CounterPunch, 25. April 2012
Ich bin im Fall der "Cuban Five" ein Nachzügler. Ich stolperte vor einigen Jahren über die Geschichte, während ich für einen Roman recherchierte - eine Lovestory - die sich teilweise in Kuba abspielen sollte.
Während einer Reise nach Havanna im Frühling 2009 schloss ich Freundschaft mit einem Stadtführer, der mir die Stadt so zeigte, wie ich sie als Tourist nicht kennen gelernt hätte. Teils um ins Gespräch zu kommen und teils aus Neugierde fragte ich ihn, was er über die Aussichten auf bessere Beziehungen zwischen Havanna und Washington dächte, jetzt, da Barack Obama im Weißen Haus sei.
Ohne zu zögern, sagte er: "Vergiss Obama - es wird sich nichts ändern, bis der Fall der Fünf gelöst ist."
Die "Cuban Five"? Ich hatte kaum von ihnen gehört.
Und so gab er mir eine Geschichtslektion - darüber wie eine Gruppe kubanischer Geheimagenten ein Komplott aufdeckten, ein Flugzeug zu sprengen, darüber, wie Gabriel Garcia Marquez eine geheime Nachricht von Fidel Castro an Bill Clinton mit Einzelheiten des Komplotts überbrachte, darüber wie eine FBI-Delegation nach Havanna gekommen war, um sich mit ihren Amtskollegen in der kubanischen Staatssicherheit zu treffen, um sich darüber auszutauschen und wie das FBI dann keine drei Monate später nicht die in Miami ansässigen Terroristen verhaftete, die die Sprengung des Flugzeugs planten, sondern die kubanischen Geheimagenten, die versuchten, sie daran zu hindern.
"Sie können es nachsehen," sagte er.
Das tat ich. Ich fand eine Rede von Fidel Castro im Internet, die die kubanische Version der Ereignisse hervorhob. Castro fügte dem Bericht sogar den gesamten Text von 4.000 Wörtern eines zuvor von Garcia Marquez verfassten Geheimberichts bei, den er für Castro nach dem Treffen mit den Beamten des Weißen Hauses in Washington geschrieben hatte.
Ich hatte Feuer gefangen. Ich legte den Roman auf Eis und begann für die wahre Geschichte der fünf Kubaner zu recherchieren.
Ich stieß eher auf eine "Geschichte" denn einen "Fall", und ich denke, das ist wichtig. Zu oft ist unsere Rhetorik über die Fünf routinemäßig. Sie sind die "fünf Helden", die "zu Unrecht beschuldigt," "unfair behandelt und verurteilt" und dann "zu Unrecht bestraft" wurden, nur weil sie "antiterroristische Kampfer" waren.
Das ist natürlich alles wahr, aber es hilft nicht, diejenigen zu überzeugen, die noch nicht überzeugt sind. Die meisten Amerikaner sind darauf gefasst, und das brauch' ich Euch nicht zu erzählen, das Schlimmste von Kuba glauben zu müssen und insbesondere von Agenten der kubanischen Regierung.
Meine Absicht war, die Geschichte - und es ist einer faszinierende Geschichte - als reale [nicht fiktive] Geschichte zu erzählen.
Sie beginnt, kurz nachdem das Schicksal von Orlando Bosch die Medien in Miami in hellste Aufregung versetzte. Bosch - ein als einer der hinter der Explosion an Bord eines Flugzeugs der Cubana Airlines von 1976 für verantwortlich gehaltenen, die 73 Menschen tötete, also ein bekannter antikubanischer Terrorist - hatte das Aufenthaltsrecht in den USA beantragt. Das Justizministerium (jedoch nicht unbedingt das Weiße Haus) erhob Einspruch gegen seinen Antrag; Miamis Exilgemeinde unterstützte Bosch. Man rate, wer den Sieg davontrug?
Ich wollte in die sich entwickelnde Erzählung Details über das einfügen, was die verschiedenen Exilgruppen Miamis tatsächlich ausheckten (das war eine Menge), was die US-Regierung unternahm, dies zur unterbinden (herzlich wenig) und was die kubanischen Geheimagenten über die Exilanten erfuhren, worauf diese wirklich aus waren (nämlich auf eine ganze Menge).
