem Jahr im Vatikan gibt, einen Ehrenbesuch abzustatten: Sie steht in den vatikanischen Gärten hinter der St. Peters Basilika.
Lassen Sie uns daran erinnern, dass Johannes Paul II. nicht im Kommunismus geboren wurde, sondern während der zweiten Polnischen Republik, unter dem antikommunistischen General Pilsudski. Es ist anzunehmen, dass der historische Disput zwischen Russland und Polen im Zusammenhang mit den stalinistischen Praktiken gegenüber ihrem Ursprungsland für die Opposition des Papstes gegenüber dem Kommunismus eine Rolle gespielt hat. Ebenfalls bekannt ist seine Kritik, die er am Ende seines Lebens am Kapitalismus geübt hat.
Ich habe keine Information darüber, ob Papst Franziskus auf die Insel eingeladen worden ist. Andererseits wäre ich als Kubaner sehr erfreut über seinen Besuch. Ich wage zu sagen, dass es mir schwer fällt zu glauben, dass es nicht geschieht.
Auch weiß ich nicht, ob irgendein Besuch Raúls beim Papst vorgesehen ist. Ich sehe eine Übereinstimmung bei dem Besuch der "Virgen de la Caridad" in dem Fall. Ich ergreife die Gelegenheit, den leitenden Damen des Heiligtums von El Cobre zu danken, die mir gegenüber bei meinem kürzlichen Besuch des wunderschönen und symbolischen Ortes sehr höflich und respektvoll waren.
3: Die Beziehungen des Kubanischen Staates zur Katholischen Kirche, Dokumente und Verbindungen. Das sichtbare Wachstum seit dem Besuch von Johannes Paul II. bis heute.
Benedikt, der nach Kuba zurück kommt, um Beziehungen zu erneuern und Franziskus, der den Schmerz und das Leid des kubanischen Volkes zum Anlass nimmt, den Mächtigen der Erde zu schreiben und für deren Gerechtigkeit zu beten.
Wie ist das Empfinden, wenn im Wind der Karibik nebeneinander die Flaggen der USA, des Vatikans und kubanische Flaggen wehen?
Zuerst und vor allem wird große Freude über die Rückkehr der drei noch zu Unrecht inhaftierten Kubaner empfunden. Es ist schon merkwürdig, dass, während die Aufmerksamkeit der Welt von den Nachrichten der Medien über die Möglichkeit der Normalisierung der Beziehung zu den USA gebannt war, war für die Kubaner auf den Straßen der Anlass zur Feier die Freilassung von Gerardo, Ramón und Antonio. Das besagt viel über die Großzügigkeit des kubanischen Volkes, das, wenn wir es recht besehen, selbst mehr von der Normalisierung der Beziehungen und dem Ende der Blockade profitierte, als von der Freiheit der Fünf. Die Menschen auf der Straße stellen ihre persönlichen Interessen beiseite, um die Freiheit ihrer drei Landsleute zu feiern.
Es gibt auch ein Gefühl von Wünschen und Hoffnungen, sich vorwärts zu bewegen. Der Wunsch, dass die Dinge, die uns vereinen, sowohl die mit dem amerikanischen Volk als die mit der katholischen Gemeinde, eben das zu überwinden, was uns trennt. Es sollte daran erinnert werden, dass die Katholische Kirche und der Kubanische Staat bereits eine gute Strecke Weges in Richtung konkreter Ergebnisse zurück gelegt haben, nicht so der Prozess, der mit der U.S.-Regierung noch beginnen sollte, wo die Unterschiede aus historischen Gründen tiefer liegen.
4. In Kuba gibt es die katholische und andere Glaubensrichtungen und religiöse Konfessionen, lauter Orte der Verehrung, sozialer Strukturen, religiöser Schulen.
Wie sind die unterschiedlichen Religionen in den kubanischen Kontext integriert? Leben die verschiedenen Kulturen in Frieden und Freiheit zusammen? Gibt es eine völlige Freiheit der Presse und religiösen Propaganda? Gibt es irgendwelche Religionen, die anerkannt und geschützt werden? Unerwünschte Riten?
