7. Februar 1992: Der FBI-Sonderagent George Kiszynski lässt den internationalen Terroristen Luis Posada Carriles nach stundenlangem Verhör in der US-Botschaft in Honduras frei davongehen, obwohl er weiß, dass Posada ein Gesetzesflüchtiger der venezolanischen Justiz ist und dass er es, in Anbetracht seiner Vergangenheit, wieder versuchen würde, dem kubanischen Präsidenten das Leben zu nehmen, wie später in Puerto Rico und Panama geschehen.
Kiszynski ist der Mann, der 1983 "versehentlich" seine Aktentasche bei einem CORU-Terroristen zurückließ, den er gerade "verhört" hatte. Hier folgt jetzt das, was Jim McGree im Miami Herald am 15. Dezember 1983 darüber berichtete:
Die Episode begann damit, dass ein Polizeiinformant berichtete, dass Mitglieder der Terror-Koalition CORU (Coordination of United Revolutionary Organizations) planten, Gebäude einer Fluggesellschaft, die Flüge vom internationalen Flughafen in Miami nach Kuba veranstaltete, zu sprengen.
Um das Komplott unschädlich zu machen, trafen sich Polizeiermittler Sergio Pinion und Ozzie Austin mit dem FBI-Agenten George Kiszynski. Polizeiliche Quellen besagen, dass sie dem FBI-Agenten Kopien eines Geheimberichts über den Anschlag und Kopien von Papieren der Polizei über den Hintergrund der Verdächtigen gaben.
Irgendwie fielen einige dieser Dokumente in die Hände des Sicherheitsdienstes der Fluggesellschaft. Und später berichtete ein Informant der Polizei, dass CORU-Verdächtige tatsächlich Kopien des originalen Geheimberichts über den Bombenanschlag gesehen hätten.
Ein 1980 verfasster Bericht der Polizei, der einer für die interne Sicherheit zuständigen Untersuchungskommission, klärt die Angelegenheit nicht auf, weist aber auf Kiszynski, weil der seine Aktentasche versehentlich für mehrere Stunden bei den verdächtigen Terroristen hatte liegen lassen. Kiszynski verweigerte dazu den Kommentar.
Kiszynski war auch die Person, die Colonel Oliver North ein FBI-Dokument zuspielte, das detailliert alle Bestandteile einer Untersuchung der Contras und der Beteiligung der Polizei von Miami am Drogenschmuggel aufführte, einem Schmuggel, an dem Luis Posada aktiv teilgenommen hatte.
Und daher fragt man sich, warum ausgerechnet George Kiszynski dazu ausersehen wurde, der unabhängigen Untersuchungskommission des Iran-Contra-Skandals zur Seite zu stehen und für die Analyse der Rolle Posadas bei der Operation verantwortlich zu machen.
Aber es gibt noch andere überraschende Anekdoten darüber, alle ebenfalls über den Sonderagenten Kiszynski.
1997 erfuhr der Guatemalteke Antonio Jorge Alvarez (Tony), Manager des WRB-Unternehmens in Guatemala, dass sein Angestellter Posada gemeinsam mit anderen kubanischer Herkunft einen Anschlag plante, Präsident Fidel Castro auf dem Ibero-Amerikanischen Gipfel, der auf der Insel Margarita, Venezuela, stattfinden sollte, zu ermorden. Diese "Fabrikarbeiter" bereiteten auch die Bombenanschläge auf Touristenhotels in Kuba vor.
Alvarez, der jetzt in Greenville, Süd-Carolina, wohnt, informierte den guatemaltekischen Geheimdienst und das FBI.
Er sagte ihnen, dass er gesehen habe, wie Posada seinen Komplizen "eine Menge Geld" gegeben habe, um Zündkapseln und Uhren für Sprenggeräte zu kaufen und dass er Plastiksprengstoff in Posadas Besitz gesehen habe.
Alvarez erzählte der New York Times in einem Interview, das am 12. Juli 1998 veröffentlicht wurde, dass sich das FBI "überraschend gleichgültig" verhalten habe. Und, obwohl ein Agent Alvarez in Miami kontaktierte, fragte ihn weder das FBI noch die CIA nach der von ihm angebotenen Information.
Der Agent "sagte mir, dass mein Leben in Gefahr sei, dass es sehr gefährliche Leute seien und dass ich Guatemala verlassen solle. Ich hörte nie wieder etwas von ihnen," sagte Alvarez der Tageszeitung. "Ich riskierte mein Geschäft und mein Leben, und sie taten nichts."
Kurz vor dem Gipfel auf der Insel Margarita beschlagnahmte die US-Küstenwache ein Schiff in Puerto Rico mit vier Männern an Bord. Der Anführer der Gruppe Angel Alfonso Alemán aus Union City erklärte spontan vor vielen Zeugen, dass es seine "Mission" sei, Fidel auf der Insel Margarita zu töten.
Die Yacht La Esperanza war Eigentum von José Antonio Llama, einem CANF-Direktor, während eine der potentesten Waffen, die auf dem Boot gefunden wurden, ein mit Teleskop ausgerüstetes Barret-Gewehr Kaliber 0.5, auf Francisco "Pepe" Hernández zugelassen war, den Präsidenten dieser Organisation.