Im Verlauf meiner Recherche las ich die 20.000 und mehr Seiten des Gerichtsprotokolls der Fünf, untersuchte mit mehr als Tausend Seiten gefüllte Bände der dekodierten Dokumente und der Korrespondenz zwischen den kubanischen Agenten und ihren Chefs in Havanna.
Ich begann eine immer noch andauernde, noch nicht gewonnene Schlacht mit dem FBI und zwar um Dokumente, die sich auf das meiner Ansicht nach so entscheidende Treffen des FBIs mit der kubanischen Staatssicherheit in Havanna im Juni 1998 beziehen. Aber ich warte immer noch darauf, sie einsehen zu können.
Ich interviewte natürlich auch Schlüsselfiguren in Havanna, Miami und Washington - keine von ihnen ist so schillernd wie Percy Alvarado.
Obwohl er nicht zu den Fünfen gehörte, war Alvarado auch ein kubanischer Geheimagent, der zur gleichen Zeit wie die Fünf in der Gegend von Miami operierte.
Er behauptete, dass er die mächtige "Cuban American National Foundation" infiltriert habe. Schlüsselfiguren dieser Stiftung rekrutierten ihn für Bombenlegungen in Kuba, sagte er. Und Luis Posada selbst - ein als solcher anerkannter Anti-Castro-Terrorist - habe ihn darin ausgebildet, die Bomben herzustellen, die er nach Kuba schmuggeln sollte.
Lasst uns Klartext reden: Jeder in diesem Geschäft lügt doch. Es liegt in der Natur dieser klandestinen Welt, und man sollte nie darauf vertrauen, das irgend einer - ob Amerikaner oder Kubaner - die ganze Wahrheit erzählt. Daher war ich total überrascht, als das, was Alvarado 1999 öffentlich angegeben hatte, später erhärtet wurde - versehentlich ausgerechnet von einem CANF-Beamten, der gerade seine früheren Waffenbrüder verklagte.
Ich interviewte auch Mitglieder der Fünf per Post und E-Mail. Ich empfand sie als beeindruckende und mutige Gestalten.
Heute möchte ich über etwas sprechen, was ich in diesem Prozess erfuhr. Es war nicht immer das, was ich erwartet hatte oder mir gesagt wurde, dass ich zu erwarten hätte.
Die Versionen, die ich beispielsweise bei einigen Unterstützern der Cuban Five gelesen hatte, ließen es so erscheinen, als ob das FBI von der eigentlichen Identität der Fünf durch die Information erfahren hätte, die der kubanische Staat ihm bei den Treffen im Juni 1998 übergeben hatte.
Das stimmt nicht. Das FBI hatte die Kubaner seit mindesten 1996 verfolgt.
Worauf sich eine interessante Frage stellt: Warum verhaftete das FBI sie nicht damals schon?
Ich werde darauf zurückkommen.
Die Kubaner sind auch schon mit der Argumentation in die Bredouille geraten, dass ihre Agenten nur deshalb in Florida gewesen seien, um die Aktivitäten der exilterroristischen Gruppen zu observieren.
Auch das, nicht ganz wahr.
Einer der Agenten, Antonio Guerrero hatte eine fast ausschließlich militärische Mission. Diese unbequeme, kaum von kubanischen Behörden anerkannte Wahrheit, hat den Anti-Castro - Mainstream-Journalisten und -Kommentatoren die Gelegenheit geboten, es so darzustellen, als ob es die Hauptaufgabe der Kubaner gewesen sei, amerikanische Militärstützpunkte zu infiltrieren, um US-Regierungsgeheimnisse zu stehlen.
[Wie bei Leonard Weinglass, seinem ehemaligen Verteidiger nachzulesen ist, wurde Antonio von der Arbeitsvermittlung in Miami nach Boca Chica geschickt, was vor Gericht auch durch die Arbeitsvermittlerin bestätigt wurde, und er hat dort daraufhin in einem Metallladen gearbeitet, Anm.d. Ü.]
So war es nicht. Der Militäraspekt spielte in ihren Aufgaben eine geringere Rolle - und es gibt einen bedeutsamen Zusammenhang dafür. Guerreros Funktion war die eines Kanarienvogels im Kohlenbergbau, die eines Frühwarnsystems hinsichtlich einer möglichen US-Invasion Kubas.
