Kommentar zu dem Feature von Tom Noga, Dok 5 - Das Feature

Von Josie Michel-Brüning und Dirk Brüning

Sendung vom 16.12.2007, 11:05 Uhr

"Hasta la victoria siempre"

Der Fall der Miami 5

Nach einigen Kommunikationsschwierigkeiten und entsprechenden Missverständnissen mit dem Autor sind wir jetzt von dem Gesamtwerk beeindruckt und, was seinen Inhalt betrifft, ziemlich erleichtert.
Abgesehen davon hatten wir, besonders, was filmische Dokumentationen zu Kuba betrifft, schon mehrfach erfahren, dass Ausschnitte aus kubanischem Filmmaterial aus dem Zusammenhang gerissen wiedergegeben worden waren, um diese dann im Sinne des geltenden Klischees über das kubanische System zu verwenden. Das galt nicht nur für die berüchtigte Wilfried Huismann-Dokumentation, die Anfang 2006 im WDR-Fernsehen gesendet wurde.

Unser Kommentar zu dem Feature, "'Hasta la victoria siempre' Der Fall der Miami 5":
Besonders gut hat uns beispielsweise gefallen, dass Tom Noga gleich anfangs Renés Brief vom Juli 2005 zitiert hat, in dem René begründete, warum er in den 1990er Jahren seine riskante Aufgabe in Südflorida übernommen hatte und dass der Autor dann auf die entsprechenden Terroranschläge eingegangen ist, die "über 3.400 Kubaner das Leben gekostet und über 2.000" lebenslänglich "versehrt" haben (Kuba beklagte 1999 vor der UNO genau 3.478 Tote und 2.099 Invalide aufgrund dieser Anschläge) sowie auf den italienischen Touristen Fabio di Celmo und die sonstigen Sabotageakte während der letzten 48 Jahre.
Gut fanden wir auch, dass der Staatsanwalt Guy Lewis zitiert wurde und damit seine offensichtliche Befangenheit demonstrieren konnte, als er sagte, die Fünf könnten doch froh sein, dass sie nicht gleich an die Wand gestellt und erschossen worden wären, stattdessen aber für ihren Prozess in Miami von US-Steuergeldern bezahlte Anwälte bekommen hätten.
Wir hätten uns natürlich noch mehr Details gewünscht und an manchen Stellen genauere Angaben, z.B. war ursprünglich auf dem Band mit der Aufzeichnung des Funkverkehrs kurz vor und während der beiden Flugzeugabschüsse im Februar 1996, als es bei der Gerichtsverhandlung 2001 vorgespielt wurde, auch noch Basultos Gelächter zu hören, ein weiterer Hinweis dafür, dass er diesen Zwischenfall trotz siebenmaliger Warnung durch die U.S.-Behörden zuvor wirklich provoziert hatte und dass der zitierte Staatsanwalt, nachdem sich José Basulto damit vor Gericht gebrüstet hatte, mit Kanonen auf kubanische Hotels geschossen zu haben, Basulto umarmte, bevor dieser als freier Mann den Gerichtssaal verlassen konnte.
Der Staatsanwalt sagte auch, dass sich Antonio Guerrero unter "falschem Namen" auf dem Militärflughafen eingeschlichen und versucht habe, an "geheimes Material" zu kommen. Letzteres halten wir für eine Fehlinterpretation seitens des Staatsanwaltes. Außerdem war uns z.B. nicht bekannt, dass auch René González und Antonio Guerrero, die doch einen U.S.-Pass besaßen, unter falschem Namen aufgetreten sind.
Außerdem störte uns, dass mehrfach gesagt wurde, die Granma sei Kubas "einzige" Tageszeitung. Wir kennen z.B. auch die "Juventud Rebelde", sie ist ebenso leicht im Internet zu finden wie die Granma.
Dann hätten wir uns noch gewünscht, dass der Autor die Interpretation der investigativen Journalistin Anne Louis Bardach aus "Cuba confidential" hinsichtlich des eingeschränkten Internetsgebrauch in Kuba weggelassen hätte. Tatsächlich hängt auch das mit der Wirtschaftsblockade zusammen. Kuba darf sich nicht an das Glasfaserkabel in der Karibik anschließen, weil dieses zu 88,2% einer US-Firma gehört, vgl. Sie bitte dazu den Artikel unter http://www.heise.de/tp/r4/artikel/26/26401/1.html.
Das gleiche gilt für deren Interpretation, dass das Helms-Burton-Gesetz "Fidel Castro" genützt und er dessen Inkraftsetzung durch die Flugzeugabschüsse provoziert habe.
Tatsächlich waren die Kubaner durch die vorherigen Tiefflüge über Havanna der "Brothers to the Rescue" sehr beunruhigt und hatten deshalb die US-Regierung informiert. Es wäre ja nicht das erste Mal gewesen, dass sie auch bewaffnet angegriffen würden. Letzteres durfte Gerardo immerhin aus dem Gefängnis sagen.
Wir hätten uns übrigens gewünscht, dass er öfter zu Wort gekommen wäre.
Dann ist da noch der Fall des Agenten Juan Pablo Roque. Der Autor beklagte sich in seinem Feature, dass Roque ihm kein ausführliches Interview "ohne Ricardo Alarcon's Erlaubnis" geben wollte.