Die Integration verschiedener Religionen in Kuba ist eine Reflexion der Integration am unteren Rand dieser sozialen Vielfalt, die uns bereichert und zu Kubanern macht. Fortschritte und Rückschläge bei dieser Integration spiegeln sich im Verhalten wieder, das auch die religiöse Integration beherrscht.
Die verschiedenen Kulturen, die das kubanische soziale Gefüge ausmachen, koexistieren in absolutem Frieden und absoluter Freiheit, wahrscheinlich in exemplarischer Weise verglichen mit dem größten Teil der Welt. Dieser Frieden spiegelt sich auch in der religiösen Integration wieder. Das heißt allerdings nicht, dass es keine Schwachstellen gibt, die diese Koexistenz behindern. Die Überreste des Rassismus’, die in der kubanischen Gesellschaft fortbestehen, reflektieren gleichzeitig in der Weise, dass viele die aus Afrika stammenden Religionen verachten, was eine unterbewusste Manifestation des Rassismus’ mit einem gewissen Anteil von religiöser Intoleranz sein könnte. Wahrscheinlich haben die Jahre des Konflikts zwischen der Katholischen Kirche und dem revolutionären Staat ihre Spuren bei einigen der Protagonisten hinterlassen, und was sich in den individuellen Einstellungen wiederspiegelt. Lange Zeit gab es Konflikte mit den Jehovas Zeugen wegen deren Positionen gegenüber der Gesellschaft, und obwohl sie völlig ausgeräumt wurden, gibt es immer noch Verhaltensweisen, die mit dem Ballast vergangener Jahre zusammenhängen. All’ das ist Teil eines anhaltenden Prozesses.
In Kuba gibt es die völlige Freiheit der religiösen Propaganda, obwohl wahrscheinlich - und natürlich - viele Gruppen nach mehr Darstellungsfläche streben, insbesondere in den Medien. Alle Religionen werden anerkannt und durch das Gesetz geschützt.
Ich bin nicht sicher, ob es korrekt ist, von "unerwünschten fremden Riten" zu sprechen. Schließlich stammt jede in Kuba praktizierte Religion zu einer oder der anderen Zeit aus dem Ausland. Einige mögen misstrauisch auf neue aus dem Ausland stammende Kults sehen - zum Beispiel - die der Rastafari, wegen der gleichen Vorurteile, denen sich einige afrokubanische Religionen gegenüber sehen, aber das ist nicht Staatspolitik.
Tatsächlich gibt es immer noch Fälle von Versuchen derjenigen, die die Revolution ablehnen, die Religion für politische Zwecke zu nutzen. Sie tun das gewöhnlich durch etablierte Kirchen; aber in diesen Fällen handelt es sich um einen Konflikt mit politischem Hintergrund und nicht der Art religiöser Riten, die sie praktizieren.
5. Es sind mehr als drei Jahre seit dem 6. Kongress der Kommunistischen Partei vergangen, auf dem der Kurs der Modernisierung des Wirtschafts- und Sozialmodels der Kubanischen Revolution beschlossen wurde.
Was wären Ihrer Meinung nach die wichtigsten Vorteile, Schwächen und Herausforderungen des Prozesses in Ihrem Arbeitsfeld?
Zuerst muss ich klarstellen, dass es zurzeit kein Arbeitsfeld gibt, dem ich mich zuschreiben könnte. Bis zu dem Augenblick als meine drei Mitgefangenen aus den Vereinigten Staaten zurückkehrten, widmete ich mich ausschließlich der Arbeit für ihre Freilassung. Als Kubaner und Revolutionär bin ich an allem was wir tun, im Bemühen eine sozialistische Gesellschaft aufzubauen, die wir verdienen, interessiert und davon betroffen.