Die USA haben Satelliten, um ihre Feinde im Auge behalten zu können - eine Variante der Spionage, die wir für legitim halten. Die Kubaner können sich keine Satelliten leisten. Sie haben stattdessen menschliche Beobachter, wie Tony Guerrero.
Sein Job war es, auf das Kommen und Gehen der Militärmaschinen auf der Boca Chica Marinestation zu achten. Gab es dort eine plötzliche Anhäufung von Flugzeugen auf den Startbahnen? Wenn ja, welcher Art? Eine ungewöhnlich hohe Anzahl von hohen Besuchern?
Die Kubaner hatten legitime Gründe, eine Invasion zu fürchten - und nicht nur weil es das ist, wofür die einflussreiche Exilführerschaft an jedem Abend betete. Die Kubaner wussten, was bereits in Haiti und in Panama geschehen war.
[Der Autor erwähnt, jedenfalls hier, auch nicht die Rolle, die einer der anderen fünf Mitangeklagten José Santos durch seine Aussage gespielt hat, er sei zwar zur Militärspionage angehalten worden, was ihm aber nicht gelungen sei. Für diese Kronzeugenaussage erhielt er selber eine weit geringere Gefängnisstrafe und bekräftigte damit gleichzeitig die Anklage der Staatsanwaltschaft wegen "Verschwörung zur Spionage", das geht u.a. aus der Urteilsbegründung von Juni 2008 des Richters William Pryer hervor, einem der Richter des Drei-Richtergremiums in Atlanta, Anm. d. Ü.]
Was taten die kubanischen Agenten denn wirklich in Florida?
Während der meisten Zeit hielten sie ein wachsames Auge auf die Gruppen, von denen sie glaubten, dass sie Anschlagspläne auf ihr Heimatland schmiedeten. Sie wussten, dass diese militanten Gruppen selten verhaftet, noch seltener vor Gericht gestellt und so gut wie nie verurteilt wurden.
Um einen Erfolg der Exilanten zu verhindern, mussten die Agenten erfinderisch sein.
Hier nur ein Beispiel von Juli 1998, zwei Monate, bevor sie verhaftet wurden:
Gerardo Hernández, der Leiter der Agenten in Miami, erhielt eine kodierte dringende Nachricht aus Havanna, dass eine nicht genau identifizierte "Boot-Bombe" voller Waffen und Sprengstoff im Hafen von Miami River ankerte. Es sei geplant, das Schiff als Waffe gegen Kuba einzusetzen.
Hernández und sein Agenten-Team spürten das Schiff bald in einem Jachthafen am Miami River in der Nähe einer dicht besiedelten Gegend auf. Was war zu tun?
Sie wollten das Schiff natürlich ganz sicher nicht auslaufen lassen, aber Hernández zog die aus Havanna vorgeschlagenen Optionen in Erwägung - es zu sprengen oder zu versenken - beides war zu riskant und hätte unschuldige Zivilisten in Gefahr bringen können.
Hernández schlug seinen Chefs in seiner Nachricht stattdessen klugerweise vor, jemand sollte das FBI anonym anrufen und ihnen den Tipp über die Fracht des Bootes geben.
Eine Woche darauf erschien in "The Miami Herald" unter der Schlagzeile "ANTI TERRORISM RAID COMES UP EMPTY" ["Razzia gegen Terroristen läuft ins Leere", Anm. d. Ü.]. Die Geschichte führte weiter aus, wie Mitglieder der Vereinigten Terrorismus-Einsatztruppe von Miami auf einen anonymen Anruf hin eine Razzia auf Schiffen im Jachthafen am Miami River durchgeführt hätten. Sie hätten nach Sprengstoff und Gewehren gesucht, die für ein "Drittes Land" bestimmt gewesen wären. Aber die Razzia sei, laut einem FBI-Sprecher, ein "Flop" gewesen. Sie hätten nichts gefunden.
Wie genau hatten sie nachgesehen? Der verantwortliche FBI-Agent war ein Typ namens George Kisynski. Zwei Wochen zuvor hatte in der New York Times gestanden, "Luis Posada selbst hatte den Agenten als einen ‚sehr guten Freund' beschrieben."
Was ging da vor? "Veteranen der Vollzugsbehörden sahen die Suche als einen Wink des FBIs... jede Verschwörung aufzulösen," wie der Miami Herald berichtete. "Das ist eine in Südflorida übliche Praxis ... bekannt als ‚Abmahnung' oder ‚Auflösung' einer Operation."