Die New York Times schrieb, dass, wenn das FBI den Geschäftsmann Álvarez interviewt habe, es gewusst haben müsse, dass Posada Anschläge in Panama und Havanna geplant hatte.
In einem Interview gegenüber der Times identifizierte Luis Posada Carriles den FBI-Agenten, der Álavarez anrief.
Er sagte, es war "Jorge Kiszynski" - die spanische Version von George Kiszynski.
Posada sagte, dass er "ein guter Freund" sei, den er seit langer Zeit kenne und dass er glaube, Kiszynski habe den Fall wegen ihrer guten Beziehung nicht untersucht. Zur Zeit des Interviews wusste Posada, dass Kiszynski gerade dabei war, seine Rente anzutreten.
Die Verdächtigen der La Esperanza wurden alle freigesprochen - dank einer anderen schlampigen Untersuchung, das Werk eines Kollegen von Kiszynski, dem Sonderagenten Héctor Pesquera.
Schließlich tauchte Kiszynski am 26. März 2001 als Zeuge in dem Fall der Fünf Kubaner wieder auf. Diese wurden bekanntlich der Spionage angeklagt, weil sie dieselben Terrororganisationen unterwandert hatten, die Kiszynski zu untersuchen vorgab. Die Verteidigung rief ihn in den Zeugenstand, nachdem er das FBI verlassen hatte, da er wegen der Anwesenheit zweier verdächtiger Boote in Miami ermittelt hatte.
Nach zahlreichen Unterbrechungen seitens der Staatsanwaltschaft, die sichtlich ängstlich darum bemüht war, ihn zu schützen, erzählte er schließlich, dass er, nachdem er im Juli 1998 von einer "sehr zuverlässigen Quelle" einen Tipp erhalten hätte, zwei Boote untersuchte, die in einem Yachthafen von Miami "vor Joe's Seafood" ankerten. Eines dieser Schiffe war das 30-foot [gut 9 m, Anm. d. Ü.] ] lange Fischerboot, Flavio 1, das verdächtigerweise mit einem frisierten Motor und einem extra großen Treibstofftank ausgerüstet war, was es ihm ermöglichte, eine Entfernung bis nach Kuba zurücklegen zu können.
Kiszynski fügte hinzu, dass er nach Waffen oder Sprengstoff gesucht hätte, aber vergeblich und dass er später den Besitzer befragt hätte - ohne jeden Erfolg.
Der Besitzer war Enrique Bassas, der zugab, ihn schon vorher gekannt zu haben.
Was der Sonderagent nicht näher ausführte, ist, dass Bassas eine der Personen ist, die sich genau im Juli 1989, zwischen dem 19. und 21. im Holiday Inn von Guatemala City mit Luis Posada Carriles getroffen hatten, um einen Plan zur Ermordung des kubanischen Präsidenten, der an dem Gipfel der karibischen Staatsoberhäupter in Santo Domingo teilnehmen wollte, auszuarbeiten.
Er erwähnte auch nicht, dass Bassas Posada in der kubanischen Provinz Cienfuegos traf, wo beide geboren wurden, und Posada 1987 in Venezuela unter Verdacht der Komplizenschaft an dem Anschlag auf das kubanische Flugzeug im Gefängnis war.
Bassas schloss sich später der Geheimen Kubanischen Armee unter dem berüchtigten Terroristenanführer Sixto Reynaldo Aquit Manrique an.
In dem Prozess gegen die Kubaner bestand der Staatsanwalt vehment darauf, nachdem Kiszynski während der Befragung wenig Kooperationsbereitschaft gezeigt hatte, dass die Quellen der Verteidigung unbegründete "Gerüchte" seien.
Warum so viel Rüchsichtnahme? Warum hat Kiszynski anscheinend so viele Leichen im Keller?
Kiszynski kam in den frühen 70ern zum FBI und wurde gleich damit beauftragt, den cubano-amerikanischen Terrorismus zu untersuchen. Als George Bush sen. 1976 Direktor der CIA wurde, war er in diesem heißen Sektor bereits gut etabliert, wo er als der neue Chef viele Kumpel hatte. Später als Vizepräsident und dann als Präsident eroberte Bush sich eine nie da gewesene Kontrolle über alle Aspekte der von Washington entworfenen verdeckten Aktionen und über jede in Verbindung mit Drogenstrafverfolgung stehende Agentur.
1986, zur gleichen Zeit, als die Ermittlungen der DEA im Drogenschmuggel in Ilopango abgeschlossen wurden, verließ Kiszynski die mit dem Terrorismus gegen Kuba befasste Abteilung offiziell. Später tauchte er als rechtmäßiger Attaché in der Botschaft in Rom auf. 1992 war er wieder auf dem Terrorismus-Sektor zurück und war noch dort, als Posada seine terroristischen Operationen für die Insel Margarita und für Havanna ausführte.
Für wen arbeitete Kiszynski? Wer steckte hinter seinen Aktivitäten? Wen informierte er laufend? Wessen Interessen vertrat er? Und darüber hinaus, wer hatte in der "freien" Presse den Mut, den Fall dieses besonders speziellen Agenten zu untersuchen?
KAPITEL XXIII:
Sicherheitschef für Häfen und Flugplätze