Wie schon oft gesagt wurde, ist dies ein Prozess, der voran gehen muss "ohne Hast aber ohne Pause", und grundsätzlich glaube ich, dass das die Praxis ist. Angenommen, dass der Prozess ohne Pause entwickelt wurde - eine Ansicht, der ich mich anschließe - bleibt es jedem überlassen zu meinen, dass die Geschwindigkeit angemessen ist oder auch nicht.
Zu Beginn müssen wir die Schwierigkeit des Prozesses anerkennen. Es geht darum, die Art der Handhabung der Wirtschaft zu verändern, die auf der zentralisierten Verteilung von Produktions- und Konsumressourcen mit weitreichenden Subventionen basierte, was vom Transfer von Werten von einem Sektor der Gesellschaft auf den anderen abhing, auf der Basis politischer Entscheidungen. Das war möglich, weil wir uns viele Jahre lang in einer Welt bewegten, in der der Unterschied beim Wert der Arbeitskraft zwischen den Ländern der Mitte und denen an der Peripherie des Systems größtenteils reduziert worden war; mit einem Austausch auf dem Konzept der Solidarität, das die Rolle des Marktes als Regulator der Wirtschaft rundweg ablehnte. Nach dem Zusammenbruch des sozialistischen Lagers waren wir gezwungen, weiterhin die Verteilung von Ressourcen zentral durchzuführen, als Mittel mit der Armut umzugehen ohne Millionen von Arbeitern ihrem Schicksal zu überlassen.
Jetzt kehren wir in das Reich des Marktes zurück. Güter werden aufgrund ihres "Wertes" ausgetauscht, gemäß ungleicher und ungerechter Regeln, die den Entwicklungsländern schaden - reine Exporteure von Arbeit - und unter denen wir uns anstrengen müssen, um zu wachsen. Es ist notwendig, das stark subventionierte System abzuschaffen, den Begriff des Wertes der Güter wiederzuentdecken, unsere Betriebe in einer Welt einzusetzen, die vom Wettbewerb dominiert wird. All’ das setzt soziale Kosten voraus, die ständig abgeschätzt werden müssen. Ich glaube, dies ist der entscheidende Faktor, die Geschwindigkeit des Prozesses handzuhaben, zumindest aus der Sicht des politischen Willens der Partei.
In dieser Beziehung wurden Fortschritte gemacht, und ich glaube, dass es damit begann, womit es beginnen sollte: die Sanierung eines überladenen Staatssystems, voll von inflationären Gehaltslisten, unterkapitalisiert und höchst unproduktiv. Es ist eine Aufgabe, die immer noch weiter geht, muss sich aber durch die Diversifizierung von Produktionsformen dringend dem Ziel nähern, das angestrebt wird. Ich glaube, es war klüger dort zu beginnen, um den Gordischen Knoten unserer Wirtschaft angesichts des neuen Modells zu lösen.
Es wird daran gearbeitet die doppelte Währung abzuschaffen, und vor allem die Vielzahl der Umrechnungskurse, die das Rechnungswesen fast unmöglich macht. Für viele mag dieser Prozess zu viel Zeit gekostet haben, aber es ist notwendig, seine Konsequenzen zu verstehen und die Menge der Fehler, die beim Lösen [des Knotens] gemacht werden können, um fertig zu werden und die erwarteten Ergebnisse zu erreichen. Dieser Schritt muss straff durchgeführt werden. Es übergangslos durchzuführen, ist eine unserer größten und ernstesten Herausforderungen.
Auf dem Gebiet der Unzulänglichkeiten bevorzuge ich gezieltere Schritte in Richtung der Selbständigkeit von Arbeitskollektiven und lokalen Regierungen, was zu größerer Verantwortlichkeit für sie führen sollte und einen Einfluss auf die soziale Produktivität, die Würdigung der Arbeit, die Beseitigung von Bürokratie und dem schädlichen Phänomen der Entwendung von Ressourcen, hat. Ich wünschte mir ein phasenweises Programm des Abbaus von Subventionen und diese Ressourcen zu den Gehältern und Pensionen der Rentner bzw. Staatsbediensteten zu transferieren. Ich bin besorgt über das Feld der Investitionen in Kleinbetrieben, die anscheinend nicht die Priorität besitzen wie die großen Betriebe. Ich glaube, es ist an der Zeit, die staatlichen Unternehmungen zu stärken, obwohl ich verstehe, dass es vielleicht - neben der Abschaffung von zahlreichen Umrechnungskursen - ein beschwerliches Problem ist angesichts seines sozialen Einflusses.