Wir erfuhren später mehr über dieses spezielle Ereignis: Der Bootseigner war ein Mann namens Enrique Bassas. Bassas, ein wohlhabender Geschäftsmann in Miami, war einer der Mitbegründer der terroristischen Dachorganisation in den Sechzigern namens CORU, die auch für die Sprengung des kubanischen Flugzeugs 1976 verantwortlich war. Noch kürzlich hatte der kubanische Geheimdienst Bassas als einen der Financiers einer neuen Söldnertruppe, einer in Miami organisierten Anti-Castro-Armee, identifiziert.
Vielleicht war daran am bezeichnensten, dass Bassas Monate vor der Razzia auf einem Treffen in Guatemala City mit Luis Posada war. Sie waren, laut einem späteren Bericht, dabei herauszufinden, wie man Waffen und Sprengstoff in die Dominikanische Republik schmuggelt.
In die Dominikanische Republik? Dorthin, wo gerade Fidel Castro im darauf folgenden Monat als Redner eingeplant war.
Der Miami Herald berichtete später über diesen verpfuschten Anschlagsplan und kam zu einer eigenen - der Wahrheit sehr nahekommenden - Erklärung, warum die Sache schief gegangen sei. Kubanische Geheimagenten, so würde "von den meisten Ordnungshütern und Exilexperten angenommen, seien in die zahlreichen Exilorganisationen eingedrungen, hätten dem FBI einen Tipp gegeben, um Castros Leben während seines Besuches in der Dominikanischen Republik zu schützen."
Es gibt eine Menge Episoden, die denen aus den Gerichtsakten ähneln. Außerdem geht aus diesen Aufzeichnungen klar hervor, dass die kubanischen Agenten nicht daran interessiert waren, Gewalt anzuwenden, um ihr Ziel zu erreichen, Anschläge des Exils auf ihr Heimatland zu verhindern.
Das ist mehr, als man von den Exilanten sagen könnte.
Aber was machen wir dann mit der schlimmsten Anschuldigung - Verschwörung, Mord begehen zu wollen - gegen Gerardo Hernández?
Diese Anklage bezieht sich auf den Abschuss von zwei Flugzeugen der "Brothers to the Rescue" im Februar 1996 über der Straße von Florida, wobei vier Zivilisten getötet wurden.
Es gibt keinen Zweifel, dass diese Anklage - erhoben sieben Monate nach der Verhaftung - Einfluss auf den Fall aller Fünf und die harten Urteile, die gegen alle gefällt wurden, hatte. Einschließlich natürlich Gerardo Hernández, der zurzeit zwei lebenslange Strafen plus 15 Jahren für seine angebliche Rolle bei den Abschüssen absitzt.
Und die Anschuldigung schwingt noch heute nach. Immer wenn die Frage nach einer Begnadigung oder einem Austausch gegen den US-Amerikaner Alan Gross auftaucht, kommt die unvermeidliche Antwort, die USA könnten einen solchen Handel niemals in Betracht ziehen, weil die Fünf verantwortlich für den Tod unschuldiger Männer seien.
Ich habe viel Zeit damit verbracht, mich auf diese Anklage zu konzentrieren. Ich habe die Mitschrift gelesen. Ich habe die Gerichtsakten studiert. Ich habe den Bericht der International Civil Aviation [Organisation für Internationale zivile Luftfahrt] über den Zwischenfall gelesen.
Die Wahrheit ist, es gibt nicht einen Hauch eines zwingenden Beweises, der andeutet, Gerardo Hernández habe über den Plan, die Flugzeuge abzuschießen, gewusst, oder dass er irgendeine Kontrolle darüber gehabt, oder eine Rolle bei dem Geschen gespielt habe.
In Wirklichkeit zeigen die Beweise ein ganz anderes Bild von dem, was Hernández wirklich wusste.
Der kubanischen Staatssicherheit wird ihre Abschottung nachgesagt. Ich erzähle in dem Buch noch eine andere Geschichte über zwei Agenten, die die selbe Exilgruppe infiltrierten, und welche Anstrengungen Havanna unternahm sicherzustellen, dass alle beide nicht wussten, dass der andere für die selbe Seite arbeitete.