Zum besseren Verständnis dafür, dass er wohl sein Inkognito wahren wollte, möchten wir auf einen Artikel vom 31. Dezember 2002 mit Übersetzung ins Deutsche aus dem Miami Herald verweisen:

Miami Herald, Dec. 31, 2002

Anti-Castro group claims shooting of spy in Cuba

BY ELAINE DE VALLE
edevalle@herald.com

An anti-Castro paramilitary group claims it shot -- but did not kill -- a former spy who lived in Miami and was linked to the Cuban military's shoot-down of two Brothers to the Rescue planes.
Rodolfo Frometa, director of Comandos F-4, said his group was involved in the Dec. 19 shooting of Juan Pablo Roque. He said Roque was in serious or critical condition at a Havana hospital, but the incident could not be independently confirmed.
Roque's bodyguard was killed, as was the gunman, identified as Ramón Sosa, 32, an operative in one of Comandos F-4's clandestine cells within the island, Frometa said.
''We are the only exile organization that has publicly declared being after Juan Pablo Roq ue or execute him for the crime he committed and for having laughed at this country,'' Frometa said. ``We have been following his paces. We know where he works, where he lives, who his lovers are, because our intention is to eliminate him.''
Cuban government representatives at the Washington, D.C., Cuban Interests Section did not return calls from The Herald.
Roque left his wife, Ana Margarita Martinez, and disappeared from his Kendall home in February 1996. He reappeared in Havana a few days later, after Cuban MiGs shot down two civilian planes belonging to the search-and-rescue group.
In interviews on Cuba's state-run television, he characterized the Brothers group as terrorists.
'It looks like they want him to pay for what he did, for his betrayal,'' Martinez said.

Miami Herald, 31. Dezember 2002

Anti-Castro-Gruppe beansprucht Jagdrecht auf kubanischen Spion

VON ELAINE DE VALLE
edevalle@herald.com

Eine paramilitärische Anti-Castro-Gruppe behauptet, einen früheren Spion, der in Miami wohnte und in Verbindung mit dem Abschuss zweier Flugzeuge der " Brothers to the Rescue" durch das kubanische Militär stand, angeschossen, aber nicht getötet zu haben.
Rodolfo Frometa, Direktor des Kommandos F-4, sagte, seine Gruppe sei an der Schießerei auf Juan Pablo Roque am 19. Dezember beteiligt gewesen. Er sagte, Roque befände sich in einem kritischen Zustand im Hospital in Havanna, aber der Vorfall konnte nicht von unabhängiger Seite bestätigt werden.
Roques Leibwächter wurde getötet, so, wie auch der Bewaffnete, der als Ramón Sosa, 32 Jahre, identifiziert wurde, ein Mitglied der geheimen Zellen von Comando F 4 innerhalb der Insel, sagte Frometa.
"Wir sind die einzige Exilorganisation, die öffentlich erklärt, Pablo Roque zu verfolgen oder hinzurichten für das Verbrechen, das er begangen hat und dafür, über dieses Land gelacht zu haben," sagte Frometa. "Wir sind seinen Spuren gefolgt. Wir wissen, wo er arbeitet, wo er wohnt, wo seine FreundInnen sind, denn unsere Absicht ist, ihn auszulöschen."
Repräsentanten der kubanischen Regierung in der Interessenvertretung in Washington D.C. beantworteten die telefonischen Anfragen vom Herald nicht.
Roque verließ im Februar 1996 seine Frau, Ana Margarita Martínez und verschwand aus seiner Wohnung in Kendall. Wenige Tage später tauchte er in Havanna wieder auf, nachdem kubanische MiGs zwei Zivilflugzeuge, die der Such- und Rettungsgruppe gehörten, abgeschossen hatten.
In Interviews des kubanischen Staatsfernsehens charakteresierte er die Brüder als Terroristengruppe.
"Es sieht so aus, als ob sie ihn für seinen Verrat bezahlen lassen wollten," sagte Martínez.

[Unautorisierte Übersetzung: Josie Michel-Brüning]

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