Unter den Herausforderungen scheint die Abschaffung der Bürokratie wegen der Gefahr, die sie darstellt, Priorität zu besitzen. Ihr Widerstand - immun gegen den politischen Willen, Gesetze und Direktiven - kann ein weiterer Grund für Verzögerungen in der Einführung von Richtlinien, die von der Partei und dem Volk beschlossen wurden, sein, und sie ist eine Struktur zwischen den Problemen und ihren Lösungen, die zusätzlich zur Förderung der Korruption die Dynamik der wirtschaftlichen Entwicklung herabmindert.
Der Wandel der Mentalität ist eine Hauptherausforderung. Die Menschen beginnen nicht einfach, anders zu denken, weil es ihnen gesagt wird. Dieser Wandel muss durch notwendige strukturelle Änderungen erzwungen werden, was uns zum Handeln zwingt - und darum, auf neue Art zu denken.
Und natürlich wird es Herausforderungen geben im Zusammenhang mit den neuen Beziehungen zu den Vereinigten Staaten. Sie haben Ressourcen, mit denen sie uns überschwemmen können, und sind Erben von wirtschaftlichen Regeln, die das Ergebnis von Jahrhunderten der menschlichen Erfahrung sind. Wir sind eine kleine Insel angesichts der vorherrschenden Macht der stärksten imperialistischen Kraft, das alles fließt in die Wirtschaft, das militärische Feld, die Propaganda usw. ein.
6. Lateinamerika wird zwischen zwei Integrationsmodellen hin und her gezogen, dem neoliberalen, das auf dem Gipfel in Mar del Plata abgelehnt und als "auslaufende Orientierung und Marktkonzept" bezeichnet wurde, dieses Konzept überlebt in Entwürfen wie der Pazifischen Allianz, und dem neuen Modell, das von ALBA, CELAC, UNASUR verfolgt wird, das die Hauptbetonung darauf legt, Vorteil aus dem Ergänzungsprinzip innerhalb der Region zu ziehen, die Anwendung seiner Ergebnisse effizienter über Projekte und soziale Programme zum Vorteil der Unterprivilegierten zu verteilen.
Was sind die Erfolge, Herausforderungen und Aussichten der neuen lateinamerikanischen Vorhaben?
Der wichtigste Erfolg im neuen lateinamerikanischen Integrationsvorhaben ist die Wiederentdeckung des Schicksals des Kontinents, das uns Bolívar gezeigt hat, sich der Gerechtigkeit für die Millionen von Lateinamerikanern hinzuwenden, die sowohl von ihren lokalen Oligarchien als auch vom Imperialismus schikaniert wurden, wegen ihrer Sehnsucht, diesen Traum zu erfüllen. Diese Integrationsvorhaben führen den Subkontinent kraftvoll in das 21. Jahrhundert und schaffen einen wichtigen Bezugspunkt inmitten eines Prozesses des Aufbaus globaler Multipolarität.
Das bedeutet den Beginn der Überwindung einer langen, dunklen Periode der Abhängigkeit vom imperialistischen Kapital und den Aufbau einer Gesellschaft, die sich um die Bedürfnisse und Sehnsüchte der Mehrheit kümmert und Wohlstand produziert.
Unter diesen Errungenschaften ist die Auflockerung von Dogmen und Entwürfen den Aufbau des Sozialismus betreffend, Dogmen, die Linke viele Jahre belastete und spaltete, und in vielen Fällen tun sie es noch. Der Kontinent demonstriert, dass wir nicht nur von den einzelnen Erfahrungen ausgehend diesen Prozess annehmen sollten, sondern, dass es mit Respekt für die Unterschiede getan werden kann und - noch mehr - bestimmte Regierungsinstanzen, die nicht in diese Art von Prozess involviert sind, durch Dialog, Kooperation und Kontaktstellen zwischen Menschen mit verschiedenen Systemen hinzuziehen.