Die Memos, die im Vorfeld der Abschüsse zwischen Havanna und seinen Stabsoffizieren hin und her geschickt wurden, machen klar, dass alles auf einer Basis eines, wer muss was wissen, geschah - und Gerardo Hernández musste nicht wissen, was das kubanische Militär in Betracht zog.
Es gibt natürlich noch eine Menge anderer ungelöster Probleme bezüglich der Abschüsse.
Waren die Brüder über internationalem Gewässer, wie die US-Amerikaner behaupten, oder waren sie in kubanischem Luftraum, wie Havanna sagt? Die beste Antwort auf diese Frage könnten die US-Satellitenbilder geben, die von irgendeinem der mehr als ein halbes Dutzend betragenden Satelliten der US-Regierung und seiner Agenturen an jenem Tag aufgenommen wurden, aber Washington weigert sich bis heute, sie herauszugeben.
Wichtiger noch, war der Abschuss der Flugzeuge eine angemessene Antwort auf die Provokation der Brüder?
Diese Provokationen hielten während sieben intensiver Monate vor dem Abschuss an. Die Kubaner haben sich beschwert. Washington hat versucht, die andauernden Überflüge zu verhindern - und ist gescheitert. Die Kubaner haben mehrere klare Botschaften an Washington geschickt, dass sie Maßnahmen ergreifen würden, sollten weitere illegale Einfälle in ihr Territorium vorkommen.
Um die Sache noch schlimmer zu machen, die Kubaner wussten - dank ihrer Agenten - dass die Brothers to the Rescue Luft-Boden-Waffen testeten, die sie möglicherweise gegen Kuba einsetzen könnten. Sie waren mehr als eine Belästigung, sie waren eine Bedrohung.
Nichtsdestoweniger glaube ich nicht, dass der Abschuss die angemessenste Antwort war. Es gab Alternativen, einschließlich der Möglichkeit, die Flugzeuge zur Landung zu zwingen und die Piloten vor Gericht zu stellen.
Aber das ändert nichts an der einzig wichtigen Tatsache: Gerardo Hernández hatte nichts mit dem Abschuss der Flugzeuge zu tun und hätte dessen niemals angeklagt werden sollen.
Was zu einer weiteren Frage führt: hätten die Fünf selbst für irgendetwas angeklagt werden sollen?
Gut, sie haben gegen das Gesetz verstoßen. Sie haben sich nicht als ausländische Agenten registriert, und drei von ihnen führten gefälschte Ausweispapiere mit sich. Das sind Nebensachen, übliche Vergehen in der Welt des Geheimdienstes. [US]-amerikanische Agenten, die im Irak, in Afghanistan, Pakistan, Moskau und sonst wo operieren, begehen sie jeden Tag.
Aber es gibt keine Beweise dafür, dass die kubanischen Agenten militärische Geheimnisse gestohlen oder die [US]-amerikanische Sicherheit bedroht hätten. Darum wurden sie nie wegen tatsächlicher Spionage angeklagt - nur wegen "Verschwörung, Spionage begehen zu wollen". Einem vermuteten statt einem tatsächlichen Verbrechen.
Ein anderer erwähnenswerter Punkt ist, dass das FBI genau wusste, wer die kubanischen Agenten waren, und was sie in Florida machten. Sie [die FBI-Agenten] folgten ihnen seit mindestens zwei Jahren. Sie waren in ihre Wohnungen eingebrochen, stahlen ihre Disketten und entschlüsselten sie. Sie wussten, was sie jeden Tag machten, sie kannten sogar ihr Liebesleben.
Lassen sie mich nur ein Beispiel nennen, wie nah das FBI an den kubanischen Agenten dran war. Im April 1998 fuhr einer der Fünf nach New York, um sich dort - wahrscheinlich heimlich - mit einem Geheimdienstoffizier der Kubanischen Mission zu treffen. Das FBI wusste von dem Rendezvous - in einem Wendy's [US-amerikanische Fast-Food-Kette] am Hempstead Turnpike - weit genug im Voraus, um nicht nur sieben Videokameras und zahllose Fotoapparate zur Aufzeichnung des Treffens dort zu installieren, sondern auch noch 35 eigene Agenten an dem Tag in das Fast-Food-Restaurant zu bringen. Es muss ein überraschend guter Tag für den Betreiber des Wendy's gewesen sein!
