CounterPunch, 5. September 2012
Eine Herausforderung für JournalistenDie "Cuban Five" und das Garbus-SchriftstückVon Ricardo Alarcón de Quesada
Die US-Regierung verletzte die Verfassung und das Gesetz schwer, um die unfairen Strafurteile der fünf kubanischen Patrioten zu gewährleisten, die nun bald 14 Jahre willkürlicher und illegaler Strafe ableisten werden. Es handelte sich zwar um ein isoliertes Vorkommnis, doch während des gesamten Prozesses gleichzeitig um ein systematisches Bemühen auf Kosten der Fünf, das die Steuerzahler Millionen kostete. Es steht über die Dauer, die angewandten Mittel, die darin involvierten Leute und andere Aspekte der Operation nur sehr begrenzte Information zur Verfügung.
Die Enthüllung dieses Verhaltens würde sowohl die Behörden als auch das Gericht und die Exekutive zwingen, die unmittelbare Freilassung unserer fünf Landsleute zu arrangieren. Denn konsequenterweise hatte Washington auch konspiriert, um sein Handeln zu verbergen, womit es ein weiteres Verbrechen beging: nämlich Vertuschung. Dies ist die Essenz aus dem gerade bei Südfloridas Bezirksrichterin Joan Lenard von Martin Garbus, dem Anwalt von Gerardo Hernández Nordelo, eingereichten Affidavit. Der Text unterstützt seinen vorherigen Antrag, die Verurteilung Gerardos aufzuheben oder, als Alternative dazu, die Anordnung der Richterin das gesamte Beweismaterial, das die Regierung versteckt hält, freizugeben und eine mündliche Anhörung zu gewähren. Obwohl viele weitere Rechtsverstöße in dem Berufungsprozess erwähnt werden - in ihrer jetzigen letzten außergewöhnlichen Phase - fokussiert dieses Dokument auf die Verschwörung der Regierung mit den Medien von Miami, die Angeklagten schon im Vorfeld zu verurteilen und ein faires Verfahren unmöglich zu machen. Die Verschwörung bestand darin, diese Medien zur Entfesselung einer nie da gewesenen Propaganda-Kampagne des Hasses und der Feindseligkeit zu benutzen. Zu diesem Zweck nutzten sie eine große Gruppe von "Journalisten" - in Wahrheit verdeckte Regierungsagenten - die immer wieder, Tag und Nacht, Artikel und Kommentare veröffentlichten, um eine echte Flut von Desinformation zu produzieren. In der Zeit zwischen dem 27. November 2000, als das Verfahren begann, und dem 8. Juli 2001, als sie für schuldig befunden wurden, hatten allein "The Miami Herald" und "El Nuevo Herald" 1111 Artikel veröffentlicht, also im Durchschnitt über 5 pro Tag. Ähnliches geschah beim "Diario de Las Americas", womit die gesamten Print-Medien abgedeckt waren. Die "Journalisten" wurden von Radio und TV Martí aus dem US-Bundesetat bezahlt. Diese Burschen arbeiteten auch für diese beiden Medien, und ihre Beiträge wurden über die Region von Miami gestreut, von wo beide antikubanischen Sender zu der Zeit direkt gesendet haben und bis jetzt senden und auch von den lokalen Medien wiederholt werden (dies ist ein weiterer Verstoß gegen US-Gesetz, das offizielle Propaganda innerhalb des US-Territoriums verbietet). Diese so genannten Journalisten agierten nicht nur über Radio und TV Martí und die Print-Medien, sondern auch über lokale englisch- und spanischsprachige Radio- und Fernsehsender sowie über gedruckte Veröffentlichungen, die dort kursieren, die teilweise kostenlos sind. Es war unmöglich, irgendwo in Süd-Florida der permanenten Propagandaflut zu entkommen. Aber das kriminelle Verhalten der "Journalisten" - und der Regierung, die sie bezahlte - ging über bloße Propaganda hinaus. Während des Verfahrens beklagte die Verteidigung mehrfach, dass diese Journalisten versuchten, die Mitglieder der Jury zu beeinflussen, indem sie Material preisgaben, das die Richterin verboten hatte. Offensichtlich konnten sie das Material nur aus dem Büro der Staatsanwaltschaft bekommen haben. Als wenn das alles nicht schon genug gewesen wäre, belästigten die "Journalisten" auch noch die Zeugen und Geschworenen. Letztere beschwerten sich bei der Richterin und sagten, sie seien verängstigt, weil sie mit Kameras und Mikrophonen verfolgt würden. Das wurde mehrfach von Richterin Lenard eingeräumt, die die Regierung - offensichtlich erfolglos - darum bat, ihr zu helfen, Situationen zu vermeiden, die das Ansehen des US-Rechtssystems beschädigten. (Siehe Offizielles Prozessprotokoll, Seiten 22, 23, 111, 112, 625, 14644-14646). Im August 2005 beurteilten die drei Richter vom Berufungsgericht das Verfahren von Miami einstimmig als fehlerhaft geführten Prozess, weil er unter einem, wie sie es nannten "perfekten Aufruhr von Vorurteilen und Feindseligkeit" stattgefunden habe, der von den lokalen Medien geschaffen worden sei. Als die drei Richter ihre historische Entscheidung trafen, wussten sie nicht - sie oder sonst jemand, konnte nicht wissen - dass der Verursacher des perfekten Aufruhrs das Büro der Staatsanwaltschaft war, das offen die Wahrheit verdrehte und seine verfassungsgemäße Pflicht, Rechtsstaatlichkeit zu bewahren und ein faires Verfahren zu garantieren, aufgab. Die ersten Nachrichten von der Verschwörung der Regierung mit ihren "Journalisten" kamen ein Jahr später im September 2006 ans Tageslicht. Seitdem hat die Regierung es abgelehnt, den Forderungen von Organisationen der US-Zivilgesellschaft nachzukommen, das Ausmaß der Zahlungen und die Verträge - nach dem "Freedom of Information Act" (FOIA) - offenzulegen. Das Büro der Staatsanwaltschaft hat auch die Anträge unserer Landsleute in deren außerordentlichen Einsprüchen abgelehnt und angedroht, auf "Vollzugsprivilegien" und "Gründe der Nationalen Sicherheit" zurückzugreifen, um die Vertuschung aufrecht zu erhalten. Der Fall der Cuban Five hat bizarre Verbindungen mit den Medien und dem Journalismus. In Miami waren die Medien ein entscheidendes Werkzeug, um sie [die Fünf] zu verurteilen. Außerhalb Miamis werden sie mit Missachtung bestraft. Die unwiderlegbare Brandmarkung von Martin Garbus bietet eine Herausforderung für den professionellen Journalismus. Werden sie [die Journalisten] dies wieder verschleiern und damit zu Komplizen derer, die ihren edlen Beruf beschädigten? Oder werden sie versuchen, die Ehre ihres Berufes zu verteidigen, indem sie fordern, dass der Schwindel aufgedeckt wird und sich Wahrheit und Gerechtigkeit durchsetzen? Ricardo Alarcón ist Präsident der kubanischen Nationalversammlung Deutsch: ¡Basta Ya! (jmb, db) (Quelle: CounterPunch, vom 5. September 2012)
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