Die Herausforderungen sind immens. Der Imperialismus wird nicht untätig zusehen, wenn er sein Recht auf "Eigentum" verliert. Wie man heute in Venezuela, Argentinien und Brasilien sieht, und wie es vorher in Bolivien und Honduras geschah, wird dieser Prozess immer auf den Widerstand weltlicher Interessen, die ihre Privilegien erhalten wollen, stoßen.
Die Art, damit umzugehen, ist, für Einigkeit in der Vielfalt zu kämpfen, die Reihen zu schließen angesichts jeden Angriffs des Imperialismus’. Den zusammenhaltenden und partizipativen Charakter oder jeden nationalen Prozess zu vertiefen. Diese immer vorwärts tragen, das bedeutet, sich zu Hause daran zu erinnern, dass es das Ziel ist, sich in Richtung einer wahren wirtschaftlichen, sozialen und politischen Demokratie zu bewegen, und darüber hinaus jeden Schritt zur Integration zu festigen, nie nachzulassen in der Suche nach neuen Wegen, uns zu integrieren und uns gemeinsam stärker zu machen.
Wenn das Ziel erreicht wird, sind die Aussichten immens. Ich würde sagen, das 21. Jahrhundert wird das Jahrhundert Lateinamerikas.
Wie beurteilen Sie Kubas Teilnahme in diesem Integrationsprozess aus dem Blickwinkel der externen Begleitung des Modernisierungsprozesses des wirtschaftlichen und sozialen Modells?
Der Prozess der Modernisierung des kubanischen wirtschaftlichen und sozialen Modells kann nicht ohne externe Unterstützung durchgeführt werden. Wir werden begleitet und "begleitet", in einem Fall von denen, die ähnliche Ziele wie wir verfolgen, auf der einen Seite, und auf der anderen von denen, die die Wiedereinführung des Kapitalismus’ in Kuba erwägen. Auf jeden Fall müssen wir darauf zählen, die Ziele der Modernisierung des Modells zu erreichen. Das Land kann sich dieser Realität nicht entziehen.
Bezüglich jener, die ähnliche Ziele verfolgen, wie im Fall jener, die am lateinamerikanischen Integrationsprozess teilnehmen, geschieht diese Begleitung unter den besten Umständen wegen des politischen Willens der Kooperation und des gegenseitigen Vorteils, was diese Verbindung inspiriert. In diesem Sinne ist es offensichtlich, dass das menschliche Kapital, das von der Kubanischen Revolution geschaffen wurde, eine wichtige Ressource wurde, die bereits Früchte beim Export von Diensten einbringt mit vorteilhaften Programmen sowohl für die kubanische Wirtschaft als auch für die Gesellschaften, die sie erhalten.
Es ist gut hinzuzufügen, dass ein solcher Austausch zusätzlichen Wert einbringt, indem eine Fachkraft mit ethischem und menschlichen Auftreten angeboten wird, was sie hervorhebt. Dieses Verhalten erzeugt ein Gefühl der Dankbarkeit gegenüber Kuba bei er Gastbevölkerung, die nach und nach Stereotypen verändert, die über Jahre gegen die Insel in die Massen eingepflanzt wurden.
So oder so wird der Modernisierungsprozess des kubanischen Wirtschaftsmodells vom Erfolg der lateinamerikanischen Integration profitieren, und es wird mitleiden, wenn die Integration leidet, aber als Teil unseres Bedarfs an Vielfalt, wird es eine wichtige Rolle in unserer nationalen Entwicklung spielen, und, wie in den Tagen von Bolívar, wird das Schicksal Kubas immer verbunden sein mit dem Geschick von ganz Lateinamerika.
Deutsch: ¡Basta Ya! (jmb, db)
Quelle: Renés Blog
vom 30. März 2015