Also lasst uns die Situation aus der Sicht des FBIs betrachten. Du hast völligen Zugriff auf ein kubanisches Geheimdienstnetzwerk, noch besser, die Kubaner wissen das nicht. Du weißt, dass sie nichts unternehmen, um die Sicherheit der USA zu bedrohen, tatsächlich ist vieles von dem, was sie tun - im Einklang mit dem US-Neutralitätsgesetz - eigentlich dein Job ist.
Also, warum verhaften?
In dem Augenblick, in dem du sie verhaftest, verlierst du den Zugriff auf diese offene Goldgrube des Geheimdienstes. Und, noch schlimmer, du weißt, dass diese gefangenen Agenten einfach von einer anderen Gruppe Agenten ersetzt werden - und dann musst du die neuen Kerle entdecken - und alles gehr von vorne los.
Also, warum verhafteten sie die Agenten zu diesem Zeitpunkt?
Es gibt Dinge, über die wir nichts wissen. Aber über einige Dinge wohl.
Im Mai 1998 berief das FBI einen neuen Sonderagenten für seine Außenstelle in Miami. Sein Name war Hector Pesquera, der erste lateinamerikanische Chef dieser sehr wichtigen Außenstelle im Herzen des kubanischen Amerikas.
Wir wissen, dass Pesquera sehr schnell Freundschaft mit den Schlüsselfiguren der kubanischen Exilgemeinde in Miami schloss, darunter ein verurteilter Schwerverbrecher, der früher Polizeioffizier in Batistas Kuba war, in der Zeit vor Castro - nicht zu vergessen eine Anzahl von hochrangigen Anführern des Exils, die vom kubanischen Geheimdienst als Terroristen identifiziert worden waren.
Es war gerade ein Monat vergangen, nachdem Pesquera die Szene betreten hatte, als die FBI-Delegation nach Havanna flog, um sich mit ihren kubanischen Gegenspielern zu treffen. Das war der Zeitpunkt, als die Kubaner dem FBI Dokumente übergaben, die einige von Pesqueras neuen Freunden als Terroristen verrieten.
Die Kubaner sagten später, sie hätten geglaubt, die Agenten, die nach Havanna gekommen waren, würden die übergebenen Informationen ernsthaft behandeln, und echt beabsichtigen, die Sache weiter zu verfolgen.
Und schon drei Monate später schnappten die FBI-Einsatzkommandos zu und verhafteten die Fünf und ignorierten die Anstifter des Exils komplett.
Wir wissen, dass Pesquera diese Entscheidung traf. Wir wissen es, weil er es gesagt hat. Nach seiner Einstellung erzählte Pesquera einem Radiosender in spanischer Sprache nach den Verhaftungen: "Ich war über alles dort informiert. Dann begannen wir, uns auf die Ermittlungen zu konzentrieren. Bisher wurde es als Geheimdienstsache behandelt, (ich entschied), es sollte was anderes sein, es sollte ein anderer Kurs eingeschlagen und zu einer Kriminalermittlung werden."
Wir wissen, dass seine anwesenden Agenten widersprachen.
Wir wissen außerdem - weil Pesquera selbst damit angegeben hat - dass er bis in die Spitze der Nahrungskette des FBI in Washington dafür warb, die Genehmigung für die Verhaftungen zu bekommen. Später erzählte er dem Miami Herald, der Fall "wäre nie vor Gericht gekommen", wenn er sich nicht direkt bei FBI-Direktor Louis Freeh dafür eingesetzt hätte. "Bis heute gibt es in meinem Hauptquartier Leute, die nicht komplett verkauft wurden."
Kein Scherz.
Ich habe versucht, Pesquera, der 2003 seinen Dienst beim FBI quittierte - nachdem er die Vernichtung der FBI-Akten von Luís Posada angeordnet hatte - zu interviewen, aber er hält mich immer wieder hin.
Ende des letzten Monats jedoch erschien Pesquera erneut in den Nachrichten; er wurde gerade zum Polizeichef in seinem Geburtsland Puerto Rico berufen. [Wir berichteten am 1. April 2012, Anm. d. Ü.].
Das Universum dehnt sich weiter aus ...
Und die Cuban Five sitzen weiterhin in den Vereinigten Staaten fest, vier immer noch im Gefängnis, einer ist auf Bewährung.
Es wird nicht leicht, diese Ungerechtigkeit zu korrigieren, nicht in einem Land, in dem in den letzten Wochen ein Manager eines Baseballvereins in Miami gezwungen wurde, eine unterwürfige Entschuldigung hervorzubringen, weil er das mildeste Lob für Fidel Castro ausgesprochen hatte, und in dem die Besitzerin eines Restaurants in Miami anonyme Drohungen erhielt, weil ihr Restaurant sich zufällig im Erdgeschoss eines Gebäudes befindet, dessen Dach (wenn auch nur kurze Zeit) ein Plakat mit der Forderung nach Freiheit für die Fünf zierte.
Solche Vorurteile und Ängste werden schwer zu überwinden sein. Aber sie müssen es. Und darum ist es besonders wichtig, diesen Fall auf den Boden der Tatsachen zu stellen.
Ich hoffe, dass mein in Kürze erscheinendes Buch "What Lies Across the Water: The Real Story of the Cuban Five" [Was jenseits des Wassers liegt. Die wahre Geschichte der Cuban Five] dazu beiträgt.
In diesen Tagen hören wir eine Menge über Alan Gross, einem Subunternehmer der US-Regierung, der zurzeit eine Strafe von 15 Jahren in einem kubanischen Gefängnis ableistet, weil er illegale Kommunikationsmittel nach Kuba geschmuggelt hatte.
Seine Unterstützer fordern, wie die der Fünf, seine Entlassung. Obwohl die beiden Fälle in vielen wesentlichen Punkten unterschiedlich sind, ist es eine Realität, dass die kubanische Regierung eine Entlassung von Gross nicht in Betracht ziehen wird, solange die US-Regierung nicht umgekehrt auch die Cuban Five entlässt. Und die US-Regierung wird die Cuban Five nicht ohne erheblichen öffentlichen Druck entlassen.
Darum müssen diejenigen, die den Fall von Alan Gross diskutieren, von den Cuban Five wissen.
Sie müssen hinter die Rhetorik blicken, sowohl die der Unterstützer der Fünf als auch - und das noch wichtiger - die einer [US]-amerikanischen Regierung, die unaufrichtig insistiert, die Fünf hätten irgendwie die Sicherheit der USA bedroht und seien für den Tod von unschuldigen Zivilisten verantwortlich.
Ich will mit einem Zitat von Jane Franklin schließen, einer hochgeachteten Expertin kubanisch-amerikanischer Beziehungen. Sie antwortete auf eine kürzlich erschienene Kolumne in der Washington Post, in der Alan Gross' Ehefrau Judith von Herzen kommende aber falsche Parallelen der Situation ihres Mannes und der der Cuban Five zog.
Wenn Sie Judith Gross wäre, schrieb Franklin, "würde ich den Fall der Cuban Five studieren, um genau herauszufinden, wie es zu deren Verhaftung kam, ihrem Verfahren in Miami, ihrer Verurteilung und dazu, dass sie getrennt in auf die gesamten Vereinigten Staaten verteilte Gefänisse geschickt wurden. Wenn ich dann die empörende Ungerechtigkeit ihrer Inhaftierung verstanden hätte, würde ich mein Leben einer Kampagne für die Freilassung der Cuban Five im Austausch meines Ehemannes Alan Gross widmen."
Dieser Aufsatz ist eine gekürzte Version einer Rede von Stephen Kimber über sein in Kürze erscheinendes
Buch "What Lies Across the Water: The Real Story of the Cuban Five" [Was jenseits des Wassers liegt.
Die wahre Geschichte der Cuban Five] vom 18. April 2012 im Zentrum für Internationale Politik in Washington D.C.
Deutsch: ˇBasta Ya! (jmb, db)
Anmerkung der Übersetzer:
Siehe auch Jean-Guy Allard
MIAMI FBI terrorist Connection und
in dem Kommentar,
"Macht vor Recht!",
Rekapitulation des bisherigen Verlaufs der Sache der "Cuban Five" und Auszüge aus dem jetzt vom
Appellationsgericht des 11. Bezirks in Atlanta bestätigten Urteil seines Drei-Richter-Gremiums vom 4. Juni 2008
und
Entscheidung des Appellationsgerichts in Atlanta vom 4. Juni 2008, in Der Fall der "Cuban Five" eine schwervermittelbare Geschichte, S. 142
oder in der neuen Ausgabe auf S. 185
(Quelle:
CounterPunch vom 25. April 2012)